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Recht und Steuern > Insolvent trotz funktionierendem Geschäftsmodell

So können sich Mittelständler in der Corona-Krise neu aufstellen

Die Corona-Krise trifft Mittelständler mit voller Wucht. Dabei gibt es bei den durch Corona ausgelösten Insolvenzen eine entscheidende Besonderheit, die zu vielen erfolgreichen Sanierungen führen wird: Die Betriebe haben eigentlich starke und funktionierende Geschäftsmodelle.

Insbesondere für mittelständische Unternehmen, die ohne die Pandemiemaßnahmen nicht in Liquiditätsschwierigkeiten gekommen wären, hält die Insolvenzordnung ein chancenreiches Verfahren bereit: die sogenannte gerichtliche Sanierung in Eigenverwaltung. Dieses hält im Vergleich zu anderen Restrukturierungsmethoden einige Vorzüge bereit. 

So ermöglicht das Eigenverwaltungsverfahren nicht nur die Enthaftung der beteiligten Organe (Geschäftsführung oder Vorstand), sondern bietet zudem die Möglichkeit, die geplante Sanierung auch gegen den Willen einzelner Gläubiger oder Stakeholder zu betreiben. Das gesamte Verfahren kann nach den Vorstellungen des Unternehmens und seiner Gesellschafter gestaltet werden. Hier ist allerdings auf die rechtzeitige Antragstellung zu achten – sonst erhöht sich das Risiko eines fremdbestimmten Verfahrens. 

Während Unternehmen den Antrag für ein sogenanntes Schutzschirmverfahren, welches ein besonderes Eigenverwaltungsverfahren darstellt, nur nutzen können, wenn sie noch nicht zahlungsunfähig sind, ist die Eigenverwaltung auch bei Zahlungsunfähigkeit möglich. Um alle relevanten Punkte für die Antragstellung zu klären, sollte ein Zeitraum von mindestens zwei Wochen eingeplant werden, in welchem systematisch eine Checkliste abgearbeitet wird.

 

Zum Vergleich: Eine sogenannte außergerichtliche Sanierung erfordert einen einstimmigen Beschluss aller Stakeholder und Gläubiger, was sich insbesondere aufgrund der bestehenden Unsicherheiten im Hinblick auf die aktuelle Situation schwierig darstellt. Denn: Um einen Schuldenschnitt hinzubekommen wird die Zustimmung aller Gläubiger benötigt. Hier kommt aktuell erschwerend hinzu, dass für einige Unternehmen die Arbeit aufgrund der Hygienemaßnahmen auf unbestimmte Zeit erschwert wird oder eine mögliche zweite Welle das Geschäft weiter ausbremsen könnte. Somit trauen sich viele Gläubiger nicht, sich auf Geschäftszahlen und Aussichten zu stützen.

Zum Vergleich: Eine sogenannte außergerichtliche Sanierung erfordert einen einstimmigen Beschluss aller Stakeholder und Gläubiger, was sich insbesondere aufgrund der bestehenden Unsicherheiten im Hinblick auf die aktuelle Situation schwierig darstellt. Denn: Um einen Schuldenschnitt hinzubekommen wird die Zustimmung aller Gläubiger benötigt. Hier kommt aktuell erschwerend hinzu, dass für einige Unternehmen die Arbeit aufgrund der Hygienemaßnahmen auf unbestimmte Zeit erschwert wird oder eine mögliche zweite Welle das Geschäft weiter ausbremsen könnte. Somit trauen sich viele Gläubiger nicht, sich auf Geschäftszahlen und Aussichten zu stützen.

Voraussetzung für die Eigenverwaltung ist im Gegensatz zum sogenannten Schutzschirmverfahren, welches ein besonderes Eigenverwaltungsverfahren darstellt, lediglich, dass

 

  • 1. ein eigener Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens in Eigenverwaltung gestellt wird
  • 2. den am Verfahren beteiligten Gläubigern keine Nachteile entstehen. 

Günstiger und weniger aufwändig

Das Schutzschirmverfahren setzt dagegen weiter voraus, dass der Antrag der Schuldnerin spätestens bei drohender Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung gestellt wird und die Sanierung Aussicht auf Erfolg hat. Diese Umstände sind durch einen in Insolvenzsachen erfahrenen, unabhängigen Wirtschaftsprüfer, Steuerberater oder Rechtsanwalt zu bescheinigen und kommen einem verhältnismäßig aufwendigen Sanierungsgutachten gleich, weshalb schon aus diesem Grund das Schutzschirmverfahren kostenintensiver und aufwändiger ist. Dabei sind die Sanierungsmöglichkeiten der „einfachen“ Eigenverwaltung und des Schutzschirmverfahrens die gleichen. 

Der wahrscheinlich entscheidendste Vorteil der Eigenverwaltung ist jedoch, dass das Verfahren von Anfang an in der Hand der Schuldnerin, als sogenannte „Herrin des Verfahren“, organisiert und von ihr selbst durchgeführt wird. Der eigenverwaltenden Schuldnerin wird lediglich ein gerichtlich bestellter Sachwalter zur Seite gestellt. Dieser hat im Gegensatz zu einem herkömmlichen Insolvenzverwalter keine Verwaltungs- oder Verfügungsbefugnisse. Er gilt mehr als Beobachter und Berichterstatter gegenüber dem Insolvenzgericht und zeigt Nachteile zu Lasten der Gläubiger an, wenn diese drohen. In diesen Fällen kann der Sachwalter, als sogenannte Aufsicht durch das Gericht, einen Antrag auf Aufhebung der Eigenverwaltung bei dem Insolvenzgericht stellen.

Was die Eigenverwaltung weiterhin interessant macht, ist, dass bereits mit Anordnung der sogenannten vorläufigen Eigenverwaltung, also unmittelbar nach Antragstellung, Zwangsvollstreckungsmaßnahmen untersagt werden und die Schuldnerin auch die Zahlung von Insolvenzgeld beantragen kann. Diese essentiellen Sanierungsinstrumente gelten darüber hinaus für sämtliche Insolvenzverfahren. Dadurch können bestehende Liquiditätsengpässe für einen Zeitraum von regelmäßig drei Monaten überbrückt und die Sanierungsmaßnahmen mit der erforderlichen Ruhe vorangetrieben werden. 

Neuanfang möglich

Spannend wird es für Unternehmen, die bereits ein funktionierendes Geschäftsmodell haben, insbesondere bei dem Thema der Fortführung des Geschäftsbetriebes. Bestehen keine Verträge oder sonstigen Rechte, auf deren Fortbestehen es für die Fortführung des Unternehmens ankommt, bietet sich regelmäßig die sogenannte übertragende Sanierung an. Natürlich halten Unternehmen viele relevante Verträge, aber diese sind oft keine Dauerverträge. Dabei wird der laufende Geschäftsbetrieb mit sämtlichen (ungekündigten) Arbeitnehmern und Vermögensgegenständen auf einen neuen Rechtsträger mittels eines Kaufvertrags übertragen. Dieser unbelastete Rechtsträger (z.B. neu gegründete GmbH) kann dann mit frischen liquiden Mitteln eines Investors und ohne die bestehenden schuldnerischen Verbindlichkeiten den Geschäftsbetrieb fortführen. Die Gläubiger werden dann mittels einer Quote befriedigt.

Ist es zum Erhalt bestehender Verträge oder sonstiger Rechte erforderlich, die juristische Person der Schuldnerin (alte GmbH oder AG) zu erhalten, wird ein Insolvenzplan entwickelt. Ein solcher Insolvenzplan regelt - stark vereinfacht ausgedrückt - schließlich die Fortführung des Unternehmens und die Befriedigung der Gläubiger abweichend von den sonstigen Regelungen der Insolvenzordnung. Mit Annahme des Insolvenzplans durch die Gläubiger und nach Erfüllung des Insolvenzplans wird das Verfahren aufgehoben und die Entschuldung des Unternehmens erreicht. 

Vor diesem Hintergrund stehen der eigenverwaltenden Schuldnerin also sämtliche Sanierungsinstrumente der Insolvenzordnung zur Verfügung, um ein grundsätzlich fortführungsfähiges Unternehmen von seinen Schulden in Eigenregie zu befreien und aus der Krise zu führen. Schließlich bleibt zu beachten, dass jedes Verfahren individuell auf den konkreten Einzelfall zugeschnitten werden muss: Wird eine Fortführung des Geschäftsbetriebes nicht beabsichtigt, macht eine Eigenverwaltung entsprechend wenig Sinn. Auch im Fall einer übertragenen Sanierung ist in manchen Fällen die Betreuung durch einen Insolvenzverwalter die bessere Varainte.

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