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Recht und Steuern > Serie Bürokratie

Tatütata - die Feuerwehr ist nicht da

Feuerwehrleute retten täglich Menschenleben. Nur sich selbst können sie nicht von überbordender Bürokratie befreien. Auch in höchster Not kommt erst das Formular, dann die Kostenübernahme und dann der Hubschrauber.

Feuerwehr löscht Brand
Die Feuerwehr löscht Brände und rettet Menschenleben. Und wer rettet sie vor überbordender Bürokratie? Bild: picture alliance/dpa/Jkfotografie&tv/dpa-Zentralbild | Johannes Krey

Gibt es Menschen, die noch schneller vor Ort sein sollten, wenn man sie ruft, als Feuerwehrleute? Wohl kaum. In Sonntagsreden loben alle Politiker ihre lokale Einsatztruppe. Und es ist Konsens, dass das deutsche Rettungssystem ohne ehrenamtliche Feuerwehrmänner- und Frauen Schall und Rauch wäre. Wenn man sie denn nur ließe. In ganz Deutschland brennt es bei der Feuerwehr, weil zu viel Bürokratie die Retter ausbremst und Chefs entnervt hinwerfen.

Der Laie mag kaum glauben, was Werner Greif, Leiter mehrerer Feuerwehren in Sachsen-Anhalt, dem Magazin „Report München“ berichtete. Wird ein Brand gemeldet, rückt seine Truppe aus. Doch stellen seine Experten vor Ort fest, dass sie schnellstmöglich einen Hubschrauber zur Klärung der Lage oder zur Rettung von Menschen brauchen, dann ordert Chef Greif nicht per Telefon einen Hubschrauber. Nein, egal wie sehr die Hütte brennt, er greift zu einem Formular. Greif erklärt, er müsse für und während der Einsätze verschiedene Formulare ausfüllen, etwa das Formblatt "Anforderung von Luftfahrzeugen der Landespolizei“ plus die nötige „Kostenübernahmeerklärung". Greif geht ins Detail: „In der Regel dauert diese Anforderungsodyssee eine Stunde, die Erfahrung zeigt eher zweieinhalb bis drei Stunden.“ Man möchte hoffen, dass die Hubschrauber trotzdem eher fliegen.

Ein entfernter Kollege, der Kreisbrandmeister Peter Fenkl, machte im Rhein-Erft-Kreis während der Flutkatastrophe im Juli 2022 ähnliche Erfahrungen. Die gute Nachricht zuerst: Fenkl ist stolz auf seine Kameraden: „Hunderte Einsatzkräfte haben, teilweise unter Einsatz ihres Lebens, in Erftstadt Menschen aus Notlagen gerettet.“ Die schlechte: „Der Spruch: ‚In Deutschland verwalten wir uns fast zu Tode' kommt nicht von ungefähr. Immer mehr Führungskräfte schmeißen das Handtuch, da neben dem Einsatz immer mehr Verwaltungsvorgänge und administrative Aufgaben hinzukommen“. Seine Forderung: Die städtischen Verwaltungen mögen die Lebensretter entlasten. Das klingt so plausibel und ist so fern.

Greif im Osten und Fenkl im Westen kämpfen damit nicht allein. Zum letzten Stand, Ende 2020, gab es in Deutschland 22.020 Freiwillige Feuerwehren, 110 Berufsfeuerwehren, 20.516 Jugendfeuerwehren und 755 Werkfeuerwehren. Lauter stille Helden.
Sie löschten allein im Jahr 2020 insgesamt 217.145 Brände und Explosionen, eilten zu 159 Katastrophenalarme und übernahmen 2,3 Millionen Notfall-Rettungseinsätze. Die Zahl der Brandtoten hat sich auch dank ihnen von 1990 bis 2020 von 787 auf 388 ziemlich genau halbiert.

Nicht erhoben hat der Berufsverband dagegen die Mannstunden der Retter für sinnvolle Dokumentation und unsinnige Bürokratie. Vermutlich hätten die Feuerwehren vor Ort auch gar eine Zeit, das einmal aufzusummieren. Denn zugleich müssen sie sich beständig neues Wissen anzeigen. Dank Klimawandel und E-Auto-Verkehr stehen jetzt Fortbildungen beispielsweise zu Rettung bei Naturkatastrophen, Batteriebränden und Vegetationsbrandbekämpfung auf dem Plan.

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