Beitrag teilen

Link in die Zwischenablage kopieren

Link kopieren
Suchfunktion schließen
Finanzierung > Verhandlungen mit Investoren

„Unsicherheiten verringern den Verkaufspreis“

Für die meisten Mittelständler ist ein Unternehmensverkauf eine Herausforderung, mit der sie keine Erfahrung haben. Worauf Unternehmen bei den Vorbereitungen und anschließenden Verhandlungen achten müssen, erklärt M&A-Experte Christian Keller von Houlihan Lokey im Interview.

Nicht nur Privatanleger haben derzeit Probleme damit, ihr Geld richtig anzulegen. Auch viele Private-Equity-Fonds sitzen auf viel Kapital, das nicht investiert ist. Ist daher momentan für Mittelständler ein guter Zeitpunkt, ihr Unternehmen oder Anteile daran zu verkaufen?

Ja, es stimmt, dass die Finanzinvestoren derzeit viel Kapital zur freien Verfügung haben. Das bedeutet aber nicht automatisch, dass es für Unternehmen einfach ist, einen Käufer zu finden. Die Private-Equity-Investoren sind bei ihrer Auswahl trotzdem wählerisch. Bei Unternehmen, deren Produktnachfrage stark konjunkturabhängig ist – klassischerweise bei Investitionsgütern – sind die Investoren zurückhaltender. Auch haben Automobilzulieferer, die ihr Geld hauptsächlich mit Komponenten für Verbrennungsmotoren verdienen, schlechte Karten. 

Wonach suchen denn die Finanzinvestoren?

Die Antwort klingt vielleicht ein wenig banal, aber die Investoren möchten Unternehmen mit Wachstumspotential kaufen. Das kann etwa darin bestehen, dass die Firma führend in einer profitablen Nische ist – eine klassische Stärke der mittelständischen Hidden Champions – oder dass sich das Unternehmen im Zuge einer Internationalisierung neue Auslandsmärkte erschließt. 

Für viele mittelständische Geschäftsführer sind solche Verkaufsverhandlungen mit Private-Equity-Investoren völlig neues Terrain. Wie sollte sich ein Unternehmer auf die Gespräche vorbereiten?

Die wichtigste Aufgabe des Geschäftsführers während des gesamten Verkaufsprozesses ist die Informationsbereitstellung. Je mehr der potentielle Käufer weiß, desto weniger Unsicherheiten gibt es bei ihm. Und Unsicherheiten verringern oft den Verkaufspreis oder führen dazu, dass der Verkauf platzt. Daher sollte der Verkäufer alle wichtigen Unterlagen wie Verträge sowie die wirtschaftlichen Kennzahlen parat haben, sodass er sie in den Verhandlungen auch bereitstellen kann. 

Christian Keller betreut das Private-Equity-Geschäft im deutschsprachigen Raum der amerikanischen Investmentbank Houlihan Lokey.

Haben Geschäftsführer diese Informationen nicht ohnehin vorliegen?

Sollte man meinen, aber wir erleben gerade bei kleineren Mittelständlern immer wieder, dass sie etwa gar nicht genau wissen, wie groß ihre Margen bei den jeweiligen Produkten sind oder, dass relevante Unterlagen wie die Mietverträge von Gewerbeimmobilien nicht griffbereit vorliegen. 

Wie viel Zeit sollte sich ein Unternehmen für die Vorbereitungen nehmen, bevor es dann mit den potentiellen Käufern die Verhandlungen beginnt?

Ich rate zu mindestens drei Monaten. In dieser Zeit müssen die Führungskräfte herausarbeiten, was die Alleinstellungsmerkmale des Unternehmens sind, in welchen Bereichen Potential für Verbesserungen und Wachstum vorliegt und welche Investoren dazu geeignet sind, mit ihren jeweiligen Stärken – Branchenexpertise, Netzwerke, Finanzkraft – dazu geneigt sind dieses Wachstumspotential auch zu heben. Je besser der Unternehmer dies aufzeigen kann, desto wahrscheinlicher ist am Ende auch ein Verkauf an einen passenden Investor zu einem guten Preis. 

Wie viele Investoren sollten Unternehmen für die Verkaufsverhandlungen mit an Bord nehmen?

Wir unterstützen unsere Mandanten dabei, ein kompetitives Umfeld herzustellen, indem wir eine manchmal mehr und manchmal weniger breite Gruppe an potentiellen Interessenten ansprechen. Je höher die Nachfrage ist, desto besser ist in der Regel auch der Verkaufspreis. Die wenigsten mittelständischen Unternehmen wissen, dass in Deutschland über 150 Private-Equity-Investoren aktiv sind, die sich oft auf bestimmte Branchen oder Nischen spezialisiert haben. Da gibt es für fast jedes Unternehmen eine zweistellige Anzahl von möglichen Käufern. Wenn am Ende der Verhandlungen dann noch drei Investoren übrig sind, die kaufen möchten, haben die Verkäufer schon einiges richtig gemacht.  

Ähnliche Artikel