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Finanzierung > Viele Unternehmen und Verbraucher sind unterversichert

Unternehmen droht Unterversicherung

Die Versicherungssummen sind oft zu niedrig bewertet. Dies kann teuer werden. Auch wenn diese Warnung nicht ganz uneigennützig von den Versicherern selbst kommt – Unternehmer sollten sie ernst nehmen.

überschwemmte Straße
Viele Verbraucher und Unternehmen sind unterversichert.

Naturkatastrophen haben im vergangenen Jahr weltweit einen Schaden von 280 Milliarden Dollar (233 Milliarden Euro) verursacht. Allerdings waren davon nur 43 Prozent davon auch versichert. Das geht aus einer Erhebung des Rückversicherers Munich RE hervor. Selbst in den Industrienationen, seien die Gesellschaften unzureichend auf eine steigende Zahl von - vor allem klimabedingten - Naturereignissen vorbereitet.
So verursachten in Europa die starken Niederschläge im Juni 2021 einen Schaden von 46 Milliarden Euro, davon 33 Milliarden Euro in Deutschland. Das war die bislang teuerste Naturkatastrophe in Deutschland und Europa. Der versicherte Anteil sei wegen der unversicherten Infrastrukturschäden und der begrenzten Versicherungsdichte für Hochwasser in Deutschland relativ gering gewesen, so die Münchner Rück. Nach Angaben des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) waren in Deutschland mit 8,2 Milliarden Euro nicht einmal jeder dritte Schaden versichert.


„Die Katastrophen-Statistik 2021 ist auffällig. Denn etliche der extremen Unwetterereignisse gehören zu jenen, die durch den Klimawandel häufiger oder schwerer werden. Dazu gehören Schwergewitter in den USA auch im Winterhalbjahr. Oder auch Starkregen mit Hochwasser in Europa“, betont Ernst Rauch, Chef-Klimatologe und Leiter der Abteilung Climate Solutions bei der Münchner Rück. Er verweist auf den jüngsten Bericht des Weltklimarats IPCC aus dem Sommer 2021. Demnach beeinflusst der menschgemachte Klimawandel weltweit Wetter- und Klimaextreme. Bei steigenden Temperaturen werden Wetterextreme, je nach Art und Region, weiter zunehmen. So könnten Flutereignisse an Küsten, wie sie früher etwa einmal in 100 Jahren vorkamen, durch den Meeresspiegelanstieg in manchen Regionen künftig alle paar Jahre passieren. „Die Gefahr von Naturkatastrophen und die Schäden daraus steigen durch den Klimawandel umso mehr, je länger wir als Weltgemeinschaft bei seiner Bekämpfung versagen“, so Rauch.
Im weltweiten Maßstab waren im vergangenen Jahr etwa 57 Prozent der Schäden durch Naturkatastrophen nicht versichert. Betroffene müssen die finanziellen Schäden selbst tragen oder sind auf Hilfen angewiesen. In Industrieländern ist diese Versicherungslücke in den vergangenen Jahrzehnten geschrumpft, während sie in ärmeren Ländern unverändert bei mehr als 90 Prozent liegt.  In Industrieländern hängt der Anteil der versicherten Schäden von den jeweiligen Naturgefahren ab. So ist in den USA wie in Europa bei Überschwemmungen die Versicherungsdichte deutlich niedriger als bei Stürmen. In USA ist Infrastruktur teilweise versichert, in Europa dagegen kaum.


Der GDV beklagt schon seit Jahren die Unterversicherung von vieler Verbraucher wie auch Unternehmen. Ist die Police niedriger angesetzt als der Wert der versicherten Sachen, muss der Versicherer den Schaden nicht komplett, sondern nur entsprechend dem tatsächlich versicherten Anteil ersetzen. Den genauen Wert zu ermitteln lohnt jährlich, denn ist die vereinbarte Versicherungssumme zu hoch, wird maximal der tatsächliche Schaden erstattet. Die betroffene Firma hätte dann unnötig viel Prämie bezahlt. Auch bei Policen, die die Einnahmen eines Unternehmens beispielsweise über eine Betriebsunterbrechungs- oder Ertragsausfall-Versicherung bei Brand- oder Sturmschäden absichern, sollte jährlich der potenzielle Bedarf geprüft werden. Das gilt vor allem bei schnell wachsenden Unternehmen. Hier kann sonst passieren, dass nicht der gesamte zu erwartende Betriebsgewinn sowie die fortlaufenden Fixkosten gedeckt sind.


„Eine Unterversicherung ist in den meisten Fällen ungewollt“, betont Olaf Köpper, Risikoanalyst bei HDI Risk Consulting. „Wir erleben immer wieder, dass Kunden unwissentlich schon vor Abschluss eines Versicherungsvertrages eine zu niedrige Summe gewählt haben. Gleichzeitig wird aber auch oft nicht bedacht, dass sich solche Summen im Lauf der Jahre verändern und deshalb angepasst werden müssen.“ Aufgrund der Komplexität der Wertermittlung komme es immer wieder unwissentlich zu einer Unterversicherung. Im Schnitt sind die vertraglich vereinbarten Versicherungssummen zehn bis 20 Prozent zu niedrig bewertet, so der HDI. Im Schadenfall könne das für Unternehmen mitunter einen erheblichen finanziellen Schaden bedeuten. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn Investitionen in neue Maschinen oder Geschäftszweige den Unternehmenswert erhöhen und den aktuellen Neuwert über die ursprünglich vereinbarte Versicherungssumme heben.

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