Beitrag teilen

Link in die Zwischenablage kopieren

Link kopieren
Suchfunktion schließen
Finanzierung > Alternativen zum klassischen Hausbankkredit

Unternehmensfinanzierung: Immer mehr Lösungen buhlen um Kunden

Banken sind bei Finanzierungen längst nicht mehr die einzige Anlaufstelle für Mittelständler. Ob Fintechs, Kreditfonds oder Plattformen – neue Geldgeber ringen um Marktanteile. Offen bleibt, wie nachhaltig die Entwicklung ist.

Geld über das Internet: Das Bau- und Transportunternehmen Max Wild aus Berkheim hat sich kürzlich rund elf Millionen Euro über eine digitale Ausschreibung im Portal von Finmatch gesichert, einem Stuttgarter Fintech. Geschäftsführer Elmar Wild benötigt das Geld für seine Expansionsstrategie, die „den Bau eines neuen Servicecenters am Firmensitz“ vorsieht. Über die neue Finanzierungsplattform hat sich der Unternehmer mehrere Angebote von verschiedenen Banken eingeholt. Das habe den zeitlichen Aufwand erheblich reduziert und auch einen „deutlichen Konditionenvorteil“ gebracht, urteilt der Mittelständler im Nachhinein.

Es ist ein Beispiel aus der schönen neuen Finanzierungswelt: Immer häufiger werben Mittelständler ihr Geld bei Fintechs wie Creditshelf, Compeon oder eben Finmatch ein. Banken sind bei Finanzierungen längst nicht mehr die einzige Anlaufstelle für Mittelständler. Ein weiterer Trend setzt die Geldhäuser ebenfalls unter Druck: Sogenannte Debt-Fonds, Kreditfonds mit meist angelsächsischen Gesellschaftern, wollen ebenfalls Kredite an interessierte Unternehmen ausreichen. Bisher bieten sie den Banken besonders in einer Nische Paroli: Indem sie Übernahmen von mittelständischen Unternehmen durch Private-Equity-Fonds finanzieren. Laut einer Statistik der Frankfurter Finanzierungsberatung GCA Altium stellen die Kreditfonds bereits jede zweite Übernahmefinanzierung von PE-Gesellschaften.

Aber die Fonds wollen zunehmend auch die Mittelständler selbst finanzieren, etwa wenn diese eine Übernahmefinanzierung zu stemmen haben. „Dort sehe ich ein riesiges Potential“, sagt Kirsten Bode, Fondsmanagerin bei dem Debt-Fonds Muzinich. „Deutschland hinkt allerdings im internationalen Vergleich etwas hinterher, weil Banken sehr aggressiv agieren und Unternehmen noch Berührungsängste mit Debt-Fonds haben.“

Neue Alternativen

Fintechs, Kreditfonds und Plattformen: Die Finanzierung von Mittelständler könnte vor einer Revolution stehen, die den Marktanteil der Banken stark beschränkt. Für ein abschließendes Urteil ist es allerdings noch zu früh. In den zurückliegenden Jahren gab es immer wieder Finanzierungsmoden, die trotz hoher Erwartungen dann doch nicht zum langfristigen Trend wurden.

Ab Anfang/Mitte der 2000er Jahre machten etwa Verbriefungen von sich reden, die es zuvor in der Art noch nicht passgenau für Mittelständler gab. Verbriefungen spielten etwa bei sogenannten Standard-Mezzanine eine Rolle. Unter Namen wie „Preps“, „Equinotes“ oder „Heat“ verbrieften deutsche Banken in den Jahren 2004 bis 2007 mehrere Milliarden an nachrangigen Darlehen. Investoren zeichneten die recht komplexen Verbriefungsprodukte. Doch hier zeigte sich: Zu viele der Darlehensnehmer, mussten Insolvenz anmelden. Fragwürdige Prominenz erhielt etwa der Fall von Nici aus dem bayerischen Altenkunststadt. Der Plüschtierhersteller ging 2006 in die Insolvenz – zum Schaden gleich mehrerer Mezzanine-Programme, die dadurch Ausfälle verkraften mussten.

Es gab aber durchaus auch Unternehmen, die mit den Programmen gut fuhren. Dazu zählt Oryx Stainless, ein Edelstahlschrotthändler aus Mülheim an der Ruhr, der sich damals einen Millionen-Kredit aus einem Mezzanine-Programm lieh. Doch die Finanzierungsform, die Investoren oft als vermeintlich sicher angepriesen wurde, ist heute fast nur noch eine historische Anekdote.

Nach dem Crash

Die folgende Finanzkrise erwies sich als zentraler Einschnitt, der viele Mittelständler dazu brachte, ihre Finanzkennzahlen neu zu bewerten. „Die Betrachtung von Liquidität und Cash hat sich von einem Moment auf den anderen verändert“, erinnert sich Oryx-Finanzvorstand Roland Mauss. „Viele Unternehmen haben sich bis dahin eher kurzfristig finanziert und keine Kreditzusagen über drei Jahre festgemacht.“ Das, kombiniert mit knappem Eigenkapital, rächte sich in Zeiten, in denen viele Banken vor dem Kollaps standen.  Es ist deshalb auch kein Zufall, dass sich im Nachgang der Finanzkrise ein neues bankenunabhängiges Instrument etablierte, die Mittelstandsanleihe. Über Börsen konnten darüber auch kleinere Unternehmen Anleihen platzieren. Mittelständler wie der Bietigheimer Anlagenbauer Dürr drängten an den neuen Markt und finanzierten ihre Projekte. Da die Kupons von sieben Prozent und mehr eine hohe Rendite versprachen, fanden die „Mini-Bonds“ viel Anklang bei Privatanlegern und kleineren institutionellen Investoren. Indes zeigte sich bald, dass dieser neue Kapitalmarkt einige unredliche Emittenten angezogen hatte. In vielen Fällen waren die Risiken deutlich höher als anfangs gedacht, die Konstruktionen blieben dabei für Privatanleger schwer zu durchschauen. Auch manches Rating entpuppte sich als wenig aussagekräftig. 

Nicht jedes Novum am Finanzierungsmarkt hat es deshalb in den festen Kanon geschafft. Doch es gibt durchaus Instrumente, die sich in den vergangenen Jahren etabliert haben. Dazu zählt der Schuldschein, der sich seit der Finanzkrise im Werkzeugkasten der Mittelständler etabliert hat und für viele der erste Einstieg in den erweiterten Kapitalmarkt ist. Zudem hat sich Factoring mittlerweile im Mittelstand durchgesetzt. Früher oft verpönt, hat der Forderungsverkauf via Factoring in Deutschland seit Mitte der 2000er Jahre einen Siegeszug angetreten. Inzwischen finanzieren über 44.000 Mittelständler ihre Forderungen via Factoring. „Factoring hat sich sehr gut entwickelt“, sagt Mauss. „Das war den Leuten früher suspekt und zu teuer.“

Während Factoring und Schuldschein sich ihren festen Platz in der Mittelstandsfinanzierung erobert haben, ist noch offen, wie nachhaltig die Modelle von Fintechs sein werden. „Bei Standardfinanzierungen können sie es auf einen nennenswerten Marktanteil bringen“, glaubt Mauss, vor allem, erfahrene Partner und Start-ups gemeinsam etwas aufziehen. Doch Mauss sieht auch Risiken der Start-up-Storys: Würden sich die Plattformen zu viele schlechte Risiken aufhalsen, könnte ihr Ruf durch Pleiten leicht lädiert werden – wie einst beim Standard-Mezzanine. Es muss sich also noch zeigen, ob es sich bei den Fintech-Modellen um einen kurzfristigen Hype oder einen langfristigen Trend handelt. 

Ähnliche Artikel