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Recht und Steuern > Coronakrise und Arbeitsrecht

Urlaub trotz Corona: Diese Rechte haben Arbeitgeber und Arbeitnehmer

Viele Unternehmen stellt die Corona-Krise bei den Urlaubsregelungen vor neue Herausforderungen. Welche Auswirkungen etwa Kurzarbeit und Reisebeschränkungen auf die Urlaubsansprüche haben, erklärt Rechtsanwalt Holger Faust im Interview.

Herr Faust, auch wenn die Hotels in Deutschland langsam wieder öffnen, dürften viele Arbeitnehmer ihre Urlaubspläne für den Sommer geändert haben und eher im Herbst oder Winter verreisen wollen. Darf der Arbeitgeber seinen Mitarbeitern vorschreiben, dass die Angestellten dennoch einen Teil der Urlaubstage im Sommer nehmen müssen, damit nicht alle Arbeitnehmer gleichzeitig nicht im Betrieb sind, wenn es in der zweiten Jahreshälfte hoffentlich wirtschaftlich wieder bergaufgeht?

 

Grundsätzlich darf der Arbeitnehmer frei entscheiden, wann er Urlaub nimmt, und der Arbeitgeber muss diese Wünsche auch so berücksichtigen. Allerdings haben Unternehmen das Recht, Urlaubsanträge abzulehnen, wenn sie dies mit dringenden betrieblichen Interessen begründen können. Dazu kann etwa zählen, dass nicht alle Mitarbeiter einer Abteilung gleichzeitig abwesend sein können, wenn dadurch die Arbeitsabläufe im Unternehmen nicht mehr funktionieren.

 

Auf die aktuelle Lage der Corona-Krise bezogen bedeutet das, dass Arbeitgeber ihren Mitarbeitern zwar keine Urlaubstermine vorschreiben dürfen, sie können aber die Angestellten bitten, nicht den gesamten Urlaub in der zweiten Jahreshälfte zu nehmen, da dann womöglich nicht gewährleistet ist, dass auch alle Anträge genehmigt werden können.

Was passiert in einem solchen Fall mit den Urlaubstagen? Können diese im darauffolgenden Jahr genommen werden?

Urlaubstage müssen in dem Kalenderjahr genommen werden, in denen der Anspruch auf sie entstanden ist. Ausnahmen gibt es laut Gesetz nur, wenn wegen dringender betrieblicher Gründe oder aus persönlichen Gründen wie zum Beispiel einer Krankheit des Arbeitnehmers Urlaub nicht genommen werden konnte. Dann dürfen Arbeitnehmer diese Urlaubstage im ersten Quartal des Folgejahres nehmen.  

 

Das bedeutet, wenn die Angestellten mehrheitlich ihren Urlaub in der zweiten Jahreshälfte nehmen wollen und das Unternehmen nicht alle Anträge annehmen kann, verfallen die nicht genehmigten Urlaubstage?

Das kann sein, so einfach ist das jedoch nicht. Das Bundesarbeitsgericht hat im vergangenen Jahr entschieden, dass der Arbeitgeber die Arbeitnehmer auf den drohenden Urlaubsverfall hinweisen muss – und zwar rechtzeitig genug, dass die Angestellten die Gelegenheit haben, den Urlaub noch zu einem Zeitpunkt zu nehmen, an dem keine betrieblichen Gründe dagegen sprechen. Unternehmen sollten ihre Mitarbeiter daher jetzt darauf hinweisen, dass nicht alle gleichzeitig Urlaub im zweiten Halbjahr nehmen können, und sie bitten, auch im Sommer welchen zu nehmen. Wichtig ist dabei, dass die Angestellten darüber informiert werden, dass ansonsten im schlimmsten Fall der Urlaub verfällt. 

Wenn dennoch zu viele Leute gleichzeitig Urlaub nehmen möchten, nach welchen Kriterien darf der Arbeitgeber entscheiden, welche Anträge er bewilligt und welche nicht?

Dabei muss er soziale Gesichtspunkte berücksichtigen. Diese können vielfältig sein. Dazu gehört etwa, dass Arbeitnehmer mit schulpflichtigen Kindern bei Urlaubsanträgen für die Ferienzeit bevorzugt werden dürfen, genauso wie Mitarbeiter, die besonders erholungsbedürftig sind, da sie schon länger beispielsweise keinen Urlaub mehr hatten oder zuletzt besonders viel gearbeitet haben. 

Wie sieht es mit Urlaubsanträgen aus, die vor der Corona-Krise bewilligt wurden? Dürfen diese einseitig rückgängig gemacht werden?

Nein, das geht nicht. Beide Seiten müssen Planungssicherheit haben. Daher können bereits genehmigte Anträge nur einvernehmlich zurückgenommen werden.

Millionen Menschen befinden sich derzeit in Kurzarbeit. Wie wirkt sich das auf die Anzahl der Urlaubstage und das Urlaubsentgelt aus?

Das Urlaubsentgelt ist davon gar nicht betroffen. Anders sieht es beim Urlaubsanspruch aus. Dieser kann sich dann reduzieren, wenn Mitarbeiter in Kurzarbeit regelmäßig an weniger Tagen in der Woche arbeiten als vorher. Dann kann der Urlaubsanspruch anteilig für den betreffenden Zeitraum in dem Maße reduziert werden, wie sich die Arbeitszeit in diesem Zeitraum verringert hat. Andererseits bedeutet das: Arbeiten Angestellte in Kurzarbeit zum Beispiel weiterhin fünf Tage die Woche, nur eben an manchen oder allen Tagen kürzer, ändert sich der Urlaubsanspruch nicht.

Die Zahl der mit dem Coronavirus Infizierten unterscheidet sich stark von Land zu Land. Darf ein Arbeitgeber seinen Angestellten verbieten, in Risikogebieten Urlaub zu machen?

Nein, das kann er nicht. Ob und wohin jemand während seines Urlaubs verreist, ist seine Privatsache. Allerdings kann der Arbeitgeber unter Umständen die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall verweigern. Dies geht, wenn der Arbeitnehmer selbstverschuldet arbeitsunfähig geworden ist. Bei einem Urlaub in einem Risikogebiet ohne triftigen Grund – ein solcher könnte etwa die Hochzeit eines in diesem Gebiet lebenden Familienmitglieds sein –, kann man ein Verschulden annehmen. Letztendlich kann man das aber nur im Einzelfall beurteilen. 

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