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Die eigentliche KI-Revolution findet im Management statt

Der deutsche Mittelstand ist stark darin, Exportschlager quasi inkognito in die Welt zu tragen. Kann das auch für KI gelten? Ein Gastbeitrag von Thorsten Heilig, CEO von paretos.

Wie wird in Zukunft unser Arbeitsmarkt aussehen? ©Shutterstock

Es ist auch den vielen Hidden Champions im deutschen Mittelstand zu verdanken, dass Deutschland nach wie vor die Exportnation Nummer 3 bleibt – nach den deutlich bevölkerungsstärkeren Weltmächten China und USA. Angesichts der Bevölkerungsgröße (Rang 19 weltweit) ist das bemerkenswert. 

Und doch prophezeien (teils selbsternannte) Expert:innen in schöner Regelmäßigkeit den Niedergang der deutschen Wirtschaftskraft. Seit jedoch für jedermann sichtbar geworden ist, wie sehr Künstliche Intelligenz Unternehmen, Industrien und letztlich die ganze Welt verändern wird, richten sich diese Warnungen zunehmend auf eine mutmaßliche Bedrohung durch den europäischen Gesetzgeber.

Macht uns der AI Act machtlos?

Ein Schreckgespenst namens AI Act geht um. Die einen befürchten, dass Europa und Deutschland durch diese Pläne wirtschaftlich ins Hintertreffen geraten könnten. Andere spotten, nur in Europa wolle man eine bahnbrechende Technologie regulieren, bevor sie überhaupt zum Einsatz gekommen sei. Dabei beschäftigen sich übrigens auch die USA intensiv mit der Regulierung Künstlicher Intelligenz.

Der Unterschied liegt in der Reihenfolge und im Detail: In Europa sprechen wir über Regulierung, bevor wir die Entwicklungen wertschöpfend nutzen und so iterativ auch im Detail Klarheit über mögliche Regulierungsparameter gewinnen können. Dies sollte aber im Gleichschritt geschehen – denn dann können Transparenz, Nachvollziehbarkeit und sinnvolle ethische Rahmenbedingungen “KI made in Europe” sogar zu einem Aushängeschild machen.

Die eigentliche KI-Revolution findet im Management statt

Auch Unternehmen des deutschen Mittelstands werden sich mit der Frage auseinandersetzen müssen, wie sie Künstliche Intelligenz effektiv und zielgerichtet im Unternehmensalltag einsetzen können, um international wettbewerbsfähig zu bleiben. Denn die Anwendungsfelder von Künstlicher Intelligenz gehen weit über die Chatbots hinaus, die durch die Innovationen von Open AI, Aleph Alpha und anderen so plötzlich bekannt geworden sind.

Die eigentliche KI-Revolution findet im Management von Unternehmen und bald auch auf der obersten Führungsebene statt. Decision Intelligence, also die Automatisierung unternehmerischer Entscheidungen auf Basis von Künstlicher Intelligenz, Machine Learning und mathematischer Optimierung, beeinflusst schon heute Entscheidungen in Logistik, Produktion oder Marketing. Laut Gartner werden bis Ende 2023 mehr als 33 Prozent der großen Unternehmen Decision Intelligence einsetzen. Markets and Markets prognostiziert dem Markt für Decision Intelligence bis 2027 ein Volumen von rund 23 Mrd. USD pro Jahr. Mit zunehmender Nutzung und Lernfähigkeit dieser Technologie werden immer bessere Entscheidungen ermöglicht. Es ist also nur noch eine Frage der Zeit, bis Top-Entscheider:innen in großen Konzernen Decision Intelligence nutzen, um auch weitreichende Entscheidungen zu treffen und Planungen und Operations immer weiter zu automatisieren. Der Mittelstand darf hier nicht untätig bleiben.

Viele beklagen, der AI Act könne diese wettbewerbssichernde Nutzung fortgeschrittener Künstlicher Intelligenz gar nicht mehr zulassen. Doch es ist wohlfeil, sich darauf auszuruhen. Deutschland war selbst dann noch Exportweltmeister, als es Mitte der 2000er Jahre als „kranker Mann Europas” bezeichnet wurde. Das lag damals auch an der Innovationskraft des deutschen Mittelstands – ein Pfund, mit dem er auch heute noch wuchern kann.

Decision Intelligence: Schlüssel zu mehr Transparenz

Vor allem hat Europa die einmalige Chance, die Regulierung von Künstlicher Intelligenz von Anfang an mitzudenken und dabei auf Nachhaltigkeit und Transparenz zu setzen. Und genau hier könnte der Einsatz von Decision Intelligence wegweisend sein: Denn genau das, was an Generative AI derzeit oft kritisiert wird – die fehlende Transparenz oder „Black Box” zwischen Input und Output – ist beim Einsatz von Decision Intelligence grundlegend anders; und abgesehen davon werden die Modelle zu einem großen Teil auf Organisationsdaten trainiert.

Jede:r Entscheidungsträger:in, die Decision Intelligence einsetzt, hat ein intrinsisches Interesse daran, die zugrundeliegenden Entscheidungsparameter transparent nachvollziehen und nachweisen zu können. Schließlich kann ich eine millionenschwere unternehmerische Entscheidung schon aus Governance-Gründen nicht auf Basis intransparenter Informationen fällen. Und so ist auch jede Decision-Intelligence-Plattform maximal transparent. Für mich als Nutzer:in sind die Annahmen jederzeit nachvollziehbar. Entscheider:innen werden so in die Lage versetzt, besser zu verstehen, was optimale Lagerstrategien von Produkten beeinflusst, welche Szenarien es für einen optimalen Trade-off zwischen Kosten, Servicequalität und CO2-Verbrauch der Logistikeinheit gibt und wie dies im Einklang mit den strategischen Zielen des Unternehmens steht.

Zukunftslabor Mittelstand?

Der deutsche Mittelstand ist geprägt von produzierenden Industrien wie dem Maschinen- und Anlagenbau, der Automobilzulieferindustrie, Chemie und Pharma oder Elektrotechnik – alles Branchen, in denen Decision Intelligence und andere KI-Anwendungen großen Wert entfalten werden, weil die Unternehmen sich immer komplexeren Anforderungen gegenübersehen, weil sie immer mehr Faktoren in ihre Entscheidungen mit einbeziehen müssen, ob im Marketing, der Logistik, der Produktion oder auch der übergeordneten strategischen Planung.

Wenn der deutsche Mittelstand diese Herausforderung annimmt, könnte er die richtige Balance im Umgang mit KI zum nächsten deutschen Exportschlager machen: Einerseits Tempo bei der Innovation, andererseits Transparenz und Vorsicht bei der Implementierung – Safer AI, made in Germany, powered by German Mittelstand.

Über den Autor

Thorsten Heilig ist Co-Founder und CEO von paretos, der führenden KI-basierten Decision-Intelligence-Plattform für datengetriebene Entscheidungsprozesse. Im Oktober 2023 erscheint sein Buch “Decision Intelligence – Transform Your Team and Organization with AI-Driven Decision-Making”.

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