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Fachkräftemangel: Warum „Wir machen das schon immer so“ kein guter Ratgeber ist

Wie kann man den Herausforderungen des Fachkräftemangelns begegnen? Wer bereit ist, etwas zu verändern und auf die Situation zu reagieren, ist auf dem richtigen Weg.

Stephanie Krüger, Head of Talent Acquisition bei HR-Agentur HRtbeat.

Seit Jahren setzt der Fachkräftemangel Unternehmen zu und es ist kein Ende in Sicht. Der Arbeitsmarkt hat sich von einem Arbeitgebermarkt zu einem Arbeitnehmermarkt entwickelt – das führt dazu, dass Kandidaten „am längeren Hebel“ sitzen. Bei den vielen vakanten Stellen auf dem Markt können sie sich ihren Wunschjob aussuchen und entwickeln ein neues Selbstbewusstsein: Es werden klare Vorstellungen geäußert, was Gehalt, Arbeitszeiten und Benefits angeht. Unternehmen reagieren darauf häufig mit Irritation und nehmen eine Abwehrhaltung ein.

Doch das Problem lässt sich nicht aussitzen. Im Gegenteil – die demographischen, politischen und sozialen Entwicklungen lassen vermuten, dass die Situation uns langfristig begleiten wird. Vor allem unter kleinen und mittelständischen Unternehmen ist der Leidensdruck immens. Dennoch kann man an vielen Stellen beobachten, wie an Altbewährtem festgehalten wird und wenig Offenheit für neue Wege und Maßnahmen besteht. Dabei ist es entscheidend, jetzt aktiv auf die Suche nach Antworten zu gehen und die richtigen Maßnahmen zu entwickeln. Die Arbeitswelt hat sich verändert und wird Unternehmen, die nicht Teil der Lösung sein wollen, früher oder später verdrängen.

Suchen Sie noch oder qualifizieren Sie schon?

In der Praxis sind die Probleme meist in zwei Kategorien einzuordnen: Erstens die Unzufriedenheit mit der Qualität der Bewerbungen und zweitens die unterschiedlichen Vorstellungen der Arbeitsbedingungen.

Im Hinblick auf die Qualität der Bewerber fühlen sich Unternehmen oft ohnmächtig – doch auch hier kann man Maßnahmen ergreifen, die Abhilfe schaffen: Wenn die Bewerber die notwendige Qualifizierung nicht mitbringen, sollten die Basiskompetenzen definiert werden, die für diese Stelle notwendig sind. Die Qualifizierung wird dann in den Onboarding-Prozess integriert. Dieser dauert dann etwas länger und wird – mit interner oder externer Fortbildung – auf den ersten Blick teurer, aber auch vakante Stellen kosten jeden Tag Geld.

Eine Variante dieser Vorgehensweise ist die langfristige Mitarbeiterentwicklung. Alle Mitarbeitenden sollten mit ihren Stärken, Potenzialen und Zielen auf dem Radar der Führungskräfte sein und mit viel Vorlauf auf neue Aufgaben vorbereitet werden. So lassen sich beispielsweise Renteneintritte gemeinschaftlich im Team gut auffangen – und Nachwuchskräfte fühlen sich ernst genommen und sehen langfristig eine Perspektive im Unternehmen. Auch für Auszubildende gibt es kreative Ansätze, die fehlende Qualifikationen auffangen: Wer im Rahmen der Ausbildung die Kosten für den Führerschein übernimmt, positioniert sich als attraktiver Arbeitgeber. Schlechte Schulnoten können Grund zum Ärgern sein – oder es wird ein Nachhilfelehrer beauftragt, um die Azubis während der Arbeitszeit unterstützend zur Berufsschule fit für die Zukunft zu machen.

Suchen Sie noch oder verändern Sie schon?

Was die Vorstellungen eines attraktiven Arbeitsplatzes angeht, lässt sich die Uhr nicht mehr zurückdrehen. Unternehmen sollten sich aber auch nicht komplett neu erfinden – eine authentische Unternehmenskultur ist die Grundlage für zufriedene Mitarbeiter. Doch nicht alles Neue ist schlecht und die digitale Transformation eröffnet uns Möglichkeiten, die wir nutzen sollten. Ein klassisches Beispiel hierfür ist das Thema Homeoffice oder Remote-Arbeitsverträge. Es herrscht eine große Angst, dass sukzessive alle Mitarbeitenden zuhause arbeiten wollen – zahlreiche Umfragen belegen, dass diese Angst unbegründet ist. Es gibt auch weiterhin Menschen, die gerne ins Büro kommen und die meisten schätzen eine gute Mischung. Jeder Mensch ist anders und jeder Job ist anders – warum müssen dann dieselben Bedingungen für alle herrschen? Individuelle Lösungen sind gefragt!

Ähnlich steht es mit Sprachkenntnissen: Gerade im Bereich IT wird es immer schwieriger Menschen in der eigenen Region zu finden, die Deutsch sprechen. Englischsprachige Fachkräfte dagegen sind verfügbar – gerade für interne Betreuung meist völlig unproblematisch. Sollten in den eigenen Reihen doch Berührungsängste bestehen, kann der IT-Support entweder mit einem Sprachkurs fit gemacht werden oder mit Übersetzungsprogrammen, die heute bereits sehr weit fortgeschritten sind, arbeiten.

Träumen Sie noch oder stellen Sie schon ein?

Kurz zusammengefasst sind die besten Berater ein realistischer Blick auf die Situation und eine pragmatische Herangehensweise. Denn die eierlegende Wollmilchsau gibt es nicht. Wer sich mit der Wahrheit konfrontiert – der Fachkräftemangel wird nicht so schnell vorübergehen – wird schnell lernen, dass „Wir machen das schon immer so“ kein guter Ratgeber ist. KMU müssen kreativ werden und neue Wege gehen, dann sind sie für Fachkräfte attraktive Anlaufstellen.

Zur Autorin:

Stephanie Krüger ist seit Januar 2022 als Head of Talent Acquisition mit an Bord der HR-Agentur HRtbeat. Sie ist Expertin für alle Recruitingthemen und verbindet unternehmerisches Denken und Businessverständnis mit einer sehr hohen Kunden- und Mitarbeiterorientierung.

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