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Firmen-News > Gastbeitrag von Deniz Aytekin

Empathie statt Ellbogen

Deniz Aytekin ist Deutschlands „Schiedsrichter des Jahres“. In einem Gastbeitrag für Markt und Mittelstand scnhreibt er gemeinsam mit Andreas Engelen und ­Victoria Berg vom Lehrstuhl für Management der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf über die wichtigsten Erfolgsfaktoren.

Zugewandt und zupackend: Schiedsrichter Deniz Aytekin hilft dem Bochumer Bundesligaspieler Kevin Stöger auf.
Zugewandt und zupackend: Schiedsrichter Deniz Aytekin hilft dem Bochumer Bundesligaspieler Kevin Stöger auf. Bildquelle: © picture alliance/Dennis Ewert/RHR-FOTO

In den vergangenen Jahren haben wir uns intensiv damit beschäftigt, was Führungskräfte von Bundesligaschiedsrichtern lernen können. Zu den gemeinsamen Erfolgsfaktoren zählt besonders empathische Führung. Damit ist gemeint, dass sich Führungskräfte in die Perspektive der Beschäftigten hineindenken und diese bei ihren Entscheidungen reflektiert berücksichtigen. Wer als Schiedsrichter auf ein reines Durchsetzen von Regeln pocht, ohne auf die Spieler auf dem Platz ausreichend einzugehen, mag gute Leistungsdaten ernten, aber keine Akzeptanz bei Spielern, Trainern und Zuschauern. 

Die Managementforschung zeigt Ähnliches für den Unternehmenskontext, besonders den Mittelstand: Fehlende empfundene Empathie seitens der Führungskräfte ist ein Hauptgrund, warum Mitarbeiter Arbeitgeber wechseln. Eine Reihe von Studien unterstreicht, dass empathische Führung heute für Mitarbeiterzufriedenheit unerlässlich, im Mittelstand jedoch immer noch selten anzutreffen ist. In unserer gemeinsamen Arbeit haben wir herausgearbeitet, was empathische Führung konkret ist und wie diese umgesetzt werden kann.

Erstens nehmen empathische Führungskräfte zunächst eine positive Absicht ihrer Gegenüber ein, anstatt mit Misstrauen in neue Begegnungen zu gehen und nur potenzielle Fallen oder Nachteile zu vermuten. Der empathische Schiedsrichter geht nicht davon aus, dass er einen notorischen Schwalbenkönig vor sich hat, sondern nimmt jeden Spieler ernst und bewertet Sachverhalte mit dieser Einstellung. Gleiches gilt für Führungsverhalten in einem Unternehmen. 

Zweitens nehmen empathische Schiedsrichter und Führungskräfte Spieler respektive Mitarbeiter ganzheitlich wahr, nehmen also deren Rollenvielfalt wahr. Allein diese Erkenntnis hilft, Entscheidungen und Verhalten von Spielern und Mitarbeitern, mit denen man nicht zufrieden ist, entspannter und reflektierter aufzunehmen. Es heißt nicht, dass man aus diesem Grund jedes Verhalten gut finden muss. Es heißt aber, die Perspektive zu ändern. Hat der Spieler oder der Mitarbeiter andere Probleme, die ihn ablenken? Liegt eine unklare Vertragssituation bei der Verlängerung eines Vertrags beim Spieler vor? Hat der Mitarbeiter andere, möglicherweise größere Probleme zu Hause? Die Forschung zeigt, dass allein durch diese Fragestellungen ein empathisches Verhalten und ein Auftreten entsteht, das Mitarbeiter wahrnehmen und entsprechend reagieren – selbst wenn sie mit einer Gelben Karte verwarnt werden. 

Drittens versetzen sich empathische Schiedsrichter und Führungskräfte bewusst in die Situation des Gegenübers. Nimmt man als Schiedsrichter einen sehr nervösen jungen Spieler wahr, der besonders aggressiv zu Werke geht, dann könnte man sich daran erinnern, wann man selbst früher mal übernervös ein Spiel angegangen ist. Vielleicht ist der Spieler in einer vergleichbaren Situation und braucht eher beruhigende Worte als eine aggressive Ansprache? Ähnlich ist es bei Führungskräften. Studien zeigen, dass Führungskräfte, die sich bewusst in die Situation von Mitarbeitern versetzen und diese mit eigenen vergangenen Herausforderungen der eigenen Karriere verknüpfen, deutlich empathischer handeln und dabei eher unterstützend eingreifen, als hierarchisch von oben herab zu intervenieren. 

Viertens ist es deutlich einfacher, emphatisch zu führen, wenn man als Schiedsrichter und Führungskraft mit sich selbst im Reinen ist. Zu Beginn der Schiedsrichterkarriere des Autors dieses Artikels war das Verhalten auf dem Platz durch eigene Unsicherheit geprägt. Ist man selbst unsicher und sucht seine Rolle, ist es schwer bis unmöglich, empathisches Verhalten anderen gegenüber konsequent zu verfolgen. Gleiches gilt für Führungskräfte. Studien zeigen, dass schon an stressigen Arbeitstagen das empathische Verhalten von Führungskräften deutlich sinkt.

Deniz Aytekin ist „Schiedsrichter des Jahres“ in der Fußballbundesliga. Der Beitrag entstand gemeinsam mit Andreas Engelen und ­Victoria Berg vom Lehrstuhl für Management der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf. 

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