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Heute schon wie morgen arbeiten

Viele Arbeitnehmende möchten nicht länger zwischen Karriere und Familie wählen – sie wünschen, beides miteinander in Einklang zu bringen. Der Fachkräftemangel hilft ihnen dabei, diese Wünsche auch durchzusetzen. Wie dies gelingen kann, zeigt das Beispiel Nagarro

IT-Dienstleister Nagarro praktiziert und lebt das Konzept des New Work seit Jahren erfolgreich aus. Bild: Nagarro

„Früh aufstehen, Kinder wecken, Frühstück vorbereiten – und ab in den Stau? Immer mehr Kollegen, mit denen ich spreche, fühlen sich dadurch gestresst und wollen so nicht ihren Arbeitstag beginnen“, berichtet Vera Reichlin-Meldegg – Marketing-Expertin beim Digital Engineering Unternehmen Nagarro – über ihre Erfahrungen.

Dahinter steht weit mehr als eine Anekdote: So gaben 2020 laut Gallup Engagement Index bereits 35 Prozent aller Beschäftigten in Deutschland an, sich durch die Arbeit ausgebrannt zu fühlen; 2021 waren es sogar 38 Prozent. Die Folge: Durch die Arbeit bedingte psychische Erkrankungen erreichen neue Höchststände – und führen so zu immensen volkswirtschaftlichen Kosten.

Für die Stellenwahl hat dies in Zeiten des Fachkräftemangels in vielen Staaten direkte Konsequenzen: In der Randstad-Workmonitor-Studie von 2022 gaben fast zwei Drittel der 35.000 weltweit befragten Beschäftigten an, künftig keinen Job mehr zu akzeptieren, der eine ausgewogene Mischung aus Freizeit und Arbeit stört. Aber nicht nur das Verhältnis von Business-Dress und Casual Look stößt auf Kritik. Besonders junge Arbeitnehmer streben zugleich nach mehr Freiräumen im Beruf. 

New Work als Lösung

Viele Unternehmen haben dies längst erkannt – und suchen nach passenden Lösungen. Neben mehr Teilzeitangeboten gehört dazu auch das Konzept „New Work“. Die Idee dahinter: Arbeitnehmer sollen selbstbestimmter darüber entscheiden, von wo und wann sie arbeiten. Lange Anfahrtszeiten im Berufsverkehr entfallen damit, private Termine und Notfälle lassen sich leichter mit dem Job vereinbaren. Das Konzept lässt sich zudem mit anderen Aspekten wie kürzeren Arbeitszeiten kombinieren. Stellen werden damit auch für potenzielle Bewerber attraktiv, die aufgrund persönlicher Umstände einen klassischen Vollzeitjob im Büro nicht stemmen können oder wollen. „Seitdem wir flexible Vertragsmodelle für Arbeitszeiten und -orte anbieten, werden wir auch für Bewerbende attraktiv, die wir vorher nur schwer erreichen konnten – beispielsweise Alleinerziehende mit Kindern“, weiß Vera Reichlin-Meldegg zu berichten.

Ursprünglich aus der Not heraus geboren, erfreut sich New Work bei vielen Arbeitnehmenden heute großer Beliebtheit. Nach einer gemeinsamen Untersuchung der accadis-Hochschule und der Adecco-Stiftung aus dem Jahr 2022 sind Arbeitnehmer mit Arbeitsmodellen, die kein Homeoffice oder andere Formen mobiler Werktätigkeit vorsehen, tendenziell unzufriedener im Beruf. 

Widerstände, gerade in KMUs

Auch wenn New Work-Konzepte in vielen Unternehmen aktuell bereits praktiziert und oft auch ausgebaut werden, zeigt sich insbesondere in kleineren und mittelständischen Unternehmen (KMUs) diesbezüglich nach wie vor eine gewisse, häufig diffuse Skepsis. Dabei bringen gerade diese Unternehmen in vielen Fällen die besten Voraussetzungen dafür mit: beispielsweise flache Hierarchien und ein enges Vertrauensverhältnis zwischen Führung und Arbeitnehmenden. In Kombination mit diesen Vorteilen könnten somit New Work-Konzepte gerade dort einen wichtigen Beitrag beim Kampf um die besten Köpfe leisten.

New Work, new Work-Life Balance?

Damit New Work allerdings langfristig zum Erfolg wird, benötigen sowohl Unternehmen als auch Arbeitnehmende eine vernünftige Vorstellung darüber, wie sich diese Konzepte in der Praxis umsetzen lassen: New Work wird beispielsweise nur dann zu einer besseren Work-Life-Balance beitragen, wenn alle Beteiligten lernen, sich selbst Grenzen zu setzen. Nutzen Unternehmen dagegen das Home Office, um ihre Beschäftigten ständig erreichen zu können, kann dies den Stress sogar mehren – und das ursprüngliche Ziel somit vollständig konterkarieren. Dieses Phänomen der Verschmelzung von Arbeit und Privatleben, bisweilen auch als Life-Work-Fusion bezeichnet, gleicht dann einem impliziten ständigem Bereitschaftsdienst. Manche Unternehmen unterbinden dies beispielsweise dadurch, indem sie ihrerseits zu bestimmten Uhrzeiten keine Mails mehr weiterleiten. Dazu Vera Reichlin Meldegg: „Wir setzen seit Jahren erfolgreich auf New Work-Konzepte. Aber dies erfordert auch die Fähigkeit von Mitarbeitenden und Unternehmen, sich auf das zu fokussieren, womit man gerade beschäftigt ist – sich also selbständig Zeiträume für die Arbeit und die Freizeit zu setzen. Wenn Personen das nicht können, fahren sie möglicherweise besser mit einer klassischen räumlichen Trennung von Job und Privatleben. Das ist auch nicht weiter schlimm – Unternehmen sollten halt für alle Personen die passenden Optionen anbieten. New Work ist lediglich eine davon.“

Von Bastian Schwengers

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