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Firmen-News > Forderung der Grünen

Mindestlohn von 14 Euro - eine Debatte zur Unzeit

Ricarda Lang und die Grünen haben sich für eine Erhöhung des Mindestlohns auf 14 Euro ausgesprochen. Eine Debatte zur Unzeit. Warum das eine ziemlich schlechte Idee ist, kommentiert Thorsten Giersch.

Ricarda Lang, Co-Chefin der Grünen, forderte am Montag einen Mindestlohn von 14 Euro.

„Jeder hat einen Plan“, sagte der Hobby-Philosoph und frühere Boxweltmeister Mike Tyson einst, „bis er zum ersten Mal auf die Fresse kriegt.“ Vielleicht kannte Ricarda Lang diesen Ausspruch, vielleicht auch nicht, als sie am Montag nach der Sitzung des Bundesvorstands der Grünen sagte: Das geplante Plus beim Mindestlohn zum 1. Januar 2024 sei für viele Menschen in diesem Land, die wenig verdienen, „ein Schlag ins Gesicht“. Das habe mit der Entwicklung der Inflation „rein gar nichts zu tun, die Steigerungen sind viel zu gering.“ Die Grünen forderten eine Erhöhung auf 14 Euro.

Ein Nackenschlag für die Mindestlohnkommission ist so eine Aussage allemal, schließlich sitzen dort nicht nur erzliberale Kapitalisten, sondern auch Gewerkschaftler und Wissenschaftler, die des Rechnens kundig sind, alle Facetten in ihre Entscheidung mit einbeziehen und die Erhöhung des Mindestlohns beschlossen um 41 Cent auf 12,41 zum 1. Januar 2024. Anfang 2025 gibt es dann eine weitere Erhöhung um 41 Cent auf dann 12,82 Euro pro Stunde.

Die Fachleute sollen über den Mindestlohn wesentlich mitentscheiden, damit er nicht zum politischen Spielball wird. Deshalb hat auch Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) nicht widersprochen, auch wenn er sich ursprünglich einen höheren Mindestlohn gewünscht hat. Dieses Plus von 82 Cent oder 6,8 Prozent innerhalb von zwei Jahren dürfte höher ausfallen als die Inflation in den Jahren 2023 und 2024 aller Voraussicht nach betragen wird.

Doch das ist bei weitem nicht der einzige Grund, warum die 14-Euro-Idee eine ganz schlechte ist: Zum einen muss man richtig rechnen, um die gewisse Maßosigkeit und die Belastung für die Arbeitgeber zu erfassen: Eine Steigerung des Mindestlohns auf die von den Grünen geforderten 14 Euro wäre hingegen ein Zuwachs von 34 Prozent innerhalb von 15 Monaten. So drastische Lohnerhöhungen haben selbst die Gewerkschaften in keinem Wirtschaftszweig gefordert.

Und das nicht ohne Grund: Angesichts der schlechten konjunkturellen Lage könnte vielen Betrieben das Aus drohen oder Stellenabbau nötig machen. Rund ein Drittel der deutschen Unternehmen sind betroffen – so viele beschäftigen derzeit Mitarbeiter mit weniger als 12 Euro Lohn. Und die allermeisten davon haben gerade einen Sack voller Probleme. Zudem wäre eine so massive Erhöhung des Mindestohns Gift im Kampf gegen die Inflation.

Sich über die Empfehlung der Mindestlohnkommission hinwegzusetzen, wäre politisch heikel, denn Arbeitsminister Heil hat dies 2022 erst getan: Die Steigerung von 10,45 auf 12 Euro, ein Plus von 15 Prozent, war deutlicher höher als die Kommission empfohlen hatte. Sich zweimal direkt hintereinander gegen sie zu stellen, wäre ein Affront, den der SPD-Mann praktisch unmöglich gehen kann. Das müssten die Grünen eigentlich auch wissen. Gerade weil der 12-Euro-Erhögung ein monatelanger Streit vorausging.

Um diese Summe einzuordnen, bietet sich ein Vergleich mit den durchschnittlichen Gehältern an: Die 12 Euro entsprechen knapp 60 Prozent des mittleren Median-Einkommens der Vollzeitbeschäftigten. Dies ist im internationalen Vergleich sehr hoch. Nur dass anders als in Ländern mit ähnlich hohem Niveau, wie beispielsweise in Frankreich, die deutschen Arbeitgeber nicht vom Staat  subventioniert werden, damit der Mindestlohn nicht zu Beschäftigungseinbußen führt.

Wie stark die Unternehmen von der Anhebung des Mindestlohnes im vergangenen Oktrober betroffen waren, unterscheidet sich stark nach Regionen. In Westdeutschland beschäftigen deutlich weniger Unternehmen Menschen zu weniger als 12 Euro pro Stunde als im Osten. Unterschiede gibt es auch zwischen den Branchen: In der Gastronomie sind 78 Prozent der befragten Firmen betroffen. Überdurchschnittlich betroffen sind auch der Einzelhandel mit 58 Prozent, die Textilindustrie mit 72 Prozent und die Nahrungs- und Genussmittelindustrie mit 61 Prozent der Unternehmen.

Den Mindestlohn noch weiter drastisch anzuheben, würde die Lohnverteilung in der unteren Hälfte der Einkommensverteilung zusammenschieben und damit die Bildungsanreize gerade im unteren Qualifikationsbereich eher mindern. Dann wäre die Gefahr groß, dass es gerade deswegen zu einer Spaltung der Gesellschaft kommt. Und das natürlich umso mehr, falls es durch einen zu hohen Mindestlohn zu Arbeitsplatzverlusten kommt.

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