Das Recruiting der Zukunft ist Social-Media: Influencer als Brücke zur Gen Z
Mit dem Rentenbeginn der „Generation Boomer“ verschärft sich die Personalsituation in vielen mittelständischen Unternehmen.
Die richtige Recruiting-Strategie wird künftig entscheidend für den Erfolg oder Misserfolg von Unternehmen sein. Klassische Wege der Personalgewinnung führen jedoch in Sackgassen.
Ein Gastbeitrag von Silvia Lange, Mitgründerin und Geschäftsführerin der Influencer-Tech-Company medialabel.
Die Generation Z ist die erste rundum digitale Generation Deutschlands. Sie wächst mit TikTok, Instagram und YouTube auf. Diese Plattformen sind für sie nicht nur Unterhaltung, sondern auch Informationsquelle und Empfehlungsgeber. Klassische Stellenanzeigen in Print- oder selbst Digitalmagazinen bleiben da weitgehend unsichtbar. Influencer hingegen, die authentisch Einblicke in Unternehmen geben, schaffen Vertrauen und Neugier – das sind zwei entscheidende Faktoren im Recruiting.
Social Recruiting bedeutet nicht nur Präsenz auf sozialen Netzwerken, sondern die aktive Einbindung von Akteuren, die Zielgruppen erreichen, denen Unternehmen allein nicht nah kommen. Influencer werden zu Vermittlern, die nicht nur Jobs bewerben, sondern das Unternehmen als Arbeitgebermarke stärken. Sie bieten Reichweite und Glaubwürdigkeit in einem, was im Wettbewerb um junge Talente entscheidend ist.
Mikro-Influencer sind die Hidden Champions des Recruitings
Viele Unternehmen fokussieren sich im Influencer-Marketing auf Reichweite. Doch im Recruiting zählt etwas anderes: die Nähe zur Zielgruppe. Mikro-Influencer – das sind Personen mit eher überschaubaren 10.000 bis 100.000 Followern – haben oft ein viel stärkeres Vertrauensverhältnis zu ihrer Community. Ihre Empfehlungen wirken glaubwürdiger und persönlicher. Genau das macht sie für mittelständische Unternehmen so wertvoll.
Mit begrenzten Budgets und klarem Zielgruppenfokus können kleine und mittlere Unternehmen Mikro-Influencer ansprechen. Diese sind oft auch regional verankert. Ein Beispiel: Ein Betrieb in einer mittelgroßen Stadt arbeitet mit einem lokalen Influencer zusammen, um Ausbildungsplätze zu bewerben. Der Influencer besucht den Betrieb, zeigt den Alltag, interviewt Auszubildende und teilt authentische Einblicke. Der Effekt: potenzielle Bewerber sehen den Arbeitgeber nicht als abstrakte Institution, sondern als greifbares Umfeld.
Recruiting ohne Influencer ist wie Marketing ohne Social Media
Die Zahlen sind eindeutig: Social Media dominiert den Alltag vieler junger Menschen. Ohne Influencer im Recruiting zu arbeiten, bedeutet daher, an der Zielgruppe vorbeizureden. Doch die Art der Zusammenarbeit ist entscheidend. Hier wird zwischen zwei Ansätzen unterschieden: interne und externe Influencer.
Interne HR-Influencer: Die Stimmen aus dem Unternehmen
Mitarbeiter, die als sogenannte Corporate Influencer authentische Einblicke in ihren Arbeitsalltag geben, sind von unschätzbarem Wert. Sie zeigen, wie die Unternehmenskultur wirklich gelebt wird, und lassen potenzielle Bewerber hinter die Kulissen blicken. Besonders glaubwürdig sind Mitarbeiter aus der Fachabteilung oder Azubis, die ihre Erfahrungen teilen. Diese internen Influencer wirken nahbar, vor allem wenn sie freiwillig und aus eigener Überzeugung handeln. Allerdings erfordert dieser Ansatz Zeit und eine Unternehmenskultur, die von Offenheit und Stolz auf die eigene Arbeit geprägt ist.
Eine der bekanntesten Corporate Influencerinnen in Deutschland ist derzeit Lara Sophie Bothur. Sie wirbt vor allem auf LinkedIn – und in Vollzeit – für die Arbeit bei der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft Deloitte und zählt zu den erfolgreichsten Stimmen auf LinkedIn. Ihr explosives Follower-Wachstum hat aber zugleich eine heftige Debatte um die Authentizität der Angaben und Follower-Zahlen ausgelöst. Das Beispiel Bothur ist damit auch ein Indiz für die steigende Fallhöhe. Nichts ist wichtiger beim Influencer-Marketing als Glaubwürdigkeit.
Externe HR-Influencer: Profis mit Reichweite
Externe Influencer bringen im Gegensatz zu mancher Inhouse-Lösung sehr viel Expertise in der Content-Creation mit und können unabhängig von der Branche für Aufmerksamkeit sorgen. Ein externes Gesicht, das nicht an das Unternehmen gebunden ist, bietet eine neue Perspektive. Wichtig ist hier, dem Influencer genügend Freiheiten zu lassen, damit der Beitrag authentisch wirkt. Ziel ist es, dass der Content organisch in die übrigen Beiträge des Influencers passt – ohne aufgesetzt zu wirken.
Fachkräftemangel im Mittelstand: Warum Influencer Teil der Lösung sind
Der Fachkräftemangel trifft den Mittelstand besonders hart. Viele Betriebe sind lokal verwurzelt, aber national kaum sichtbar. Influencer können diese Lücke schließen, indem sie Arbeitgebermarken einem breiteren Publikum vorstellen. Dabei geht es nicht nur um Reichweite, sondern auch um Vertrauen. Ein Influencer, der einen Einblick in den Arbeitsalltag gibt, vermittelt Glaubwürdigkeit – etwas, das klassische Stellenanzeigen nicht leisten können.
Auch erfahrene Fachkräfte oder ältere Arbeitnehmer können durch diese Methode angesprochen werden. LinkedIn, X und Blogs sind Plattformen, auf denen etablierte Fachkräfte und neue Talente zugleich erreicht werden können. Der Einsatz von Influencern ist also längst nicht auf die Generation Z beschränkt.
Die Auswahl an Social-Media-Plattformen ist groß. Jedes Netzwerk bietet spezielle Vorteile, aber auch unterschiedliche Anforderungen an die Kommunikation. Um erfolgreich zu sein, sollte sich ein Unternehmen zunächst auf einige wenige Kanäle konzentrieren und diese gezielt bespielen. LinkedIn sollte dabei die erste Wahl für professionelles Recruiting sein. Die internationale Business-Plattform bietet Funktionen wie Filter, um geeignete Kandidatinnen und Kandidaten zu finden, und ermöglicht durch persönliche Nachrichten eine direkte Ansprache. Hier können sich Unternehmen durch ein gepflegtes Profil und regelmäßige Interaktionen mit der Community als attraktive Arbeitgeber positionieren. Zugleich ist LinkedIn, siehe den oben erwähnten Case Deloitte, eine ideale Spielwiese für glaubwürdige Corporate Influencer. Denn auch auf LinkedIn bewahrheitet sich die Weisheit: Menschen folgen gern anderen, sympathischen Menschen.
Über die Autorin:
Silvia Lange ist Mitgründerin und Geschäftsführerin der Influencer-Tech-Company medialabel. Bevor sie selbst 2016 gründete, war sie als International Head of Marketing bei dem Fashion Unternehmen New Yorker tätig, führte 75 Mitarbeiter in ihrem Team und war für 42 Länder verantwortlich.