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Vergütung > Verstöße auch im Mittelstand

Umgehung des Mindestlohns: Mehr Ermittlungsverfahren

Obwohl seit drei Jahren der Mindestlohn in Deutschland gilt, erhalten ihn viele Arbeitnehmer auch heute nicht. Der Mittelstand zahlt zwar überdurchschnittlich häufig den vorgeschriebenen Lohn. Schwarze Schafe gibt es aber auch dort.

Rund 2.500 Ermittlungsverfahren leitete der Zoll im vergangenen Jahr wegen Verstößen gegen das Mindestlohngesetz ein. Die Hälfte der Unternehmen wurden auch zur Kasse gebeten. Die Bußgelder in Höhe von insgesamt 4,2 Millionen Euro waren damit fast dreimal höher als im Vorjahr (2016: 1,5 Millionen Euro) beliefen. Das geht aus einer Antwort des Bundesfinanzministeriums auf eine Anfrage der Grünen hervor. Das Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) hatte im vergangenen Jahr in einer Auswertung ermittelt, dass zwischen 1,8 und 2,6 Millionen Beschäftigte in Deutschland keinen Mindestlohn erhielten.

Für 2016 hatte das Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) einen Wert von 2,7 Millionen Arbeitnehmern errechnet – das entspricht fast 10 Prozent der deutschen Arbeitnehmer. Davon betroffen waren vor allem Mitarbeiter in Kleinstbetrieben ohne Betriebsrat und Tarifvertrag. Von ihnen erhielten 18,6 Prozent beim Gehalt nicht den vorgeschriebenen Mindestlohn von damals noch 8,50 Euro, wie das wissenschaftliche Institut der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung mitteilte. Demnach war die Umgehungsquote im Hotel- und Gaststättengewerbe mit 38 Prozent am höchsten. Im Einzelhandel lag sie bei 20 Prozent. Die wenigsten Missbräuche traten in der Energieversorgung, der Entsorgungswirtschaft und in verschiedenen Industriebranchen zutage.

Der Mittelstand steht besser da. „Die von uns ermittelten Zahlen liegen über dem Wert der Kleinstbetriebe. Das bedeutet allerdings nicht, dass es keine problematischen Ausnahmen im Mittelstand gibt“, sagt Toralf Pusch, Arbeitsmarktexperte beim WSI, gegenüber Markt und Mittelstand. Egal, ob klein, mittel oder groß – die Zahl der überführten Unternehmen dürften nur ein Bruchteil der tatsächlichen Missbräuche darstellen. Experten gehen von einer hohen Dunkelziffer aus.

Der Mindestlohn wurde 2015 in Deutschland flächendeckend eingeführt und 2017 auf 8,84 Euro angehoben. Seit Beginn dieses Jahres gilt er branchenweit ohne Ausnahmeregelungen. „Für 2017 und 2018 erwarte ich durch die Erhöhung des Mindestlohns und den Wegfall von Ausnahmen eine Zunahme. Der Fachkräftemangel in einzelnen Branchen und Regionen wirkt sich darauf nur bedingt aus“, sagt Pusch.