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Management > Unternehmensnachfolge

Akquisition lockt Nachfolgerinnen

Mit dem Kauf der Marke "flipflop" hat der Unternehmer Bernd Hummel nicht nur seinem Geschäft auf die Sprünge geholfen. Über flipflop fanden auch seine beiden Töchter ihren Weg ins Unternehmen.

Am Anfang stand eine Marke mit einem einprägsamen Namen: flipflop. Und ein Produkt, das man als Schuh kaum bezeichnen möchte: Badelatschen. Dass diese Kombination Ausgangspunkt für eine Unternehmensnachfolge nach dem Häppchen-Prinzip sein würde, ahnte Unternehmer Bernd Hummel nicht, als er die Marke "flipflop" Ende 2003 erwarb. Sein Ziel damals: "Wir wollten den Bekanntheitsgrad der Marke nutzen, um daraus eine Modemarke zu machen", sagt der Schuhunternehmer aus dem pfälzischen Pirmasens, dessen Bernd Hummel Holding GmbH mit der Marke "KangaROOS" groß geworden ist.

Seine beiden Töchter Anne-Katrin und Julia band der Unternehmer auch in den Markenkauf ein - aber eher im Sinne einer Zielgruppenbefragung: "Ich habe die Mädels gefragt, was sie von diesen Schuhen hielten." Die eindeutige Antwort war: "Die sind gut, die kannst du kaufen." Dann kam eins zum anderen: Nach dem Kauf sollte ein erster flipflop-Laden in Berlin her. Eine Aufgabe, die zur heute 33-jährigen Anne-Katrin passte - sie lebte damals ohnehin als Architektin in der Hauptstadt. "'Papa, ich mach' das', sagte sie, und hat unseren ersten Store gestaltet", erzählt Hummel.

Unternehmer im Urlaub

Nachfolge von jetzt auf gleich, weil es um eine coole Marke in einer angesagten Stadt ging - kann das gutgehen? Ganz unvorbereitet waren die Töchter zumindest nicht. Denn nach ihrem Studium hatten die Nachfolgerinnen mit dem Vater fünf Tage Urlaub in Portugal verbracht. Es waren Ferien der besonderen Art: Unternehmer Hummel hatte die Firmenbilanzen mitgebracht und stellte den Töchtern seine Firma im Detail vor. "Dann haben wir darüber gesprochen, inwieweit sie sich künftig engagieren wollen, ob als Gesellschafter im Hintergrund oder in einer aktiven Rolle. Beide haben ohne Zögern gesagt: 'Selbstverständlich wollen wir uns einbringen.'

Wie genau das geschehen sollte, blieb damals offen. Tochter Julia kann sich noch gut an Portugal erinnern: "Damals haben wir uns zum ersten Mal intensiv mit der geschäftlichen Seite des Unternehmens auseinandergesetzt. Ab dem Zeitpunkt habe ich mich damit befasst, ob ich überhaupt einsteigen will und was genau ich in der Firma machen möchte. Es war aber nicht so, dass ich einen detaillierten Einstiegsfahrplan in der Tasche hatte."

Nachfolge in Etappen

Für Julia Hummel ergab sich die Gelegenheit zum Einstieg nach BWL-Studium und ersten Jobs über flipflop: "Nach verschiedenen Stationen bei Otto sowie bei Mexx und O'Neill in den Niederlanden wurde mir klar, dass ich selbständiger arbeiten möchte." Am liebsten, so erinnert sich ihr Vater, wollte Julia Hummel einen flipflop-Laden in Amsterdam, wo sie damals lebte, eröffnen. Bernd Hummels Antwort war denkbar einfach: "Dann mach' einfach."

Gesagt, getan: Julia Hummel kündigte bei O'Neill, suchte einen Standort, leitete den Umbau und managte den zweiten flipflop-Store, bis sie "das Gefühl hatte: Jetzt verstehe ich das." Der richtige Zeitpunkt für das nächste Häppchen Nachfolge, das ihr Bernd Hummel antrug: E-Commerce für den Kangaroos-Shop. Seit 2008 ist sie Geschäftsführerin und verantwortet die strategische Weiterentwicklung der etwas in die Jahre gekommenen Marke "Kangaroos".

Auch die zweite Tochter Anne-Katrin wuchs Stück für Stück in größere Aufgaben hinein. Nach der Eröffnung des Ladens in Berlin fiel die Chefdesignerin für die Schuh- und Kleiderkollektion aus. Nachfolgerin Anne-Katrin übernahm das selbst, eröffnete außerdem ein flipflop-Büro am Produktionsstandort im südchinesischen Dongguan. Seit 2007 ist sie als Geschäftsführerin von Berlin aus für die komplette Marke verantwortlich.

Viel Verantwortung für die jungen Nachfolgerinnen. Aber andererseits hätten ihm seine Töchter im jugendlichen Modegeschäft und angesichts der zunehmenden Bedeutung von E-Commerce auch einiges voraus, findet Unternehmer Bernd Hummel. Zudem gebe es unter den etwas mehr als 100 Mitarbeitern des Unternehmens auch viele mit reichlich Erfahrung, auf die man sich verlassen könne. "Es kommt auf die Kombination an. Meine Kinder stehen ja nicht allein da."

Vaterrolle: Unternehmer und Coach

Seine eigene Rolle sieht Bernd Hummel mehr und mehr in der des Coaches. "Wenn ich gefragt werde, sage ich meine Meinung - wie aktuell, als mir meine Tochter Anne-Katrin in Dongguan die neue Kollektion zeigen wollte, weil ich ohnehin geschäftlich in Asien war. Doch mehr als beratende Hinweise gebe ich nicht." Im Vordergrund stehe für ihn "Raum geben, machen lassen, Bewegungsfreiheit und Vertrauen schenken". Dass die Aufgabenbereiche zum Einstieg überschaubar sind, hat außerdem einen Vorteil: "Selbst der allergrößte Fehler würde den Laden nicht umschmeißen. Daher sage ich: 'Mach' ruhig deine Fehler - jetzt sind sie noch klein.'" Das stehe auch im Einklang damit, wie der Unternehmer mit allen anderen seiner Mitarbeiter umgehe.

Natürlich bleibt es nicht aus, dass es auch bei dieser Rollenteilung zu Konflikten kommt. "Mein Vater und ich sind zum Beispiel beide ziemlich dickköpfig, da will jeder immer recht haben", sagt Nachfolgerin Julia Hummel. "Am Anfang sind wir uns auch mal öfter ins Gehege gekommen. Aber ich habe gelernt, in solchen Situationen das Familiäre auszublenden und sachlich zu werden. Man muss dann einfach auf die Fakten schauen und eine Lösung finden. Und das gelingt auch, weil mein Vater sich von mir wie von allen seinen Mitarbeitern mit guten Argumenten immer überzeugen lässt." Ein weiterer potentieller Konfliktpunkt ist das Thema der Doppelspitze. Besprochen sei das noch nicht, sagt Unternehmer Bernd Hummel, der längst nicht ans Aufhören denkt, sondern sich nach und nach seine "Rückzugsfelder" suchen will. Doch er plant, einen Beirat einzusetzen. Der soll dann, wenn eine gemeinsame Entscheidung nicht möglich ist, "mit in die Waagschale" genommen werden. Die Unternehmensanteile hat Bernd Hummel schon überwiegend auf den Nachwuchs übertragen - er selbst hält nur noch einen kleinen Teil. "Damit ich noch den Mund aufmachen kann", sagt der Unternehmer dazu.

Erziehung zur Unternehmensnachfolge

Eine genaue Planung steckt also nicht hinter dem allmählichen Eintritt der Hummel-Töchter in die Unternehmensnachfolge. Doch ein Zufall ist er auch nicht. Bernd Hummel hat seinen Geschäftssinn immer mal wieder bewusst und unbewusst an seinen Nachwuchs weitergegeben. Aus einem "gewissen Selbstverständnis heraus", wie der Unternehmer sagt und wie man es ihm sofort abnimmt. So bekam der Nachwuchs das Taschengeld schon per Überweisung, als sie sechs Jahre alt waren - und wurden dazu angehalten, die Kontoauszüge zu kontrollieren. "Manchmal habe ich extra nichts überwiesen, damit sie merkten, wie wichtig das ist", erinnert sich Bernd Hummel. Das Leistungsprinzip ist ihm wichtig: "Das habe ich bei meinem Vater gesehen, der einen Getränkehandel hatte. Und das haben meine Töchter ebenso gespürt: Erst durch Engagement kann der Betrieb wachsen, kann man sich mehr leisten. Das ist eine Verzahnung, die man in einem Unternehmerhaushalt hautnah miterlebt, und eine Erfahrung, die sehr wichtig ist."

Nachfolgerin Julia hat diese Verzahnung jedenfalls in guter Erinnerung: "Dass ich hier arbeiten will, kommt daher, dass mein Vater Unternehmertum vorlebt und gern darüber spricht. Es ist eben ein Unterschied, ob der Vater nach Hause kommt und nichts über seinen Arbeitstag erzählt oder ob man seinen Beruf so positiv erlebt wie wir - mit tollen, spannenden Berichten über seine Reisen und die Menschen, die er kennengelernt hat -, oder indem man seine internationalen Geschäftspartner selbst zu Hause trifft. Daraus wächst eine emotionale Bindung ans Unternehmen, die mit Bilanzen wenig zu tun hat."

PFÄLZISCHE KÄNGURUS


Vom Beginn an produzierte die Bernd Hummel Holding GmbH im Ausland. Denn, so sagt Bernd Hummel, er habe schon bei der Gründung 1976 erkannt, dass man mit der Schuhproduktion in Deutschland kein Geld verdienen könne. Fünf Jahre nach dem Start des Unternehmens erwarb Hummel die Lizenz, die damals neue US-Marke "KangaROOS" in Deutschland, der Schweiz und Österreich zu vertreiben. Diese etablierte sich schnell unter den Top-Sportschuhmarken im deutschen Markt. Mittlerweile ist Hummel mit der Lizenz für 20 europäische Länder der weltweit größte Lizenznehmer der Marke, unter der neben Schuhen Sport- und Freizeitkleidung verkauft wird. Auch "flipflop" bietet inzwischen mit seiner Schuh- und Kleiderkollektion deutlich mehr als Badelatschen. Es gibt flipflop-Läden in Berlin und Amsterdam sowie Outlets in Zweibrücken und Wolfsburg; weitere Läden in großen deutschen Städten sind geplant. Der Konzernjahresabschluss der Bernd Hummel Holding GmbH verzeichnet für 2008 einen Umsatz von 33 Millionen Euro bei einem Jahresüberschuss in Höhe von 1,22 Millionen Euro.