
Das gemeinsame Weißwurstfrühstück mit Bierbegleitung gehört zum Alltag der Mitarbeiter in mittelständischen Unternehmen. Tatsächlich ist es ihr gutes Recht, in Deutschland besteht schließlich kein generelles gesetzliches Alkoholverbot am Arbeitsplatz. Doch in der Praxis ist das nicht so einfach. Andrea Mehrer, Fachanwältin für Arbeitsrecht erklärt, was rechtlich gilt.
Markt und Mittelstand: Hierzulande gilt kein gesetzliches Alkoholverbot am Arbeitsplatz, sofern Arbeitnehmer ihre Pflichten aus dem Arbeitsvertrag erfüllen. Wieso ist das Thema dann so umstritten?
Andrea Mehrer: Kein grundsätzliches Verbot bedeutet nicht, dass es keine Regeln dazu gibt. Nach dem Arbeitsschutzgesetz muss der Arbeitgeber Maßnahmen zur Verhütung von Unfällen und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren treffen. Nicht nur dann, wenn Mitarbeiter mit Gefahrengütern arbeiten wie entzündbaren oder giftigen Gasen, ansteckungsgefährlichen oder ätzenden Stoffen oder wenn sie ganz einfach am Steuer sitzen müssen, muss der Arbeitgeber gewährleisten, dass sie fähig sind, ihre Arbeit adäquat auszuführen und andere nicht zu gefährden. Das Unternehmen hat eine Fürsorgepflicht gegenüber seinen Mitarbeitern.
Bei 20 bis 25 Prozent aller Arbeitsunfälle sind Personen unter Alkoholeinfluss involviert
- 0,3 Promille Blutalkohol: verminderte Aufmerksamkeit, Konzentrationsfähigkeit und Widerstand gegen Ermüdung
- 0,5 Promille Blutalkohol: verlangsamte Reaktionsfähigkeit
- 0,8 Promille Blutalkohol: deutliche Beeinträchtigung des Gleichgewichtssinns, der Klarheit des Denkens und des selbstkritischen Handelns, deutlich verlangsamte Reaktionsfähigkeit
Quellen: Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen e.V. und der Barmer GEK
Arbeitgeber darf Alkohol am Arbeitsplatz verbieten

Fotoquelle: A. Mehrer
MuM: Was bedeutet das konkret für den Arbeitgeber?
Mehrer: Der Arbeitgeber kann bei Verletzung seiner Fürsorgepflicht schadenersatzpflichtig sein: wenn er zum Beispiel erkennbar alkoholisierte Mitarbeiter an Maschinen arbeiten lässt und dann andere Mitarbeiter oder Kunden verletzt werden. Die Fürsorgepflicht - und damit Schadenersatzpflicht - gilt übrigens auch gegenüber dem alkoholisierten Mitarbeiter selbst.
MuM: Dürfen Unternehmen ein allgemeines Alkoholverbot verhängen?
Mehrer: Ja und dafür braucht das Unternehmen auch keinen Grund nennen. Allerdings gilt: In Betrieben mit Betriebsrat muss die Zustimmung des Betriebsrats eingeholt werden. Es empfiehlt sich, das Verbot in die Betriebsordnung aufzunehmen und zusätzlich an das schwarze Brett zu hängen oder im Intranet zu veröffentlichen.
MuM: Das Verbot gilt für die Arbeitszeit und auf dem Arbeitsgelände, was passiert, wenn der Mitarbeiter beschwipst zur Arbeit kommt?
Mehrer: Ihm droht eine verhaltensbedingte Kündigung. Besteht allerdings kein Alkoholverbot, dann kann die Kündigung nur begründet werden, wenn der Alkoholkonsum zu schlechteren oder Fehlleistungen des Arbeitnehmers führt. In diesem Fall ist eine Abmahnung erforderlich. Falls aber Sucht vorliegt, gilt eine andere Bewertung. Eine Sucht ist eine Krankheit; es gelten die Regeln zur krankheitsbedingten Kündigung; insbesondere kann der Arbeitgeber verpflichtet sein, dem Arbeitnehmer eine Entziehung zu ermöglichen.
Gilt das auch für Drogen am Arbeitsplatz?
MuM: Darf der Arbeitgeber Alkohltests einführen?
Mehrer: Einen Alkoholtest darf der Arbeitgeber nur mit Einwilligung des Mitarbeiters vornehmen. Alles andere wäre ein Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des Mitarbeiters. Das bedeutet, dass Mitarbeiter einen Test verweigern dürfen. Untersuchungen sind jedoch in bestimmten Situationen möglich, z.B. vor einer Einstellung oder vor einem Arbeitsplatzwechsel in einen Sicherheitsbereich.
MuM: Gelten für Drogen die gleichen Kriterien wie für Alkohol?
Mehrer: Ja. Für Drogen- oder auch Medikamentenmissbrauch gelten die gleichen Kriterien, nur dass dies meist wesentlich schwerer zu erkennen ist.
Musik hören oder den Hund mitbringen - am Arbeitsplatz wollen sich Mitarbeiter wohl fühlen. Welche Regeln es für Essen, Musik und Tiere bei der Arbeit gibt, lesen Sie in unserem MUM-Ratgeber.