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Ratgeber > Unfälle, Fehlverhalten und Nachwirkungen

Alkohol bei der Betriebsfeier: Was Sie als Unternehmer wissen müssen

Ob Glühwein auf der Weihnachtsfeier oder kühles Bier beim Sommerfest: Auf den meisten Betriebsfeiern wird Alkohol ausgeschenkt und konsumiert. Wir beantworten die wichtigsten Fragen von Führungskräften.

(Foto: shutterstock)

Es sollte eine besinnliche Weihnachtsfeier werden, doch sie endete im Chaos: Immer wieder eskalieren Betriebsfeiern und enden mit Prügeleien, Verletzungen und Diebstahl. Wir berichteten darüber hier.  Ein Extrembeispiel, das die Risiken von Alkoholkonsum bei Firmenfeiern drastisch vor Augen führt. Für Unternehmer, insbesondere im Mittelstand, stellt sich die Frage: Wie lassen sich solche Vorfälle verhindern und welche rechtlichen Konsequenzen drohen?

Vorkehrungen im Vorfeld: Wie Chefs sich absichern können

Für Unternehmer beginnt die Verantwortung bereits lange vor dem ersten Glühwein. Eine klare Kommunikation betrieblicher Regelungen im Vorfeld kann hilfreich sein. Manche Unternehmen nutzen dazu ihr Intranet, um sicher zu stellen, dass alle Mitarbeiter die geltenden betrieblichen Regeln kennen. Viele weisen dabei auch auf gesetzlichen Vorgaben werden. Solch eine Sensibilisierung für den verantwortungsbewussten Konsum von Alkohol und Cannabis kann präventiv wirken.

„Genauso verbreitet wie der Alkoholgenuss auf Weihnachtsfeiern sind die warnenden Hinweise über dessen Risiken“, sagt Bernd Borgmann, Arbeitsrechtler und Partner der Kanzlei DLA Piper in Köln. „Nüchtern betrachtet ist es daher erstaunlich, dass Alkohol auf betrieblichen Veranstaltungen noch zugelassen ist.“

Sollten Sie auf Ihrer Betriebsfeier auf den Alkoholausschank verzichten?

Die rechtliche Lage ist so, dass Sie sich Chefs erst einmal keine Sorgen machen müssen, wenn Sie Bier und Co. auf der Betriebsfeier ausschenken – zumindest was Ihre Fürsorgepflicht angeht. „Solange die Feier im üblichen Rahmen abläuft, gilt sie einschließlich eines ‚sozialadäquaten‘ Alkoholkonsums als Betriebsveranstaltung und steht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung, womit gleichzeitig ein Haftungsausschluss für den Arbeitgeber besteht“, führt Borgmann aus.

Allerdings rät er dazu, ein klares Ende der Betriebsfeier zu benennen, um eine Haftung für eine ausufernde „Aftershow-Party“ auszuschließen. 

Alkoholisierte Mitarbeiter: Schlüsselabnahme als Pflicht?

Kaum ein Chef dürfte es gut finden, wenn seine Mitarbeiter auf der Weihnachtsfeier „einen über den Durst“ trinken – sie davon abhalten muss er aber nicht. „Das richtige Maß im Umgang mit Alkohol müssen die Mitarbeiter selbst finden und beachten“, sagt Arbeitsrechtler Bernd Borgmann. Das gelte sogar bei bekannterweise alkoholkranken oder suchtgefährdeten Mitarbeitern: „Ein Arbeitgeber, der aufgrund bekannter Probleme Einzelner der Betriebsgemeinschaft die Abstinenz verordnet, handelt sicherlich vorbildlich, er schießt aber über seine gesetzlichen Fürsorgepflichten, jedenfalls nach derzeitiger Lesart, hinaus.“

Arbeitgeber tragen jedoch eine sogenannte Garantenstellung gegenüber ihren Mitarbeitern. Das bedeutet: Sie müssen verhindern, dass stark alkoholisierte Mitarbeiter sich selbst oder andere gefährden. In der Praxis kann das bedeuten, dass der Chef einem sichtlich betrunkenen Mitarbeiter tatsächlich den Autoschlüssel abnehmen oder ein Taxi rufen muss. Andernfalls droht eine Haftung wegen Verletzung der Fürsorgepflicht.

Wenn ein Mitarbeiter stürzt und sich verletzt – ist das dann ein Arbeitsunfall?

Grundsätzlich ja. Weil die Weihnachtsfeier für die Belegschaft als betriebliche Veranstaltung durch die betriebliche Unfallversicherung abgedeckt ist, kommt diese bei einem solchen Unfall für die Behandlungskosten, Rehakosten etc. auf, erklärt Borgmann. „Aus dem gleichen Grund kann der Arbeitgeber von Mitarbeitern wegen des Personenschadens nicht auf Ersatz verklagt werden“, fügt er hinzu. „Und auch Schmerzensgeldansprüche scheiden aus.“ Allerdings übernehme die gesetzliche Unfallversicherung keine Sachschäden, bei denen zudem in aller Regel ein überwiegendes Mitverschulden durch den Arbeitnehmer anzunehmen sei.

Alkoholkonsum lässt bekanntlich die Hemmungen fallen – aber kann er auch arbeitsrechtlich als Entschuldigung herangezogen werden?

In aller Regel nicht. „Bei Beleidigungs- und Belästigungsdelikten, die im Zustand alkoholisierter Enthemmung begangen werden, kennt die Rechtsprechung kein Pardon“, sagt Borgmann. Hier gelte auf der Betriebsfeier kein anderer Maßstab als im Büro. „Unerwünschte Annäherungen, Berührungen und Beleidigungen sind auch auf der Firmenfeier verboten und führen zu Abmahnung oder Kündigung.“

Checkliste: Voraussetzungen für den Versicherungsschutz

Es gibt vier wesentliche Voraussetzungen, damit eine Feier mit Kollegen offiziell als Betriebsfest eingestuft wird und der Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung greift:

  1. Die Feier muss von der Unternehmensleitung veranstaltet oder ausdrücklich gebilligt werden.
  2. Die Feier muss den Zweck haben, das Betriebsklima zu stärken und die Verbundenheit der Beschäftigten zu fördern.
  3. Der Chef oder ein von ihm Beauftragter muss auf der Feier anwesend sein.
  4. Alle Mitarbeiter müssen eingeladen sein (bei großen Firmen kann es ausreichen, wenn der Leiter einer kleineren Organisationseinheit die Feier für deren Beschäftigte ausrichtet).

Sind diese Punkte erfüllt, sind Unfälle abgesichert – auch auf dem Hin- und Heimweg. Der Ort der Feier spielt für den Versicherungsschutz keine Rolle.
 

Trunkenheit bei der Heimfahrt: Risiken und Haftung

Die Fahrt nach Hause kann zum rechtlichen Minenfeld werden. Ab 0,5 Promille Blutalkoholgehalt ist ein Fahrer nicht mehr fahrtüchtig. Für Fahranfänger gilt sogar die 0,0-Promille-Grenze. Besonders heikel wird es, wenn Mitarbeiter unter Alkoholeinfluss Dienstfahrzeuge nutzen. Hier drohen nicht nur Schadensersatzforderungen, sondern auch arbeitsrechtliche Konsequenzen bis hin zur Kündigung. Auch bei "Arbeitsstättenfahrten", also wenn man Kollegen nach Hause fährt, gibt es kein Haftungsprivileg, wenn der Fahrer getrunken hat.

Nach dem Rausch kommt der Kater. Können sich Mitarbeiter wegen der Alkoholnachwirkungen krankschreiben lassen?

Ein Gläschen zu viel kann schnell zu einem Kater führen. Übergriffiges Verhalten, Beleidigungen oder gar Tätlichkeiten können Gründe für Abmahnungen oder sogar verhaltensbedingte Kündigungen sein. Dabei gilt: Alkoholkonsum ist keine Entschuldigung für Fehlverhalten.

„Für alle Arbeitnehmer besteht die vertragliche Nebenpflicht, sich nicht mutwillig in einen Zustand zu versetzen, der die nachfolgende ordnungsgemäße Arbeitsleistung ausschließt“, erklärt Borgmann. „Der Kater am Tag nach der Weihnachtsfeier ist hier keine Ausnahme.“

Arbeitsrechtliche Sanktionen wären also zulässig. In der Praxis sei es aber meist so: Weil der Arbeitnehmer bei der Krankmeldung nicht verpflichtet ist, die Art der Erkrankung anzugeben, wird der Arbeitgeber in der Praxis selten wissen, ob der Mitarbeiter wegen allgemeiner Halsschmerzen oder nachwirkendem Alkoholmissbrauch ausfällt. Zumindest sei ein Nachweis nur schwer zu erbringen.

Kommt umgekehrt der Arbeitnehmer noch alkoholisiert, und deshalb nicht arbeitsfähig, zur Arbeit, könne der Arbeitgeber die Annahme der Arbeitsleistung verweigern. „Das Mindeste ist dann, dass der Arbeitnehmer den Vergütungsanspruch verliert“, sagt Borgmann.

 

Fazit

Die Betriebsfeier bleibt ein Balanceakt zwischen Fürsorgepflicht und persönlicher Verantwortung der Mitarbeiter. Für Unternehmer gilt: Vorausschauende Planung und klare Kommunikation sind der beste Schutz vor unliebsamen Überraschungen. Die Zukunft von Betriebsfeiern könnte angesichts der rechtlichen Risiken eine Neuausrichtung erfahren – vielleicht mit weniger Alkohol, dafür mehr Teambuilding. Letztlich bleiben Vorfälle wie die in Hannover hoffentlich eine Ausnahme – und nicht die Regel oder das Ende einer Ära ausgelassener Firmenfeste.

 

bwk - Der Artikel entstand im Dezember 2019 - zuletzt aktualisiert im Dezember 2024. Mit Bernd Borgmann, Arbeitsrechtler und Partner der Kanzlei DLA Piper sprach Autor Matthias Schmidt-Stein.

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