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Vergütung > Rechtstipp der Woche

Alles eine Frage des Geldes? – Wechselprämien in der Wirtschaft

Im Kampf um Talente ist es längst nicht mehr nur im Fußball üblich, Wechselprämien zu zahlen. Doch wenn Unternehmen zu solchen Mitteln greifen, sollten sie einiges beachten, um juristisch auf der sicheren Seite zu sein. 

Neue Mitarbeiter zu gewinnen, ist in immer mehr Branchen schwierig. Unternehmen versuchen es mit kreativen Stellenanzeigen, flexiblen Arbeitszeitmodellen, Homeoffice, dem Verweis auf ein besonders gutes Arbeitsklima. Und – gerade mit Blick auf erfahrene Beschäftigte bei der Konkurrenz – immer wieder auch mit Wechselprämien. Was dahinter steckt und was Unternehmen beachten sollten, erklärt Sebastian Maiß, Arbeitsrechtler bei der Kanzlei michels.pmks.

 

Was versteht man unter einer Wechselprämie?

 

„Wechselprämien sind nur ein allgemeiner Begriff für finanzielle Anreize, Mitarbeiter zu einem Jobwechsel zu veranlassen. Sie werden teilweise auch als „Antrittsprämie“, „Willkommensprämie“ oder ähnlich bezeichnet. Man kennt sie zunächst vor allem aus dem Profisport. Dort erhalten Sportler eine Zahlung dafür, wenn sie nach Ende der Vertragslaufzeit bei ihrem derzeitigen Arbeitgeber einen Vertrag bei einem anderen Verein unterschreiben. In der Wirtschaft läuft das ähnlich: Um Arbeitnehmer zu motivieren, das Unternehmen zu wechseln, wird ihnen dafür eine Belohnung in Aussicht gestellt. In Betracht kommen eine „Sign-On-Fee“ als Einmalzahlung oder auch der Ausgleich von durch den Jobwechsel entstehender Nachteile, wie beispielsweise der Verlust von Bonusansprüchen beim alten Arbeitgeber. In der Pflegebranche sind Wechselprämien von bis zu 10.000 Euro zwischenzeitlich keine Seltenheit.“

 

Darf das Unternehmen eine Wechselprämie an Bedingungen knüpfen?

 

„Ja, darf er. Um zum Beispiel sicher zu gehen, dass ein neuer Mitarbeiter nicht die Wechselprämie einstreicht, aber nach kurzer Zeit den Betrieb schon wieder verlässt, kann der neue Arbeitgeber die Prämie an die Bedingung knüpfen, dass der Mitarbeiter die Probezeit besteht – andernfalls muss die Prämie zurückgezahlt werden. Unternehmen, die einerseits zwar dringend qualifizierte Mitarbeiter benötigen, aber (noch) keine Liquidität für hohe Abwerbeprämien haben, bieten Wechselwilligen eine langfristige Beteiligung am Unternehmen, z.B. in Form von echten oder virtuellen Beteiligungsprogrammen.“

 

In welchen Bereichen oder für welche Art von Jobs sieht man solche Prämien häufiger?

 

„Noch vor wenigen Jahren gab es Wechselprämien außerhalb des Profisports nur bei dem Kampf um „High-Potentials“. Mittlerweile sprechen wir aber nicht mehr nur von einem Fachkräftemangel sondern von einem allgemeinen Arbeitskräftemangel. Wechselprämien sieht man daher branchen- und auch qualifikationsübergreifend. Sie werden zwischenzeitlich sogar für einfachste Anlerntätigkeiten ausgelobt, weil der Arbeitsbedarf überall hoch ist und nicht befriedigt werden kann. So sucht neben IT-Unternehmen inzwischen auch der Metzger von nebenan händeringend Mitarbeiter und ist bereit, wechselwillige Mitarbeiter zu belohnen.“

Darf ich als Unternehmen so einfach mit einer Wechselprämie Mitarbeiter von der Konkurrenz weglocken?

 

„Das ist eine Frage der wettbewerbsrechtlichen Zulässigkeit, und die Antwort lautet hier: Ja, grundsätzlich ist es erlaubt, Mitarbeiter von der Konkurrenz abzuwerben. Das gehört zum freien Wettbewerb dazu. Denn es steht jedem Mitarbeiter frei, sein Arbeitsverhältnis unter Einhaltung seiner Kündigungsfrist zu beenden und den Job zu wechseln. Zudem haben es Arbeitgeber selbst in der Hand, Mitarbeiter für einen begrenzten Zeitraum von maximal zwei Jahren von einem Wechsel zu einem Wettbewerber abzuhalten, indem sie ein sogenanntes nachvertragliches Wettbewerbsverbot vereinbaren. Solche nachvertraglichen Wettbewerbsverbote sind in der Praxis allerdings nicht allzu weit verbreitet und beschränken sich auf absolute „Key-Knowledge-Träger“. Sie sind nämlich teuer und nur schwer durchzusetzen.

 

Außerhalb dieser nachvertraglichen Wettbewerbsverbote darf ich bei der Abwerbung von Kandidaten, den ich für mein Unternehmen gewinnen möchte, keine Mittel einsetzen, die wettbewerbswidrig sind oder gegen die guten Sitten verstoßen. Wenn ich aber nur einen Vorteil für einen Wechsel verspreche, ist das in der Regel kein wettbewerbswidriges Verhalten.“

 

Wie stark darf ich denn für mein Unternehmen werben?

 

„Vorsicht ist immer dann geboten, wenn der abwerbende Arbeitgeber den Wechsel nicht nur durch die Auslobung einer Wechselprämie sondern durch aktives Verhalten „schmackhaft“ machen möchte. So darf ich einen Bewerber beispielsweise nicht dazu verleiten, gegenüber seinem alten Arbeitgeber vertragsbrüchig zu werden oder Mitarbeiter der Konkurrenz planmäßig abwerben, um an dessen Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse zu gelangen. Das sehen die Gerichte als unlauter an. Die Konsequenzen für den wettbewerbswidrig handelnden Arbeitgeber können beträchtlich sein. Neben Schadensersatzansprüchen des geschädigten Unternehmens kommen Unterlassungsansprüche in Betracht. Neben diesen juristischen Konsequenzen ist an einem möglichen medienwirksamen Reputationsverlust in der Öffentlichkeit zu denken.“

 

Wenn ich eine Wechselprämie ausloben will, was muss ich dabei sonst noch beachten?

 

„Falls Arbeitgeber eine Wechselprämie an Bedingungen knüpfen, sollten sie diese sorgfältig formulieren. So hatte beispielsweise das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein vor kurzem über die Wirksamkeit einer Rückzahlungsklausel bei einer „Willkommensprämie“ für eine Pflegefachkraft zu entscheiden. Der Arbeitgeber hatte formuliert, dass „die Willkommensprämie vollständig zurückzuzahlen ist, wenn das Arbeitsverhältnis innerhalb der vereinbarten Probezeit endet“. Diese Klausel kassierte das Gericht mit dem Argument, dass sie den Arbeitnehmer unangemessen benachteilige. Denn die Klausel erfasse auch den Fall, dass der Mitarbeiter das Arbeitsverhältnis innerhalb der Probezeit durch ein vertragswidriges Verhalten des Arbeitgebers wieder kündige. In diesem Fall könne er aber die Willkommensprämie behalten. Der Teufel liegt wie immer im Detail und Fehler werden von der Rechtsprechung nicht verziehen. Arbeitgeber sollten Wechselprämie daher präzise gestalten, um nicht auf den Kosten sitzen zu bleiben.“

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