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Personal > Ohne Namen und Noten

Anonyme Bewerbung: „Die Motivation zählt“

Die unbewusste Benachteiligung mancher Bewerbergruppen verschenkt Potential. Der Elektrobetrieb Bürkle + Schöck experimentiert daher mit anonymen Bewerbungen. Geschäftsführer Stefan Bürkle berichtet.

Studien zeigen, dass ein Bewerber mit einem ausländisch klingenden Namen deutlich geringere Chancen hat, eingestellt zu werden. Dadurch geht gerade im Zeitalter des Fachkräftemangels viel Potential verloren. Stefan Bürkle, Geschäftsführer des Elektrobetriebes Bürkle + Schöck, erklärt, welche Erfahrungen er in seinem Unternehmen mit einem Bewerbungsverfahren ohne Namen und Noten gemacht hat.

Herr Bürkle, seit wann suchen Sie neue Mitarbeiter mit einem anonymen Bewerbungsverfahren?
Vor sieben Jahren haben wir an einem einjährigen Versuch der Antidiskriminierungsstelle des Bundes teilgenommen. Nach dem Ende haben wir das Verfahren dann beibehalten.

Aus welchem Grund?
Wir sind alle nur Menschen und nicht immer objektiv.

Wie läuft das Bewerbungsverfahren ab?
Über einen Onlinefragebogen kann man sich bei uns ohne die Angabe zum Beispiel von Name, Geschlecht und Noten bewerben. Wir entscheiden dann, ob ein Kandidat von Interesse ist oder nicht. Erst danach fordern wir die klassischen Bewerbungsunterlagen, wie zum Beispiel Zeugnisse, an. Das Bewerbungsgespräch und der Einstellungstest selbst finden dann am selben Tag statt. Viele Bewerber absolvieren im Vorfeld auch noch ein Praktikum bei uns.

Nach welchen Kriterien wählen Sie aus, wen Sie zu einem Bewerbungsgespräch einladen und wen nicht?
Die Person muss uns in erster Linie neugierig machen. Deshalb verlangen wir auch ein Motivationsschreiben. Wir wollen sehen, wie viel Mühe sich jemand gibt. Motivation und Engagement sind uns sehr wichtig, denn die dreijährige Ausbildung ist alles andere als ein Zuckerschlecken.

Gibt es durch das anonymisierte Verfahren nun weniger Abbrecher oder bessere Endnoten?
Nein, das kann man so nicht sagen. Unsere Bemühungen, die Leute durch die Abschlussprüfung „zu bringen“, sind sogar noch etwas gestiegen. Da wir bei der Auswahl der Bewerber nicht auf die Noten achten, bewerben sich auch Leute, die nicht so gute Noten in der Schule hatten. Um diese Defizite auszugleichen, unterstützen wir bei der Suche nach einem Nachhilfelehrer oder geben auch selbst Nachhilfe.

Wie hat Ihre Stammbelegschaft auf das neue Bewerbungskonzept reagiert?
Durchaus sehr positiv. Wir haben einen Migrationsanteil von 60 Prozent bei Bürkle + Schöck – und darauf sind wir stolz. Die Sorge, dass ein Azubi von den Mitarbeitern nicht akzeptiert wird, hatten wir noch nicht. Auch in der Ausbildung gab es bisher noch nie Probleme. Deshalb werden wir das Verfahren auch in Zukunft beibehalten.

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