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Management > Absturz des russischen Mittelstreckenflugzeugs

Aus für den Sukhoi Superjet 100?

Der Sukhoi Superjet 100 ist ausgerechnet auf Verkaufstour vor den Augen der Welt abgestürzt. Nach allen Regeln der Marktwirtschaft wäre das das Ende des derzeit einzigen russischen Mittelstreckenfliegers. Doch gelten diese Regeln auch für Sukhoi?

Die Erfolgschancen für das russische Passagierflugzeug, das der Konzern Sukhoi gebaut hat, waren schon vor dem Unglück nicht berauschend. Der Markt im mittleren Segment der Flugzeugindustrie ist hart umkämpft. Die beiden großen Player liefern sich mit dem Airbus A320 und der Boeing 737 seit Jahren ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Auch der brasilianische Flugzeugbauer Embraer hat sich mittlerweile einen Namen bei Mittelstreckenflugzeugen gemacht. Und anders als beim chinesischen Staatskonzern Comac, der an der Entwicklung des Mittelstreckenflugzeugs C-919 arbeitet, kann Sukhoi nicht auf starke nationale Nachfrage setzen.

Deswegen „strebt Sukhoi 70 Prozent Exportanteil an“, berichtet Michael Santo von der h&z Unternehmensberatung. Von diesem Ziel dürfte der Konzern sich nach dem Absturz des Superjet 100 verabschieden und diesen Teil des Businessplans ad acta legen. Kaufentscheidungen, die vorher auf der Kippe standen, dürften nun eindeutig sein – gegen die Russen. 30 Bestellungen aus Indonesien sollen mittlerweile storniert worden sein.

Pleiten auch bei anderen Herstellern

Tötet der Absturz nicht nur die 47 Menschen an Bord, sondern auch den Hersteller? Der Reputationsschaden ist immens. Dabei sind Probleme in der Branche, wie der A380 oder auch Boeings Schwierigkeiten mit dem Dreamliner zeigen, keine Seltenheit. Selbst ein Absturz in der Frühphase ist schon einmal dagewesen, als der Prototyp des Airbus A320 abgestürtzt ist.
Allerdings war bei Airbus ein Pilotenfehler die Ursache. Was bei Sukhoi zum Absturz führte, ist bislang noch völlig unklar. Die Untersuchung könnte dauern: Rund sechs Monate im optimalen Fall, bis zu drei Jahre im schlechtesten Fall, erwarten Experten.

Sollte ein gravierender technischer Mangel Schuld an dem Unglück sein, dürfte das das Vertrauen in den Superjet 100 längerfristig erschüttern. Denn der Neuling in der zivilen Luftfahrt genießt nicht die Reputation der Konkurrenten Airbus und Boeing.

Insolvenz?

Für jedes Unternehmen wäre nach dieser Katastrophe wohl zumindest vorerst das Ende. „Wäre Sukhoi eine privatwirtschaftliche, mittelmäßig finanzierte Firma, würde nun wohl die Insolvenz drohen“, sagt Marco Emmermann von Visality Consulting. Das ist Sukhoi aber nicht. Der Konzern beschäftigt etwa 26.000 Mitarbeiter und befindet sich seit 2006 im Vollbesitz des russischen Luftfahrtkonsortiums OAK, das Wieder-Präsident Wladimir Putin ins Leben gerufen hat. Der Superjet 100 ist das russische Prestigeobjekt im Airline-Geschäft. In das Projekt ist viel Geld geflossen, und der Kreml wird weitere Millionenbeträge investieren und zumindest die russischen Fluggesellschaften mit dem Flieger ausstatten.

Auch Airbus und Boeing erhielten über Umwege staatliche Schützenhilfe, doch versucht die WTO gegen diese Wettbewerbsverzerrung juristisch vorzugehen. Russland verfügt aber nur über einen WTO-Beobachterstatus, ist mithin nicht den WTO-Regeln verpflichtet. Deshalb kann Sukhoi mit Staatshilfe Kunden mit Dumpingpreisen locken. Käuferschichten – vor Indonesien war der Superjet in Myanmar auf Verkaufstour, danach sollte es nach Laos gehen – die angesichts günstiger Preise zu Sicherheitsabstrichen bereit sind, werden mit weiteren Preissenkungen eher zu überzeugen sein. Kann Sukhoi erfolgreiche Nachbesserungen vorweisen, könnten Fluggesellschaften in diesen Ländern bei der Bedienung regionaler Strecken eventuell zugreifen. Das wird sich für Sukhoi alles wahrscheinlich nicht rechnen, aber darum geht es Putin in zweiter Linie. Wichtiger ist, dass Russland sich nicht die Blöße gibt, keine Passagierflugzeuge bauen zu können.