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Personal > Entsendebescheinigung A1

Gelesen, gelacht, gelocht: Entsendebescheinigung produziert Bürokratie im Quadrat

Zeit und Kosten für die Entsendebescheinigung A1, die nötig ist, um Mitarbeiter ins Ausland zu schicken, ließen sich einfach reduzieren. Andere EU-Länder schaffen es auch.

Viele Akten liegen übereinander auf einem Tisch im Büro
Quelle: Shutterstock

Dass kleine und mittlere Unternehmen in Deutschland an der Bürokratielast besonders schwer zu tragen, ist kein Gefühl und keine Klage, die wegen ihrer dauernden Wiederholung falsch ist, sondern es lässt sich immer wieder anhand von Beispielen nachweisen. Die Unternehmen unterliegen den Vorgaben der Europäischen Union und müssen sich mit der wenig praxistauglichen Umsetzung und Handhabung der deutschen Vorgaben arrangieren. Andere Länder in der EU machen es besser. Deshalb hat die Stiftung Familienunternehmen in Kooperation mit dem Normenkontrollrat des Landes Baden-Württemberg eine Vergleichsstudie beim Centres for European Policy Network in Auftrag gegeben.

 

Sie untersuchte in Deutschland, Frankreich, Italien und Österreich, wie und mit welchen Kosten dort die von der EU geforderte A1-Bescheinigung ausgestellt wird. Sie ist immer dann nötig, wenn ein Mitarbeiter oder eine Mitarbeiterin zwecks Arbeit ins Ausland entsandt wird - auch wenn es nur für eine Stippvisite ist. Sie bescheinigt die nötige Sozialversicherung im Heimatland.

Jeder fragt etwas anderes ab


In der Praxis sieht das so aus: Die EU hat nicht festgelegt, welche Informationen konkret abgefragt werden müssen. Sie macht auch keine Vorgaben für eine Bescheinigung gemäß Artikel 16 der entsprechenden EU-Verordnung. Die regelt Ausnahmefälle, zum Beispiel für längere Entsendedauern. So hat jeder Staat andere Datenanforderungen und – im nächsten Schritt – auch einen anderen Digitalisierungsgrad für das Antragsverfahren. In Deutschland beispielsweise kann man die eingegebenen Daten nicht speichern.

 

Das Ergebnis der Studie: In Deutschland kostet das Anmeldeverfahren für jeden einzelnen Antrag viel Zeit, nämlich 26 Minuten, und besonders viel Geld, mehr als 10 Euro. Hinzu kommen längere Wartezeiten bis zur Erteilung der Bescheinigung. Zudem dauert die Bearbeitung bei den Personalverantwortlichen besonders lange, um einen Antrag korrekt stellen zu können. Kein Wunder. So verlangen beispielsweise Österreich, Frankreich und Deutschland Angaben zur Branche des Arbeitgebers. Österreich und Deutschland fragen nach der Rechtsform und danach, ob der Beschäftigte in den beiden Monaten vor der aktuellen Entsendung in den gleichen Mitgliedstaat entsandt worden ist.  Österreich und Frankreich möchten das Anfangsdatum des Beschäftigungsverhältnisses wissen und Deutschland, ob für den Entsandten mindestens einen Monat vor Entsendung das deutsche Sozialversicherungsrecht Geltung hatte. Italien wiederum möchte das Gründungsdatum des Arbeitgebers und dem Datum der Unterzeichnung des Arbeitsvertrags wissen und Frankreich, ob die oder der Beschäftigte schon einmal in das gleiche Unternehmen entsandt wurde.

Hier ließe sich den Autoren zufolge von Österreich und Frankreich lernen. Während Frankreich einen vollständig automatisierten Ablauf anbietet und Österreich auf ein bestehendes Portal setzt (ELDA), erfordern die Lösungen in Deutschland und Italien mehr Informationen von den Nutzern.

 

Der Kostenvergleich

Die Gesamtzeit für die Beantragung einer A1-Bescheinigung unterscheidet sich beträchtlich – von mehr als 30 Minuten in Italien bis knapp unter 20 Minuten in Österreich und Frankreich. In Deutschland wurde die mittlere Zeit auf etwa 26 Minuten geschätzt. Das umfasst die Zeit für die Zusammenstellung und Übermittlung der Angaben sowie die Erteilung der Bescheinigung. In Österreich schlägt das mit 6,80 Euro zu Buche, in Frankreich mit 7,12 EUR und mit mehr als 10 Euro in Italien und Deutschland. Die wirtschaftlichen Gesamtkosten sind in Deutschland am höchsten (etwa 16,7 Mio. EUR in 2019) und in Österreich am niedrigsten (0,66 Mio. EUR), gefolgt von Frankreich (0,83 Mio. EUR) und Italien (1,66 Mio. EUR). Aber: Das bildet die großen Unterschiede bei der Anzahl der ausgestellten A1-Bescheinigungen in den jeweiligen Ländern ab. Die deutschen werden häufiger entsandt.

 

Gisela Meister-Scheufelen, die frühere Vorsitzende des Normalkontrollrats Baden-Württemberg, gibt sich trotzdem optimistisch: „Ich bin überzeugt, Deutschland kann es ändern. Nennenswerte Erleichterungen für die Familienunternehmen sind machbar. Datenschutz und Föderalismus stehen dem nicht in Wege. Es braucht endlich moderne Prozesse. Andere Länder machen es vor.“
 

Die komplette Studie finden Sie hier: » Download Zusammenfassung „Regulatorische und finanzielle Belastungen durch EU-Gesetzgebung in vier Mitgliedstaaten – eine vergleichende Untersuchung“
 
 
 

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