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Corona-Wahlkampf? Ja, was denn sonst

Mit dem Gejammer über einen bevorstehenden Corona-Wahlkampf tut sich niemand einen Gefallen. Denn wann, wenn nicht jetzt, ist die richtige Zeit öffentlich darüber zu streiten, welches der beste Weg aus der Krise ist.

Ein Jahr mit einer Bundestagswahl und fünf Landtagswahlen, aber keinem Corona-Wahlkampf? Wie bitte soll das denn gehen? Die Forderung, die Politiker von Philipp Amthor bis Winfried Kretschmann erheben, ist nicht nur wirklichkeitsfern, sondern auch das Gegenteil von dem, worauf wir Wähler ein Anrecht haben.

Wenn schon seit einem Jahr im größten Desaster, in das die Bunderepublik seit ihrem Bestehen hineingeschlittert ist, alle vor Schreck verstummt sind, dann ist zumindest der Wahlkampf die Zeit, wo wieder öffentlich um den richtigen Weg aus der Gesundheitskrise gerungen werden muss. Es gibt derzeit kein wichtigeres Thema als die Pandemie und der Umgang damit. Jeder Wahlkämpfer, der das Thema ausklammert, kommt uns vor, als lebe er auf dem Mars. Vielleicht sollte er eine Raumpatrouille anführen, aber auf keinen Fall sollten er oder sie ein Land regieren.

Recht auf Streit

Wir Wählerinnen und Wähler haben ein Recht darauf, dass jetzt über dieses Thema öffentlich und leidenschaftlich gestritten wird. Wir haben uns lange genug die These von der Alterativlosigkeit angehört, die in der Corona-Krise sogar von denen heruntergebetet wird, die sonst betonen, dass es immer Alternativen gebe. Von der Kanzlerin zum Beispiel. Wir haben lange genug eine einschneidende Verordnung nach der anderen hingenommen, deren Entstehen auf Telefonkonferenzen unter Ministerpräsidenten beruhte, die Hinterzimmer- statt Plenarcharakter haben. Jetzt, wo wir die Wahl haben sollen, fordern wir die öffentliche Debatte.

Wir, die wir um unsere Gesundheit fürchten, möchten wissen, warum ein Impfstoff aus Mainz in Tel Aviv ankommt, aber nicht im Seniorenheim um die Ecke. Wir, die wir unsere Kinder ausbilden, wollen Antworten hören, warum bundesweite Schul-Apps für den Unterricht bei Benutzung abstürzen, der Counterstrike-Server aber tadellos funktioniert. Wir, die wir 17 Jahre alt sind und unseren Schulabschluss machen wollen, fragen, warum wir nicht zur ersten Gruppe der Geimpften zählen, um gefahrlos jetzt die Weichen fürs Leben und für die Zukunft unseres Landes zu stellen. Wir, die wir um unsere wirtschaftliche Existenz ringen, wollen erklärt bekommen, warum unser hygieneoptimiertes Restaurant geschlossen bleiben muss, während sich bei der Würstchenbude um die Ecke Schlangen von Kunden bilden. Wir, die wir digital leben und arbeiten, fragen uns, wo die Version 11.0 der Corona-Warn-App geblieben ist?

Wir wollen mehr als eine Antwort

Auf all diese Fragen wollen wir Antworten haben. Wir haben geschwiegen, weil wir gut erzogen sind. Wir haben geschwiegen, weil wir denen, die wir gewählt haben, vertrauen. Wir haben geschwiegen, weil wir die Unsicherheit derjenigen, die entscheiden müssen, nachvollziehen können. Aber jetzt ist Wahlkampf. Und jetzt erwarten wir von denen, die uns regieren wollen, mehr als eine Antwort auf unsere drängenden Fragen.

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