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Management > Unternehmensnachfolge

Die einzig Wahre

Catharina Cramer stieg mit 28 als Nachfolgerin in die Geschäftsleitung der väterlichen Warsteiner Brauerei ein. In der Brauereibranche jung, blond und weiblich zu sein ist nicht gerade von Vorteil.

Catharina Cramer hat ein International-Business-Studium in London, Madrid und Paris sowieverschiedene Praktika absolviert. Sie hatte Jobs bei J.P. Morgan in London oder beim Konsumgüterkonzern Pernod Ricard. Und dann ist sie mit Ende 20 in die Kleinstadt ihrer Kindheit zurückzukommen und ins väterliche Unternehmen eingestiegen – als Gesellschafterin und Geschäftsführerin der Warsteiner Gruppe.

 

Eigentlich war ihr Einstieg ins Familienunternehmen so nicht geplant. Vater Albert Cramer, in achter Generation Alleininhaber der Brauereigruppe, hatte immer klargemacht, dass nur ein Kind die Unternehmensnachfolge antritt und auch nur dieses Kind die Gesellschafteranteile erben sollte. Cramer selbst hatte sich einige Jahre die Geschäftsleitung mit seinem Cousin geteilt und schlechte Erfahrungen mit dieser Konstellation gemacht. Mitte der Achtziger konnte der Unternehmer diesem schließlich seine Anteile abkaufen.

Mit 19 für die Nachfolge entschieden

Als sich Albert Cramers älteste Tochter Christina, die ursprünglich Nachfolgerin werden wollte, für einen anderen Lebensweg entschied, baten Cramer und seine damalige Ehefrau ihre Jüngste zum Gespräch. "Ich war total überrascht", erinnert sich Catharina: "Meine Eltern hatten mich noch nie offiziell zu einem Gespräch eingeladen." In diesem Gespräch bot ihr Vater ihr nicht mehr und nicht weniger als die Geschäftsleitung eines 240 Jahre alten mittelständischen Familienunternehmens an. Das traute Albert Cramer seiner Jüngsten offenbar zu.

 

Bedingungen oder Qualifikationsanforderungen gab es bis auf das abgeschlossene Studium für den Einstieg bei Warsteiner keine. "Ich habe mich riesig gefreut", erinnert sich Catharina. Ihr sei sofort klar gewesen, dass dies eine große Richtungsentscheidung in ihrem Leben sein würde: "Entweder ganz oder gar nicht. So was kann man nur machen, wenn man davon überzeugt ist. Das kann man nicht seinen Eltern zuliebe machen." Lange überlegen musste Catharina nicht. Wichtig war der Nachfolgerin nur, vorher ausgiebig mit ihren beiden Schwestern zu sprechen. Beide haben auch BWL studiert, sich jedoch für einen anderen Lebensweg entschieden. Die eine lebt in Paris, die andere in Italien. "Beide haben mich ermutigt, das zu machen", sagt Catharina. Die Entscheidung zur Nachfolge war gefallen. Damals war sie gerade einmal 19.

 

Sie habe versucht, sich so gut wie möglich vorzubereiten, berichtet die Unternehmerin. Da ihre große Passion Vertrieb und Marketing seien, habe sie zunächst ganz gezielt bei einer internationalen Bank im Bereich M&A arbeiten wollen, um sich auch in anderen, sie nicht so faszinierenden Bereichen fit zu machen. "Das war eine komplett andere Welt für mich. Aber irgendwann merkt man, dass auch da nur mit Wasser gekocht wird", erzählt sie. Also kein Grund, angesichts der Größe der Aufgabe kalte Füße zu bekommen. "Außerdem wusste ich ja genau, was auf mich zukam." Das Unternehmen Warsteiner und seine Mitarbeiter kennt die Nachfolgerin gut.

Einstieg der Nachfolgerin bei Warsteiner

Ihr Einstieg war von langer Hand geplant und am Ende doch recht spontan. Als ihr letzter Arbeitgeber Pernod Ricard ihr ein größeres Marketingprojekt anbot, hielt sie den Zeitpunkt für gekommen, sich auf Warsteiner zu konzentrieren. "Ich habe meinen Vater angerufen und ihm gesagt, dass ich in ein paar Wochen käme", berichtet die Nachfolgerin. Gesagt, getan. Sie bezog ihr Büro und wurde offiziell neben dem langjährigen Fremdgeschäftsführer Gustavo Möller-Hergt Mitglied der Geschäftsleitung. Aufgabenbereiche oder gar Ressortzugehörigkeiten wurden nicht definiert. "Ich wollte erst einmal alles kennenlernen", erklärt sie. Das Kennenlernprogramm hat sie sich selbst zusammengestellt mit Stationen im Außendienst oder der Produktion. "Ich wollte unbedingt einmal Bier gebraut haben, obwohl mein Vater meinte, das sei nicht so wichtig", sagt sie. Sie verordnete sich selbst einen Praxiskurs in der mit der Gruppe verbundenen König Ludwig Schlossbrauerei Kaltenberg im Landkreis Landsberg. Früh aufstehen und mit Gummistiefeln an die Arbeit. "Da habe ich alles gemacht bis hin zur Bedienung der Etikettiermaschine."

Konflikt mit dem Geschäftsführer

Aber nicht alles lief rund. Knapp ein Jahr nach dem Einstieg der Nachfolgerin kam es bei Warsteiner zum Bruch mit dem Geschäftsführer Möller-Hergt. "Es hat einfach nicht mehr gepasst", wehrt sich Catharina gegen die Vorwürfe der Presse, dass der Manager der Kronprinzessin hätte weichen müssen. Sie sei definitiv ein Teamplayer. Eine klare Aufgabenteilung hätte sicherlich geholfen, das Konfliktpotential zwischen Inhaber, Nachfolgerin und Co-Manager zu mildern.

 

Das haben auch die Cramers eingesehen. Statt die Doppelspitze Cramer/Möller-Hergt durch eine Doppelspitze Cramer/Cramer zu ersetzen, wurde eine vierköpfige Geschäftsleitung etabliert, bestehend aus den beiden Unternehmern - Catharina Cramer hält bereits Unternehmensanteile - sowie einem Technikgeschäftsführer und einem kaufmännischen Geschäftsführer.

Unternehmerin mit Leidenschaft

Seit Catharina Cramer die Unternehmensnachfolge angetreten hat, hat sie die Menschen in ihrem direkten Umfeld längst für sich eingenommen. Nicht nur durch ihre unbekümmerte unkomplizierte Art, sondern auch durch ihren aktiven Einsatz für mehr Zusammenhalt und Unternehmenskultur. Ihre Wertschätzung der Mitarbeiter, ihre Liebe zum Familienunternehmen und ihre Leidenschaft für das Produkt sind authentisch.

 

Auch, wenn nicht immer alles rund lief seit ihrem Einstieg, sei es nun tatsächlich oder nur in der Außenwahrnehmung der Presse: Nachfolgerin Catharina Cramer bringt so schnell keiner von ihrem Weg ab. Dabei scheut die Unternehmerin sich auch nicht, andere um Rat zu bitten. "Ich hatte einen guten Coach. Das kann ich nur empfehlen." In ihrem Fall war es ein Mitglied des Beirats, eine Person, die das Unternehmen gut kannte, aber auch der Familie sehr nahestand, die ihr bei vielen Fragen als Sparringspartner diente.

 

DIE WARSTEINER BRAUEREI

Die 1753 gegründete Warsteiner Brauerei gehört zu den traditionsreichsten Privatbrauereien Deutschlands. Zur Warsteiner Gruppe gehören die Paderborner Brauerei Haus Cramer GmbH & Co. KG (Paderborner, Isenbeck, Weissenburg), die Herforder Brauerei (u.a. Herforder Pils) sowie Beteiligungen an der König Ludwig GmbH & Co. KG Schlossbrauerei Kaltenberg (König Ludwig Dunkel, König Ludwig Weissbier), der Frankenheim Brauerei (Frankenheim Alt, Frankenheim Blue*) sowie weitere Auslandsbeteiligungen. Hinzu kommen die Hotel- und Gastronomiebetriebe der Welcome-Gruppe. Der Jahresumsatz 2009 betrug 560 Millionen Euro.