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Vergütung > Gehalt verhandeln

Ein kurzer Leitfaden für Gehaltsverhandlungen

Gehalt richtig verhandeln: So überzeugen Sie mit Strategie statt Drohung – und holen das Beste für sich heraus.

Clevere Strategien für die Gehaltsverhandlung: selbstbewusst auftreten, fair verhandeln und typische Fehler wie Drohungen vermeiden. (Foto: picture alliance)

Aus: The Economist

 

Über das Gehalt zu sprechen, ist für viele Menschen unangenehm. Doch es gibt Situationen, in denen das Thema unausweichlich ist – zum Beispiel, wenn man einen neuen Job antritt oder erfährt, wie hoch die Gehaltserhöhung im kommenden Jahr ausfällt. Dann steht die Frage im Raum, ob man über das Gehalt verhandeln sollte.

Wer verhandelt, bekommt mehr

Verhandlungen zahlen sich offenbar aus – zumindest finanziell. In einer Umfrage des Recruiting-Software-Anbieters Employ unter US-amerikanischen Jobsuchenden im Jahr 2025 gaben 37 % der Befragten an, mehr Geld gefordert zu haben. Von diesen erhielten 80 % ein besseres Angebot als ursprünglich vorgesehen. Das deckt sich mit einer Studie von Michelle Marks (University of Colorado) und Crystal Harold (Temple University) aus dem Jahr 2011: Kandidat/-innen, die verhandelten, erzielten ein um durchschnittlich 5.000 US-Dollar höheres Einstiegsgehalt (inflationsbereinigt etwa 7.160 Dollar heute).

Angst, das Verhältnis zum Arbeitgeber zu beschädigen

Verhandeln liegt nicht allen gleichermaßen. In einer aktuellen Studie von Jackson Lu vom Massachusetts Institute of Technology wurden 19 Jahrgänge von MBA-Absolvent/-innen einer US-amerikanischen Business School untersucht. Ergebnis: Ostasiatische und südostasiatische Absolvent/-innen verdienten deutlich weniger als ihre südasiatischen und weißen Kolleg/-innen. Der Grund: Unterschiede in der Bereitschaft zu verhandeln. Ost- und Südostasiat/-innen, die nicht verhandelten, gaben häufig an, sie hätten Angst gehabt, das Verhältnis zum Arbeitgeber zu beschädigen.

Tipps für Studienabsolvent/-innen

Auch Frauen fürchten häufiger als Männer die negativen Folgen von Gehaltsverhandlungen – nicht ganz unbegründet. In einer 2024 veröffentlichten Studie von Francesco Capozza (Berlin Social Science Centre) unter US-amerikanischen Personalverantwortlichen zeigte sich: Bewerber/-innen, die über das Gehalt verhandeln wollten, wurden seltener eingestellt – und Frauen traf diese "Strafe" überproportional häufig.

Wenn Verhandeln zwar das Gehalt erhöht, aber auch zu einem Rückschlag führen kann – was also tun? Leigh Thompson, Professorin an der Kellogg School of Management (Northwestern University), gibt ihren MBA-Studierenden zwei Tipps mit:

  • Erst dann mit Verhandlungen beginnen, wenn ein konkretes Jobangebot vorliegt (ein weiteres Indiz dafür, dass es MBAs meist nicht an Selbstvertrauen mangelt).

  • Vermeiden, aus der Verhandlung eine Bieterschlacht zu machen, bei der Unternehmen gegeneinander ausgespielt werden.

Ihre Devise: Nicht konfrontativ auftreten. Keine Drohungen aussprechen.

Erst analysieren und recherchieren - dann reden

Jim Sebenius, Verhandlungsexperte an der Harvard Business School, rät: Erst die Rolle genau analysieren, dann den marktüblichen Lohn recherchieren. Dank Plattformen wie Glassdoor und gesetzlicher Vorgaben zur Gehaltstransparenz ist das heute einfacher denn je.

Wer sich auf nachvollziehbare Prinzipien beruft – etwa den Wunsch, „marktgerecht“ bezahlt zu werden – und diese mit Daten belegt, hat bessere Chancen als jemand, der willkürliche Summen nennt, bittet oder mit dem Absprung droht. Und selbst wenn keine Gehaltserhöhung drin ist, lassen sich vielleicht andere Dinge aushandeln: ein späterer Gehaltsreview, ein reservierter Parkplatz – oder was auch immer für Sie wichtig ist.

Verhandlungstrainings

Für Vorgesetzte können Gehaltsforderungen anstrengend sein – besonders wenn sie sich eigentlich nur begeisterte Mitarbeit wünschen. Doch einige Arbeitgeber fördern gezielt gutes Verhandeln. Das französische KI-Start-up Photoroom, Anbieter von Bildbearbeitungssoftware, bietet allen Mitarbeitenden freiwillige Verhandlungstrainings an. Ziel ist unter anderem, dass Entwickler/-innen benötigte Technik schnell und zu guten Konditionen einkaufen können – ohne bürokratische Hürden.

CEO Matt Rouif sagt: Photoroom will auch herausfinden, ob es unter dem Marktniveau bezahlt. Das Unternehmen kauft Gehaltsbenchmarks ein und teilt diese mit den Mitarbeitenden – damit die Gespräche auf einer gemeinsamen Basis stattfinden können. Sein Fazit: „Viele sehen das als Kampf. Wir versuchen, das bestmögliche und zugleich faire Ergebnis zu finden.“ Keine schlechte Perspektive für die nächste Gehaltsverhandlung. 

© 2025 The Economist Newspaper Limited. All rights reserved.

Aus The Economist, übersetzt von der Markt & Mittelstand Redaktion, veröffentlicht unter Lizenz. Der Originalartikel in englischer Sprache ist zu finden unter www.economist.com

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