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Personal > Serie Bürokratie

Gelesen, gelacht, gelocht: Der Energieberater wird so nötig wie der Steuerberater

Der Staat fördert die energetische Immobilien-Sanierung. Doch den Weg zu neuen Fenstern oder zur Wärmepumpe pflastern Formulare und Wartezeiten. So verzögert sich die geplante Energiewende unnötig. Und der Energieberater wird so nötig wie der Steuerberater.

Energieberater könnten bald genauso teuer wie Steuerberater werden.

Diesen Schuss vor den Bug konnte die Bundesregierung nicht überhören.

2021 und 2022 urteilte das Bundesverfassungsgericht: Die Regierung verlagert die Maßnahmen zum Klimaschutz auf die nächste Generation. Die obersten Richter verdonnerten die obersten Minister zu mehr Einsatz zum Schutz der Natur wie der künftigen Generationen. 

Auch deshalb will der grüne Wirtschaftsminister Robert Habeck ab 2024 Immobilienbesitzer finanziell unterstützen, die moderne Heizsysteme einbauen. Von der geplanten einkommensabhängigen Förderungen sollen vor allem Immobilienbesitzer mit geringem und mittlerem Einkommen profitieren. Im Gegenzug plant Habeck ein sukzessives Verbot veralteter Öl- und Gasheizungen. Unabhängig von der juristischen Diskussion darum, gibt es schon jetzt Dutzende Förderprogramme zur energetischen Sanierung von Immobilien. 

Die kommen gerade zur rechten Zeit nicht nur für Immobilienbesitzer, die ihre Rechnung von hohen Energiekosten senken wollen. Von einer energetischen Sanierung samt Förderung profitieren auch Hausbesitzer, die ihre Immobilie jetzt noch zu hohem Preis verkaufen wollen. Denn eine aktuelle Auswertung des Maklers Engels & Völkers zeigt:  80 Prozent der Kaufinteressenten achten auf eine gute Dämmung der Wunschimmobilie, 62 Prozent möchten eine Solaranlage auf dem Dach sehen. Wärmepumpen folgen mit knapp 50 Prozent.  Energiesparmaßnahmen werden in Zeiten steigender Nebenkosten immer wichtiger beim Verkauf. Der lange nebensächliche, vermeintlich bürokratische und teure Energieausweis wird Joker im Preispoker.

Vor der Sanierung steht der Papierkram. 

Aber die erste Hürde ist: Finde das richtige Programm! Derzeit weist allein die sogenannte Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) finanzielle Unterstützung für Solarkollektoranlagen, Biomasse, Wärmepumpen, Innovative Heizungstechnik, Wärmenetzanschluss. Gebäudenetzanschluss, Anlagentechnik und Heizungsoptimierung aus.  Mehr dazu unter www.energiewechsel.de/KAENEF/Redaktion/DE/Dossier/beg.html. 
Dazu kommt seit März 2023 das Programm Klimafreundlicher Neubau mit zinsvergünstigten Krediten.

Die zweite Hürde:

Welche Bau- und Einkommensnachweise sind für welches Förderprogramm nötig? Hier sind Antworten noch in Arbeit.
Die dritte Hürde: Erst wenn der Förderantrag genehmigt wurde, darf mit echten Baumaßnahmen begonnen werden. Wer sich daran hält, braucht Langmut beim Warten auf den Antragsbescheid. Wer sich nicht daran hält, verliert die Förderung. 

Die Pfadfinder in diesem bürokratischem Dschungel sind zertifizierte Energieberater. Sie erstellen einen individuellen Sanierungsfahrplan nach bundesweit einheitlichen Standards. Das Gute daran: Der Bund bezuschusst ihren Einsatz mit bis zu 80 Prozent aus Fördermitteln. Förderfähig sind Kosten von bis zu 1.300 Euro beim Einfamilienhaus oder Zweifamilienhaus. Für ein Mehrfamilienhaus liegt die Obergrenze bei 1.700 Euro.
Viele Fördertöpfe von Bund und Ländern verlangen den Einsatz eines Energieberaters. Mit Recht, denn oft zieht eine Einzelmaßnahme wie der Tausch einer Heizung sinnvolle Folgemaßnahmen nach sich. Veraltete Leitungen müssen getauscht, ein schlecht isoliertes Dach gedämmt werden. 
Doch auch diese Experten sind am Ende ihres Langmuts. Der Energieberatungsverband GIH hält die energetische Sanierung von Bestandsimmobilien unter den derzeitigen Rahmenbedingungen für schwer umsetzbar. Der Bundesvorsitzende Jürgen Leppig beklagt: „Die meisten Sanierungen und Neubauvorhaben greifen auf staatliche Fördermittel zurück. Die Verfahren dazu sind aber nicht ausreichend digitalisiert und zudem äußerst zeitraubend.“ Nötig sei eine großzügige Förderlandschaft ohne überzogene bürokratische Hürden.

Die Dachdecker sind beim Thema Bürokratie am Bau schon lange auf der Zinne. Ulrich Marx, Hauptgeschäftsführer des Verbands Deutsches Dachdeckerhandwerk, polterte schon im Sommer 2022: „Wir benötigen dringend ein Ende der Regulierungswut sowie ein Aussetzen zeitraubender Genehmigungsverfahren. Allein das Umsatzsteuergesetz wurde in den letzten zehn Jahren 32 Mal geändert.“ Der Mann aus der Praxis zürnt: „Am Ende baut das Handwerk die Energiewende, aber wenn unnötig viel Zeit und Nerven mit Papierkram vergeudet werden muss, hemmt das beim Umsetzen der Klimawende“. 

So würde das Engagement der Bundesregierung für den Klimaschutz dann wieder ein Fall für die obersten Richter aus Karlsruhe. 

Einen Überblick über die Förderprogramme von Bund und Ländern finden Mieter und Vermieter online in der „ Förderdatenbank “.
Bundesweite Fördermittel laufen über die KfW-Bank und das BAFA, die Bundesanwaltschaft für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle. Die KfW vermittelt zinsgünstige Kredite und Kredite mit zusätzlichem Tilgungszuschuss. Das BAFA gewährt Zuschüsse für bestimmte Sanierungsmaßnahmen - dazu gehören auch der Austausch von Öl- und Gasheizungen. Grundsätzlich gilt: Immobilienbesitzer dürfen mehrere Programme kombinieren, um die öffentlichen Fördermittel optimal nutzen zu können.

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