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Management > Ein Gastkommentar

Erbschaftsteuerreform: Vernunft setzt sich durch

Bundestag gibt grünes Licht: Die Volksvertreter haben dem Kompromiss zur Reform der Erbschaftssteuer zugestimmt. Danach können die meisten mittelständischen Betriebe auch weiterhin ohne existenzgefährdende Steuerzahlungen an die nächste Generation übergeben werden. Ein Gastkommentar.

Die wichtigste Erkenntnis aus dem Kompromiss: Die besondere Situation von Familienunternehmen, bei denen Kapital und Gewinne zugunsten der Firma gebunden sind, wird anerkannt. Der 30-prozentige Wertabschlag, den solche Familienunternehmen erhalten, um die Nachteile hinsichtlich der Marktgängigkeit ihrer Anteile und der finanziellen Beschränkungen ihrer Gesellschafter auszugleichen, wurde im Vermittlungsverfahren nicht angerührt. Lediglich eine Mindestthesaurierung wurde in das Gesetz aufgenommen. Da sich diese am Nachsteuergewinn orientiert und damit die Finanzierung der Einkommensteuer aus dem Gewinn ermöglicht, ist dies ein tragbares Ergebnis.

Auch die Anpassung im vereinfachten Ertragswertverfahren bleibt erhalten. Die Einigung auf einen einheitlichen Kapitalisierungsfaktor von 13,75 – der auf dem Verordnungsweg an die Zinsentwicklung angepasst werden kann – ist pragmatisch und gleicht endlich die bisherige systematische Überbewertung von nicht-börsennotierten Unternehmen aus. Das ist keine Privilegierung von Familienunternehmen, sondern eine Annäherung an die Vorgabe des Bundesverfassungsgerichts, das die Besteuerung auf der Basis der tatsächlichen Verkehrswerte verlangt hat. Gut, dass sich diese Erkenntnis auch im Vermittlungsausschuss durchsetzen konnte. Gegenüber dem bisherigen Bewertungsniveau (Kapitalisierungsfaktor 17,85) stellt die Neuregelung eine deutliche Entlastung für mittelständische Familienbetriebe dar.

Oldtimer nicht begünstigungswürdig

Schließlich ist zu begrüßen, dass es im Vermittlungsausschuss gelungen ist, das Missbrauchspotential der Betriebsvermögensbegünstigungen weiter einzugrenzen. Typische Wertgegenstände der privaten Lebensführung wie z.B. Oldtimer oder eine wertvolle Briefmarkensammlung sind nicht begünstigungswürdig, auch wenn sie in einem Betriebsvermögen gehalten werden. Eine Ergänzung des Verwaltungsvermögenskatalogs schließt in der Zukunft diese Lücke. Auch dem Wiederaufleben der Cash-GmbH wurde ein Riegel vorgeschoben, indem die Begünstigungsgrenze für Finanzmittel auf solche Unternehmen beschränkt wird, deren Hauptzweck sich auf eine originär gewerbliche Tätigkeit bezieht. In der Praxis dürfte diese Regelung bei Holdinggesellschaften und konzerninternen Verwaltungsgesellschaften noch Fragen aufwerfen. Für typische Wohnungsgesellschaften wird der gesamte Finanzmittelbestand zum Verwaltungsvermögen zu rechnen sein.

Im Vermittlungsausschuss hat die Vernunft gesiegt. Die Parteien in Bund und Ländern haben in letzter Minute die Einsicht gehabt, dass der demokratische Gesetzgeber selbst zur Regelung der Erbschaftsteuer in der Lage sein muss und nicht auch noch die inhaltliche Ausgestaltung dem Bundesverfassungsgericht überlassen darf. Und sie haben das Gemeinwohlinteresse an der Erhaltung und Fortführung der mittelständischen Unternehmensstruktur in Deutschland über ideologische Ansichten und verteilungspolitische Grabenkämpfe gestellt. Das ist eine gute Nachricht.

Was zu tun ist und ob das neue Gesetz überhaupt von Dauer sein wird – erklärt die Steuerexpertin Elke Volland von Rödl & Partner im FINANCE-TV-Interview, einer Schwesterpublikation von Markt und Mittelstand. 

Prof. Dr. Christian Rödl ist Vorsitzender der Geschäftsleitung und Geschäftsführender Partner bei der Beratungs- und Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Rödl & Partner.

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