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Fachkräfteeinwanderungsgesetz: Bürokratie bremst erhofften Zustrom aus

Ein Jahr nach Inkrafttreten des neuen Fachkräfteeinwanderungsgesetzes zeigt sich: Die Zahlen steigen, aber langsamer als erhofft. Wo hakt es noch?

Das neue Fachkräfteeinwanderungsgesetz hat nicht das gehalten, was es versprochen hat. Der von der Bundesregierung erhoffte Zuwachs von 130.000 zusätzlichen Aufenthaltstiteln jährlich wurde bisher nicht erreicht. (Foto: Shutterstock)

Der Fachkräftemangel in Deutschland ist allgegenwärtig: Von der Kita bis zur Autowerkstatt fehlen Hände und Köpfe. Das neue Fachkräfteeinwanderungsgesetz (FEG) sollte Abhilfe schaffen. Doch ein Jahr nach seinem Inkrafttreten zeigt sich: Der erhoffte Zustrom bleibt aus. Was sind die Gründe?

Das neue Fachkräfteeinwanderungsgesetz: Hoffnungsträger mit Startschwierigkeiten

Am 18. November 2023 trat die erste Stufe des neuen Fachkräfteeinwanderungsgesetzes in Kraft. Ziel war es, Deutschland als Zielland für qualifizierte Arbeitskräfte aus dem Ausland attraktiver zu machen. Kernpunkte des Gesetzes sind die erleichterte Einwanderung für Fachkräfte, die Einführung der "Chancenkarte" zur Jobsuche und die Verdoppelung des Kontingents der Westbalkanregelung.

Die Bundesregierung versprach sich viel von der Reform: Bürokratische Hürden sollten abgebaut, Verfahren beschleunigt und Deutschland im internationalen Wettbewerb um die "klügsten Köpfe" gestärkt werden. Doch die Realität zeigt: Der Weg von der Gesetzgebung zur praktischen Umsetzung ist steinig.

Bilanz nach mehr als einem Jahr: mehr Schatten als Licht

Die Zahlen der Bundesagentur für Arbeit (BA) zeichnen ein gemischtes Bild. Einerseits ist die Zahl der Beratungen von im Ausland lebenden Fach- und Arbeitskräften deutlich gestiegen: von 165.000 auf 233.000 bereits im Jahr 2023. Auch die Zahl der Zustimmungen zu Aufenthaltstiteln wuchs - allerdings nur um moderate 4 % auf 172.261 in den ersten neun Monaten des Jahres 2024.

Besonders erfreulich ist das gestiegene Interesse von Menschen, die in Deutschland studieren, eine Berufsausbildung machen oder ihren ausländischen Abschluss anerkennen lassen wollen. Die Visazahlen in diesem Bereich stiegen um über 20 Prozent bei Studenten aus Drittstaaten, um zwei Drittel bei Auszubildenden und um knapp 50 Prozent bei Maßnahmen zur Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen.

Dennoch: Der von der Bundesregierung erhoffte Zuwachs von 130.000 zusätzlichen Aufenthaltstiteln jährlich wurde bisher nicht erreicht. Vanessa Ahuja, Vorständin der BA, spricht von "positiven Impulsen", betont aber auch: "Für eine vollständige Bilanz ist es noch zu früh."

Bürokratie als Bremsklotz: Wo der Schuh drückt

Die größte Herausforderung bleibt die Bürokratie. Trotz Vereinfachungen ist der Zuwanderungsprozess weiterhin "kompliziert und vielfach zu langsam", wie die BA selbst einräumt. Besonders in Berufen, die neben der Anerkennung der Qualifikation noch eine Berufszulassung erfordern, kann es zu langen Wartezeiten kommen. Im medizinischen Bereich etwa müssen zusätzlich Fachsprachkenntnisse nachgewiesen werden.

Auch die Westbalkanregelung, deren Kontingent auf 50.000 verdoppelt wurde, stößt an ihre Grenzen. Die Bearbeitung der Arbeitsmarktzulassungsanfragen muss teilweise zurückgestellt werden, da die Bearbeitungskontingente der Visastellen bereits ausgeschöpft sind. Besonders betroffen sind Antragsteller aus dem Kosovo und Albanien.

Formalien für die Beschäftigung von Nicht-EU-Bewerbern

1. Voraussetzungen
Arbeitskräfte aus Drittstaaten benötigen eine qualifizierte Berufsausbildung. Alternativ müssen sie  die Bedingungen der Berufserfahrenen-Regelung erfüllen. Für die Berufserfahrenen-Regelung sind zwei Jahre Berufserfahrung notwendig. Außerdem muss ein konkretes Jobangebot vorliegen.

2. Aufenthaltstitel
Ein Aufenthaltstitel wird erteilt, wenn die ausländische Qualifikation (teilweise) anerkannt ist und ein konkretes Arbeitsplatzangebot vorliegt. Fachkräfte über 45 Jahre müssen zusätzlich ein Jahresgehalt von mindestens 49.830 Euro (2024) oder eine angemessene Altersvorsorge nachweisen.

3. Chancenkarte für Jobsuche
Die Chancenkarte ermöglicht die Einreise zur Jobsuche und erlaubt Probebeschäftigungen bis zu zehn Stunden wöchentlich. Voraussetzung sind Deutschkenntnisse (A1) oder Englischkenntnisse (B2) sowie ein Finanzierungsnachweis durch ein Sperrkonto.

4. Beschleunigtes Verfahren für Fachkräfte
Voraussetzung, damit Visumanträge schneller bearbeitet werden, ist eine Vereinbarung zwischen Betrieb und Ausländerbehörde. Dann wird innerhalb von sechs Wochen über den Antrag entschieden.

5. Unterstützung durch Handwerkskammern
Die Handwerkskammern bieten Unterstützung bei der Nachqualifizierung an, falls der Berufsabschluss nur teilweise anerkannt ist. Ein Qualifizierungsplan soll helfen, die fehlenden Kompetenzen zu erwerben.

6. Arbeitgeber-Erklärung zum Beschäftigungsverhältnis
Als Arbeitgeber müssen Sie eine offizielle Erklärung zum Beschäftigungsverhältnis einreichen. Diese bestätigt das Jobangebot und die Einhaltung der relevanten Vorgaben, wie Gehalt und Arbeitszeit.

 

Digitalisierung und Willkommenskultur als Schlüssel zum Erfolg?

Um die Prozesse zu beschleunigen, setzt die BA verstärkt auf Digitalisierung. Anträge auf Arbeitsmarktzulassungen können nun online gestellt werden, und die Entscheidungen ergehen auf elektronischem Weg. Ein Verbindungsbüro zwischen BA und dem Bundesamt für Auswärtige Angelegenheiten soll die Zusammenarbeit intensivieren.

Doch technische Lösungen allein reichen nicht aus. Experten betonen die Notwendigkeit einer gelebten Willkommenskultur. Unternehmen sind gefordert, in die Integration ihrer neuen Mitarbeiter zu investieren - von Patensystemen über Sprachkurse bis hin zur Unterstützung bei der Wohnungssuche und Kinderbetreuung.

Auch die Erwartungshaltung der Arbeitgeber muss realistisch sein. "Fachliche Spezialkenntnisse des deutschen Arbeitsmarktes können nicht verlangt werden, hier braucht es aufbauende Qualifizierungen", betont die BA. Unternehmen müssen bereit sein, in ihre zukünftigen Mitarbeiter zu investieren.

Fazit

Das Fachkräfteeinwanderungsgesetz hat erste positive Impulse gesetzt, doch der große Durchbruch lässt noch auf sich warten. Die Herausforderungen liegen weniger im gesetzlichen Rahmen als in der praktischen Umsetzung. Bürokratieabbau, Digitalisierung und eine echte Willkommenskultur sind die Schlüssel zum Erfolg.

Viele Mittelständler sind enttäuscht und äußern ihre Frustration über die fortbestehenden bürokratischen Hürden, die den Prozess der Fachkräfteanwerbung aus dem Ausland verlangsamen. Trotz der Einführung des neuen Gesetzes bleibt der administrative Aufwand hoch und abschreckend, was insbesondere kleine und mittlere Unternehmen (KMUs) vor große Herausforderungen stellt.

Die Erwartungen, schnell auf qualifizierte Fachkräfte zugreifen zu können, wurden vielerorts nicht erfüllt. Berichtet wird  von langwierigen Verfahren zur Anerkennung ausländischer Qualifikationen und komplizierten Visaprozessen, die dringend entschlackt werden müssen. Zudem vermissen viele Unternehmen eine stärkere Unterstützung seitens der Behörden und beklagen den Mangel an klaren Informationen und Ansprechpartnern.

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