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Personal > Berufliche Weiterbildung

Fachkräftemangel: Die Vor- und Nachteile branchenfremder Bewerber

Für den Brillenhersteller Wetzlich Optik-Präzision ist die Suche nach Fachkräften jedes Mal eine Herausforderung. Da es den Bewerber mit der optimalen Qualifikation oft nicht gibt, setzt der Glashersteller Wetzlich auf branchenfremde Mitarbeiter – und bildet seine neuen Angestellten weiter.

Die Qualifikationen, die einige der Mitarbeiter des Mittelständler Wetzlich Optik-Präzision mitbringen müssen, stehen in keiner Universität oder Berufsschule auf dem Lehrplan. „Wir brauchen zum Beispiel im Idealfall ITler, die sich mit Augenoptik auskennen“, sagt Florian Gisch. Er ist Geschäftsführer des Familienunternehmens, das Optiker mit Brillengläsern beliefert. Weil es solche Bewerber nur ganz selten gibt, bildet der Mittelständler seine Mitarbeiter laufend weiter und schickt sie zu Schulungen bei Maschinenherstellern. Das gelte für die erwähnten ITler genauso wie für einige Ingenieure, die das Unternehmen beschäftigt – und die vor ihrer Tätigkeit dort oft keine Berührungspunkte mit optischen Technologien hatten. Durch die Weiterbildungen lindert der Mittelständler den Fachkräftemangel, den er auch in seiner Branche spürt. 

Bis neue Mitarbeiter richtig eingearbeitet sind, ist es aus diesem Grund ein langer Weg. „Wirklich bei uns angekommen sind die Leute erst nach einigen Jahren“, schätzt Gisch. Daher ist es ein besonderes Problem für Wetzlich, wenn Fachkräfte den Betrieb schnell wieder verlassen, wie es beim Leiter für Beschichtungstechnik der Fall war, der ein Angebot aus der Automobilbranche annahm. „Verlässt uns eine Fachkraft nach nur einem Jahr, haben wir sehr viel Zeit und Energie verloren“, sagt Gisch. Die Mühen und Kosten für die Weiterbildung waren dann umsonst.

Gemeinsamkeiten von Produktionsbetrieb und Bäckerei

Dass viele neue Angestellte keine Vorerfahrung mit Augenoptik haben, empfindet Gisch grundsätzlich aber auch als Vorteil. „Natürlich müssen die Mitarbeiter zunächst vieles lernen, dafür bringen sie aber auch eine neue Perspektive in unser Unternehmen ein.“ Und manche Dinge ließen sich ja auch übertragen: Der Produktionsleiter des Unternehmens arbeitete zuvor für eine Großbäckerei. Dadurch war er es gewöhnt schnell zu produzieren, ein Umstand, der für den Glashersteller von Vorteil ist. „Auch wir müssen nach Auftragseingang sehr schnell liefern“, sagt Gisch – da unterscheide sich ein Brillenhersteller nicht von einer Bäckerei.

Bei all dem ist sich der Mittelständler bewusst, dass er nicht die gleichen Gehälter wie Konzerne zahlen kann. Er versucht daher die Angestellten mit typisch mittelständischen Werten zu halten. „Bei uns können die Mitarbeiter bei Produktinnovationen den ganzen Prozess beobachten – von der ersten Idee bis zur Herstellung – und sich dabei von Anfang an einbringen“, sagt Gisch. Zudem wirbt er mit flachen Hierarchien und einem „modernen Maschinenpark“, der den Mitarbeitern für ihre Arbeiten zur Verfügung steht. Hilft das alles nichts und der Mitarbeiter kehrt dem Unternehmen dennoch den Rücken, muss sich Wetzlich nach einer neuen, oftmals branchenfremden, Fachkraft umschauen.

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