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Personal > Zwischen SChule und WErkbank

Duale Berufsausbildung im Ausland: Bautex bildet Fachkräfte in Russland aus

Was in Deutschland funktioniert, muss auch in Russland klappen? Bei der Einrichtung dualer Ausbildungsgänge in seinem Glasfaser-Unternehmen Bautex stieß Achim Lutter auf einige Widerstände. Über die Jahre gelang deren Abbau.

Für die Innovationskraft und Zukunftsfähigkeit deutscher Unternehmen ist die duale Berufsausbildung junger Leute eine wichtige Basis, um nicht unter dem Fachkräftemangel zu leiden. Auch andere Länder haben das erkannt und bemühen sich, die Berufsausbildung zwischen Schule und Werkbank bei sich umzusetzen. Die Zentralstelle der Bundesregierung für internationale Bildungskooperation (Govet) unterstützt sie dabei. Im Auftrag des Bundesministeriums für Bildung und Forschung berät sie andere Länder bei der Reform ihrer Berufsbildungssysteme. 

Wichtigste Voraussetzung für den Erfolg der dualen Berufsausbildung im Ausland ist die Mitwirkung der Unternehmen vor Ort. Da lokale Unternehmen den Nutzen für sich noch nicht verstünden und daher keine Gelder für die Ausbildung ihrer Mitarbeiter in die Hand nehmen wollten, müssten oft deutsche Unternehmen einspringen, berichtet Achim Lutter, Geschäftsführer des mittelständischen Glasfaserherstellers Bautex.

Seit 2014 bildet sein Unternehmen, das der Deutsche im Jahr 2000 gemeinsam mit einem russischen Partner im russischen Gus Chrustalnyj etwa 200 Kilometer von Moskau gründete, Mechatroniker dual aus. Robotroniker sollen kommendes Jahr als zweites Berufsbild hinzukommen.

Die Glasfasern aus Bautex-Produktion werden unter anderem in Tapeten eingewoben, um sie strapazierfähig und schwer entflammbar zu machen. Auch technische Gewebe, die Dächer, Yachten, Autos, Windmühlenflügen oder Straßen verstärken, stellt der deutsch-russische Mittelständler her. Jährlich erwirtschaftet das Unternehmen 50 Millionen Euro. Ein Drittel der Ware geht in den Export, vor allem nach Deutschland. 

Kosten tragen die teilnehmenden Unternehmen

Über einen Kontakt bei der örtlichen Auslandshandelskammer (AHK) erfuhr Lutter erstmals von der Initiative der deutschen Bundesregierung, ein duales Ausbildungssystem in Russland einzuführen. Zwei der russischen Sprache mächtige Berufsschuldozenten aus Ostdeutschland holte die AHK damals nach Moskau, um künftige Ausbilder der Unternehmen und Berufskolleg-Lehrer inhaltlich und pädagogisch auszubilden.

„Die Ausbildung der Ausbilder ist immer der erste Schritt für die Einrichtung eines dualen Systems“, erklärt Thorsten Schlich, Leiter Kommunikation bei Govet. Politisch stehe davor noch die Entscheidung der nationalen Regierung, welcher Lernort die Erlaubnis erhalte, staatliche Berufsabschlüsse zu vergeben. In der Umgebung von Bautex hatte sich dafür ein Berufskolleg gemeldet, das bereits vorher junge Menschen in technischen Berufen ausgebildet hatte; dort richteten die Verantwortlichen der Initiative Ausbildungslabors für Hydraulik und Pneumatik ein.

Einen Teil der dadurch entstehenden Kosten mussten die zehn – hauptsächlich deutschen – Unternehmer stemmen, die sich als Ausbildungspartner in der Initiative engagierten. Auch die jährlichen Gebühren für die Prüfungen, die gemäß deutscher IHK-Standards in den dualen Berufsschulen durchgeführt werden, sind deswegen höher als in Deutschland, da sie im Ausland nicht gleichermaßen subventioniert sind.

„Bis zu einem gewissen Punkt haben wir dafür Verständnis“, sagt Lutter. „Aber es muss im Rahmen bleiben, damit sich unser Engagement für uns auch rechnet.“ Pro Jahrgang bilden er und seine Mitarbeiter fünf oder sechs Azubis aus, im Wochenwechsel arbeiten sie im Betrieb oder sind in der Berufsschule. 

Junge Leute vor Ort überzeugen

Auch für die Auszubildenden ist der Lernaufwand höher, die duale Ausbildung nach deutschem Vorbild zu absolvieren als die klassisch russische ohne Praxisanteile in Unternehmen. Für die ersten Jahrgänge Bewerber zu finden, fiel daher ihm und den anderen teilnehmenden Unternehmen schwer, berichtet Lutter. „Mittlerweile aber hat sich herumgesprochen, dass man mehr lernt, die Ausbildung besser ist und mehr Jobchancen bietet“, freut er sich. Zudem erhalten Azubis bei Bautex im Unterschied zu ihren Klassenkameraden schon einen Ausbildungslohn. „Wir haben inzwischen mehr Bewerber als freie Ausbildungsstellen.“

Bei der Auswahl der Azubis ist der Bautex-Chef hart, denn er möchte sicher sein, dass die ausgebildeten Jugendlichen im Unternehmen sinnvoll einsetzbar sind und bei Übernahme nach der Ausbildung einen Mehrwert schaffen. Nur dann profitiere Bautex von den Investitionen in die Ausbildung, so der Geschäftsführer. Bis dato ist Lutters Kalkül aufgegangen: Alle vormaligen Azubis arbeiten noch in seinem Betrieb.  

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