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Personal > Fachkräftemangel

Unternehmer wünscht sich eine Reform der Studiengänge in Deutschland

„Die Spezialausbildung erfolgt ohnehin ‚on the Job‘“: Elektro-Thermit-Geschäftsführer Matthias Wewel kritisiert die hohe Zahl sehr spezialisierter Studiengänge. Ob jemand an der Fachhochschule oder der Universität war, ist für ihn hingegen zweitrangig – auch aufgrund des Fachkräftemangels.

Ob die Ausbildung an einer Fachhochschule oder an einer Universität besser zum Job passt, hängt vom Aufgabenprofil ab. „Für eher forschungsorientierte Tätigkeiten werden Sie an der Universität besser ausgebildet“, sagt Matthias Wewel, Geschäftsführer von Elektro-Thermit. Das mittelständische Unternehmen gehört zu einer internationalen Unternehmensgruppe, die sogenannte Kompetenzzentren betreibt, in denen die eigenen Produkte und Lösungen weiterentwickelt werden. „Für anwendungsorientierte Stellen, zum Beispiel in der Produktionstechnik, ist die praxisorientierte Ausbildung an einer Fachhochschule passender. Von einem „besser“ oder „schlechter“ möchte Wewel aber bewusst nicht sprechen. Ob jemand bei Elektro-Thermit Karriere mache, hänge vor allem von dessen Persönlichkeit und Engagement ab. Dazu kommt: In Zeiten des Fachkräftemangels kann sich ohnehin kaum noch ein Mittelständler erlauben, seine Mitarbeiter nach der Alma Mater auszuwählen. „Wir sind froh, wenn wir jemanden finden, der unsere Ansprüche erfüllt und ins Team passt“, sagt Wewel.

Umso wichtiger ist es, dass das Unternehmen zukünftige Mitarbeiter frühzeitig an sich bindet – zum Beispiel durch Abschlussarbeiten, die im Unternehmen geschrieben werden. Die Sachsen-Anhalter arbeiten mit der Fachhochschule Erfurt und der Technischen Hochschule Mittelhessen in Gießen zusammen, aber auch mit der sächsischen Bergakademie Freiberg, einer Technischen Universität (TU). „Mit den Abschlussarbeiten ist oft die Möglichkeit verbunden, dass sich daraus ein Arbeitsverhältnis ergibt“, bestätigt Wewel.

Herr Wewel, Sie haben Ihr Maschinenbaustudium an einer Technischen Universität mit einer Promo­tion abgeschlossen. Würden Sie das heute wieder so machen?
Ja, wahrscheinlich schon. Aber früher waren die Entscheidungen auch einfacher. Wenn man sich für eine Studienrichtung, also zum Beispiel Maschinen­bau, entschieden hat, stand man noch vor der Wahl, ob man zur FH oder zur Uni geht – heute ist das alles viel komplizierter. Da gibt es unglaublich viele verschiedene Maschinenbau-Studiengänge, die alle in eine etwas andere Richtung gehen. Früher war klar, was ein Absolvent nach einem Studium konnte. Heute blickt man da kaum noch durch.

Durch die Bologna-Reform wurden die Studien­gänge in Deutschland in den vergangenen 20 Jah­ren immer spezialisierter. Wäre ein generalistisches Studium besser?
Auf jeden Fall. Bei Elektro-Thermit verdienen wir unser Geld mit aluminothermischem Schwei­ßen. Dieses Verfahren ist so speziell, dass es in kei­nem Studiengang gelehrt wird, obwohl die mittler­weile extrem ausdifferenziert sind. Jede Nische abzu­decken ist im Studium nicht möglich – und meines Erachtens auch nicht nötig. Die akademische Aus­bildung sollte nur das Rüstzeug und Grundlagen­wissen vermitteln. Die Spezialausbildung erfolgt dann ohnehin „on the Job“.

Wie sorgen Sie dafür, dass Absolventen auf Sie aufmerksam werden und sich bei Ihnen bewerben?
Wir arbeiten mit Hochschulen zusammen und sind auch auf Jobmessen und Onlineplattformen präsent. Auch dass wir eines der nicht allzu vielen Unternehmen in der Region sind, das schon seit mehr als 100 Jahren existiert, trägt zu unserer rela­tiven Bekanntheit bei. In Zukunft müssen wir aber noch mehr Öffentlichkeitsarbeit machen – da bin ich mir sicher.

Das 1919 gegründete Unternehmen Elektro-Thermit gehört seit gut 15 Jahren zur Goldschmidt Thermit GmbH. Das Unternehmen aus Halle an der Saale hat sich auf das nahtlose verschweißen von Gleisen spezialisert, das besonders geräusch- und verschleißarm ist. Die Produkte und Dienstleistungen des Unternehmens reichen dabei vom patentierten Schweißverfahren über den Einsatz entsprechender Messtechnik bis hin zum Service vor Ort.

Der Text gehört zum Titelthema der Juniausgabe von „Markt und Mittelstand“. Hier können Sie das Magazin kaufen oder abonnieren.

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