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Personal > Fachkräftemangel

Wie ein Handwerksbetrieb zu Initiativbewerbungen animiert

Durch den Fachkräftemangel entdecken Bewerber und Personaler eine ungeliebte Form der Bewerbung wieder neu für sich: Initiativbewerbungen. Der Mittelständler RSI Blitzschutzsysteme hat gute Erfahrung damit gemacht – der Erfolg fiel ihm aber nicht in den Schoss.

Die Initiativ- oder Blindbewerbung galt lange als Sackgasse. Personalverantwortliche ignorierten sie weitgehend, solange kein absehbarer Personalbedarf bestand. Viele Bewerber standen zudem in dem Ruf im Schnellverfahren mit „copy and paste“ ihre Bewerbungen anzufertigen, ohne sich zuvor auch nur einmal mit dem Unternehmen und dessen Bedarf auseinander gesetzt zu haben. Die Bewerber „verkauften“ sich ihrerseits oft unter Wert, indem sie sich aus Unsicherheit allgemein, statt auf eine konkrete Stelle bewarben. Das Resultat: die Bewerbungen und Bewerber wurden aussortiert, ohne erst zum Vorstellungsgespräch eingeladen worden zu sein. Doch mittlerweile haben beide Seiten dazugelernt.

„Ich bin ein großer Freund von Initiativbewerbungen, weil diese Jobsuchenden oft eine Extraportion Motivation mitbringen“, sagt Maike Sippmann, Personalreferentin von RSI Blitzschutzsysteme. Der mittelständische Handwerksbetrieb aus Bensheim ist ausschließlich im B2B-Geschäft tätig, zum Beispiel für Facility Management-Firmen – und leidet nach eigenen Angaben „sehr stark“ unter dem Fachkräftemangel.

Kein klassisches erstes Bewerbungsgespräch

Sippmann selbst kam zwar nicht durch eine Blindbewerbung zu ihrem Arbeitgeber, doch sie trieb das Thema voran, als sie vor knapp einem Jahr ihre Stelle antrat. „Gerade als kleiner Betrieb muss man Präsenz zeigen“, ist sie überzeugt. „Entscheidend ist, Bewerbungen nicht ins Leere laufen zu lassen.“ Über den Personalbereich auf der Unternehmenswebseite können Kandidaten ihre Bewerbung hochladen, etwa jede zehnte davon kommt heute ohne dazugehörige Stellenausschreibung auf den Tisch von Sippmann – vor allem für kaufmännische Stellen.

Dann läuft ein standardisierter Prozess an: Den Eingang von unaufgefordert eingeschickten Bewerbungen bestätigt Maike Sippmann innerhalb von ein bis zwei Tagen, bei Interesse gibt sie ein regelmäßiges Feedback zum Status quo. Besteht akuter Personalbedarf und scheint der Bewerber qualifiziert, lädt Sippmann ihn ein.

Im vergangenen Jahr fand ein solches Treffen erstmals nicht im Rahmen eines normalen Bewerbungsgesprächs statt. Stattdessen wurde eine Handvoll Kandidaten zu einer Betriebsversammlung eingeladen, in deren Umfeld das erste Kennenlernen stattfinden sollte. „In einer solchen Situation kann man schon abschätzen, wie kommunikativ und offen jemand ist“, erzählt die 28-Jährige. Und es trennt sich schnell die Spreu vom Weizen, was die Motivation angeht. „Von fünf Bewerbern, die wir eingeladen hatten, kam am Ende nur eine Interessentin, aber die haben wir tatsächlich im Innendienst eingestellt“, erzählt die Personalreferentin.

Einsatzorte und „Druckergymnastik“ auf Instagram

Besteht kein akuter Personalbedarf, wandern die Bewerbungen keineswegs in den Müll. Vielmehr gibt es einen Talentpool, in dem sich das Unternehmen vielversprechende Bewerber für kurzfristige Bedarf warm hält. Durchschnittlich rund zehn Personen befinden sich darin, sagt Sippmann. Habe das Unternehmen auf Dauer selbst keinen Bedarf, reicht es die Unterlagen mit Einwilligung des Bewerbers an die anderen Mitglieder eines Personalnetzwerkes weiter.

Allgemeinen für Bewerbungen und speziell bei Initiativbewerbungen spielt das Employer-Branding eine Rolle, also, die positive Darstellung des Unternehmens nach außen. Dafür ist Dank der sozialen Medien keine großes Marketingbudget mehr notwendig. RSI Blitzschutzsysteme beschäftigt 50 Mitarbeiter, setzt rund fünf Millionen Euro im Jahr um und gilt damit als kleines Unternehmen.

Dennoch betreibt der Betrieb eigene Kanäle auf Instagram, Facebook und Youtube, in denen es interessante und manchmal auch lustige Einblicke gewährt. „Wir sind ein sehr offener und fröhlicher Haufen“, beschreibt Maike Sippmann das Betriebsklima und die Firmenkultur. Am häufigsten postet das Unternehmen, in welcher Stadt die bundesweit tätigen Monteure gerade unterwegs sind, aber auch der neue Dienstwagen findet Erwähnung und bei der „Druckergymnastik“ kann man den Mitarbeitern zusehen.

Bei dem Bensheimer Unternehmen sind auch Initiativbewerbungen für Führungskräfte gerne gesehen – sind aber noch eine große Ausnahme. „Das ist im Mittelstand noch sehr unüblich, deshalb sehen wir uns in diesem Bereich als Vorreiter“, sagt Sippmann und ergänzt: „Bewerber sollten diese Chance stärker nutzen, dazu kann ich die Kandidaten nur ermuntern.“

So klappt’s mit Initiativbewerbungen

  • Erwähnen Sie auf Ihrer Website, dass Initiativbewerbungen willkommen sind. Darüber hinaus sollten Unternehmen in der Öffentlichkeit präsent sein, zum Beispiel in den sozialen Medien oder über Werbung. Auch Vorträge an Universitäten oder in Schulen erhöhen Visibilität und Reichweite.
  • Machen Sie es dem Bewerber leicht, und sagen Sie ihm, was in der Initiativbewerbung stehen soll. Fordern Sie ihn auch auf, seine eigene Stärken und Geschäftsentwicklungsideen konkret zu benennen.
  • Geben Sie eine E-Mail-Adresse und einen konkreten Ansprechpartner an. Stellen Sie sicher, dass der Bewerber schnell eine Rückmeldung und gegebenenfalls ein regelmäßiges Feedback bekommt, wenn es länger dauert. Initiativbewerbungen, die ins Leere laufen, sind keine gute Werbung.
  • Falls Sie keinen aktuellen Bedarf haben, legen Sie einen Talentpool an (vorher unbedingt die Zustimmung des Bewerbers einholen!) und laden Sie den potentiellen zukünftigen Mitarbeiter zu Betriebsveranstaltungen ein, damit er den Betrieb schon einmal kennenlernen kann.
  • Wägen Sie bei Initiativbewerbungen auch ab, ob es sinnvoll sein kann, mit einem fähigen Bewerber eine neue Abteilung oder einen neuen Geschäftszweig aufzubauen. Daraus können sich attraktive unternehmerische Wachstumschancen ergeben.

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