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Führungsrolle statt Fettnäpfchen: Worauf Frauen im Wettbewerb um Führungspositionen achten sollten

Wer als Frau Karriere machen will, braucht mehr als eine Quotenregelung für Führungspositionen. Ein überzeugender Auftritt im Bewerbungsgespräch ist die Grundvoraussetzung, um weiterzukommen.

Es gibt sie, die heimlichen Stolperfallen im Bewerbungsgespräch für die nächste Karrierestufe. Und Frauen performen hier oft schwächer als ihre männlichen Kollegen, weil es ihnen häufig an Selbstsicherheit und Klarheit mangelt. Um aus dem ersten Kennenlernen spätere gemeinsame Erfolge werden zu lassen, braucht es deshalb als Bewerberin mehr als exzellentes Fachwissen, um zu überzeugen.

Was Körpersprache, Stimme und Lachen verraten

Es sind oft Kleinigkeiten im Auftreten, die PersonalberaterInnen oder HR-ManagerInnen aufmerksam registrieren und ihre Schlüsse daraus ziehen. Schon die Art, wie Sie den Raum betreten – ob Sie entschlossen und aufrecht gehen oder eher zögerlich und nach vorn gebeugt –, spricht Bände für den Kennerblick. Sitzen Sie anschließend steif auf der Stuhlkante, wirken Sie aufgeregt. Lehnen Sie sich allzu lässig im Sessel zurück, kommen Zweifel an Ihrer Ernsthaftigkeit auf. Legen Sie die Hände in den Schoß und drehen Ihren Oberkörper leicht zurück, signalisieren Sie: Ich ecke nicht gerne an, sondern bin zurückhaltend.

Das ist jedoch für Positionen mit Führungsverantwortung ein K.O.-Kriterium. Hier sind "klare Kante" und die Bereitschaft, auch unliebsame Entscheidungen zu treffen, unverzichtbar. Gerade bei unangenehmen Fragen, die Ihnen gestellt werden, sollten Sie nicht im wahrsten Sinne des Wortes einknicken, sondern mit dem Körper selbstbewusst nach vorne gehen. Auch Ihre Stimme verrät Unsicherheiten – nämlich dann, wenn sie hoch und dünn klingt. Achten Sie darauf, lang und tief in den Bauch zu atmen und Ihre Stimme zu erden. Wer "piepst", wird nicht ernstgenommen. Und verzichten Sie darauf, Gesagtes mit einem Lachen zu kommentieren, wenn Ihr Gegenüber nicht ausdrücklich mit einem Scherz darauf abzielt. Denn sonst könnte man Ihnen häufiges Lachen auch als Unsicherheit auslegen.

Nebensätze sind alles andere als nebensächlich

Wer seine Ausführungen mit einem einleitenden Satz wie "Ich bin mir nicht sicher, ob es angemessen ist, dass jetzt so zu sagen, aber…" beginnt, hat schon verloren. Denn solche Sätze tragen die mangelnde Selbstsicherheit auf dem Silbertablett daher. Auch wer als Frau meint, er müsste ausführlich darlegen, wie sie Job und Familie unter einen Hut bekommt, irrt. Kurz und knapp auf den Punkt gebracht reicht die Botschaft: "Ich habe alles im Griff. Ein krankes Kind hindert mich nicht daran, meinen Job zu machen." Je mehr Lamento, desto größer der Argwohn, dass die Vereinbarkeit eine große Herausforderung ist. Auf die Wortwahl kommt es übrigens auch beim Herausstellen eigener Erfolge an – ein Feld, dass Frauen im Vergleich zu ihren männlichen Kollegen bislang nur unzulänglich bestellen. Denn sie tendieren dazu, ihr Licht unter den Scheffel zu stellen und Erfolge zu relativieren. Aus dem Munde einer Frau ist eher zu hören: "Das verdanke ich vor allem meinem Team." oder "Dabei hat mich natürlich mein Vorgesetzter unterstützt." oder "Da hatten wir Glück." als ein klares "Die Gewinnsteigerung ist mir gelungen, weil ich…" oder "Nachdem ich das Team neu strukturiert hatte, konnten wir …".

Fragen gekonnt parieren – und mit eigenen Fragen wichtige Einblicke gewinnen

Wenn Sie nach der berühmten Belastbarkeit gefragt werden, sollten Sie nicht um den heißen Brei reden, sondern konkrete Beispiele aus Ihrem bisherigen Tun liefern, wie Sie herausfordernde Situationen erfolgreich gemeistert haben. Wie sind Sie zum Beispiel mit dem Non-Performer im Team umgegangen? Gehen Sie dabei nicht in die Rechtfertigung, sondern verschaffen Sie sich bei kritischen Fragen Respekt durch Ihre Art des Antwortens. Sie dürfen provokante Fragen auch selbstbewusst parieren mit "Ich bin mir nicht sicher, ob Sie das einen männlichen Bewerber jetzt auch gefragt hätten, aber gern antworte ich Ihnen." Auch Sie dürfen Fragen stellen, zum Beispiel nach der Art der Frauenförderung im Unternehmen. Die Antwort erlaubt Ihnen Rückschlüsse darauf, welche Unternehmenskultur hier vorherrscht und ob Sie dieselbe Wertschätzung erfahren werden wie männliche Kollegen. Und während diese als Bewerber von allein nach der Höhe des Gehalts fragen, sprechen Frauen dieses Thema in der Regel nicht selbst an.

Schluss damit! Seien Sie sich vor Beginn des Gesprächs ebenso über Ihren Wert im Klaren wie über das Gehaltsgefüge im Unternehmen. Das bedeutet auch: Wird Ihnen ein Gehalt genannt, dann gilt es zu verhandeln, auch wenn Ihnen das vielleicht nicht liegt. Denn noch immer verdienen Frauen im Durchschnitt auf Führungspositionen zwischen zehn und 20 Prozent weniger als männliche Kollegen bei vergleichbaren Anforderungen. Hier den Hebel in die richtige Richtung zu bewegen, liegt in der Hand der Bewerberin. Dazu gehören ein bisschen Mut und die Bereitschaft, die Verhandlungskonfrontation auszuhalten. Wer danach mit dem Lohn des Mutes Morgenluft schnuppert und im weiteren Verlauf gar nach Positionen im Topmanagement strebt, dem sei geraten, sich mit den stillen Standeszeichen der obersten Führungsriege vertraut zu machen.

Die Macht von Dresscode, Habitus und weiteren Standeszeichen

Es gibt Dinge, die in keinem Leitfaden für Bewerbungsgespräche stehen und dennoch erheblich dazu beitragen, ob Personalverantwortliche sich für oder gegen eine Bewerberin für eine Spitzenposition entscheiden. Vermitteln Sie ein natürliches Selbstbewusstsein ohne Arroganz, die auf der Selbstgewissheit beruht, bereits dort zu sein, wo Sie hinwollen oder wirken Sie eher so, als würden Sie sich verkrampft darum bemühen, Ihrem angestrebten Platz in der Führungsetage gerecht werden zu wollen? Es geht um ein Zusammenspiel mehrerer Faktoren: Tonfall, Gesten und Körpersprache, Kleidung und Schmuck, Umgangsformen und, last but not least, die Weltanschauung. In Summe vermitteln Sie damit oft unbewusst Ihrem Gegenüber, ob Sie in Ihrer Lebensweise und Ihren Wertvorstellungen dem vorherrschenden Habitus der Chefetage entsprechen können und als neues Mitglied der Führungsriege dazu passen, oder eben nicht. Je besser Sie mit dem Dress- und Verhaltenscode derer vertraut sind, zu denen Sie sich künftig zählen möchten, umso größer die Chance, wirklich dorthin zu gelangen. Gemeinsame Standeszeichen schaffen Vertrauen – insbesondere dann, wenn Sie Ihr Können noch nicht unter Beweis stellen konnten.

Über Claudia E. Gschwind

Claudia E. Gschwind ist Gründerin und Geschäftsführende Gesellschafterin der HealthCorp Partners GmbH sowie Vorsitzende des Verwaltungsrats der HealthCorp Partners AG in der Schweiz. Sie begann ihre berufliche Laufbahn als Leiterin des Personalbereichs eines internationalen Healthcare-Unternehmens und war danach als Leiterin der Personal- und Rechtsbereiche eines mittelständischen Arzneimittelherstellers tätig. Bevor sie HealthCorp Partners gründete, arbeitete sie als Senior Consultant für eine internationale Managementberatung. Claudia E. Gschwind studierte Betriebswirtschaftslehre sowie Arbeits- und Organisationspsychologie an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Heute berät sie vor allem führende Unternehmen der Gesundheitsindustrie bei der Besetzung von Top-Positionen und in Fragen der Personalstrategie. Sie engagiert sich in unterschiedlichen Expertennetzwerken rund um Fragen der Führung und des Personalmanagements in der Gesundheitsindustrie. U.a. beim Businessnetzwerk Healthcare Frauen e.V. als Beirätin für Gesundheitspolitik.

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