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Fußball-WM Brasilien 2014 - Let the games begin

Brasilien gewann das Double. 2014 wird in dem südamerikanischen Staat die Fußball-WM angepfiffen, 2016 in Rio das olympische Feuer entfacht. Projekte von über 40 Milliarden Euro sind geplant. Nur ein kleiner Teil davon wird der deutsche Mittelstand erhalten. Trotzdem lohnt es sich genau hinzusehen.

Der Mittelstand kann auch ohne große Aufträge von der WM in Brasilien profitieren

Selbst die sportbegeisterten Brasilianer sind skeptisch, was sie von der Fußball-Weltmeisterschaft 2014 und den Olympischen Spielen 2016 in ihrem Land halten sollen. „Wir sind noch nicht soweit“, sagen sie ganz uneitel. Das südamerikanische Land hat sich mit den beiden Sportevents viel vorgenommen. Dies zeigt schon die Investitionssumme. Über 40 Milliarden Euro sollen in den kommenden vier bis sechs Jahren für Stadien, Straßen, Züge und IT-Systeme verbaut und investiert werden. Kann der deutsche Mittelstand von den Projekten über dem Atlantik profitieren?

Was wird benötigt?

Klar, für Sportveranstaltungen werden zunächst für die Sportler neue Stadien benötigt, neue Straßen, Züge, Flüge- und Seehäfen für die Zuschauer, Sicherheitstechnik und Zugangskontrollen für den reibungslosen Ablauf und neue IT-Systeme, um die Events zu koordinieren. Großaufträge winken den Großkonzernen. Hauke Moje, Brasilienexperte des Beratungsunternehmens Roland Berger erklärt, warum deutsche Mittelständler bei den öffentlichen Ausschreibungsverfahren kaum eine Chance haben dürften. „Deutsche Mittelständler haben nicht die Spezifikation und die finanziellen Mittel für einen öffentlich ausgeschrieben Auftrag wie den Bau eines kompletten Stadions oder einer U-Bahn.“ Da Brasilien beispielsweise mit den Baukonzernen Odebrecht und Camargo Corrêa über eine ausgewachsene Bauindustrie verfügt, werden auch deutsche Baukonzerne als Generalunternehmer nur schwer zum Zuge kommen.

Die Nische ist die Stärke des deutschen Mittelstands, hier liegt in Brasilien die Chance. Verseidag, ein Rohstoffhersteller für Stadiondächer, rechnet sich deshalb gute Chancen aus, Aufträge aus Brasilien zu erhalten. „Wir haben Rohmaterialien für die WM in Italien, Deutschland und Südafrika zugeliefert“, erklärt Verkaufschef Andreas Wilhelm. Wilhelm beschreibt, dass sein Unternehmen nicht über öffentliche Ausschreibungen Aufträge gewinnt. „Stehen die Generalunternehmen fest, treten wir direkt an diese heran, präsentieren unsere Produkte und unsere Erfahrungen“, erklärt er. Verseidag ist schon lange im Stadiongeschäft tätig und kennt daher das Vorgehen sowie die Gepflogenheiten der Branche. Seit kurzem ist das Unternehmen außerdem mit einer eigenen Niederlassung in Brasilien aktiv. Die Branchen- und Marktkenntnisse des Unternehmens sind gute Voraussetzungen, um einen Auftrag zu erhalten. Wie kann jedoch ein Mittelständler ohne eine ähnliche Firmengeschichte Verträge im Rahmen der Sportveranstaltungen abschließen?

Aufträge akquirieren

Egal, wen man fragt, es herrscht Einigkeit: ohne brasilianischen Partner ist es schwierig oder nahezu unmöglich. Die einfachste, flexibelste und schnellste Form ist es ein Mittelsmann vor Ort zu suchen. Größere Mittelständler mit größeren Auftragsvolumina sollten sich in Brasilien ein eigenes Vertriebsteam aus einheimischen Mitarbeitern und Expads zusammenstellen. Der Erfolg steht und fällt mit den richtigen Mitarbeitern. Diese müssen in der Branche über ein breites Netzwerk verfügen, den Umgang und die Sprache des Marktes sprechen und das Produkt präsentieren können. „Brasilien ist kein leichtes Land für den Export“, erklärt Peter Rösler, stellvertretender Geschäftsführer des Lateinamerika Vereins in Hamburg. Mindestens zwei Wochen sollten Mittelständler für eine Reise mit den Vertriebspartner in Brasilien einrechnen. Die richtigen Vertriebler im fernen Brasilien zu finden, ist schwierig. Bei der Vermittlung und Auswahl können deutsch-brasilianische Kooperationsverbände (siehe Projektsteckbrief) behilflich sein.

Einen weiteren Weg an den Spielen zu partizipieren, sieht Moje in Kooperationsclustern. „Mittelständler, beispielweise aus der Sicherheitsbranche, haben geringe Chancen, wenn sie als Einzelkämpfer auftreten“, sagt er. Schließen sich mehrere KMUs allerdings zusammen und präsentieren den Generalunternehmen eine fertige Komplettlösung, würden die Chancen deutlich steigen.

Großes Volumen

Mit rund 40 Milliarden Euro ist das Auftragsvolumen sehr hoch. Brasilien ist aber fern. Experten schätzen, dass an deutsche Unternehmen Aufträge im Wert von rund 2 Milliarden Euro vergeben werden. Das Volumen für den Mittelstand wird voraussichtlich im 250 bis 350-Millionen-Euro-Bereich liegen. Besonders interessant dürften für deutsche Mittelständler Aufträge aus dem Bereich Sicherheitstechnik und Sicherheitsdienstleistungen, Logistik, Zutrittskontrolle, Überwachungs- und Beleuchtungssysteme, Stromversorgung und Energie sein.

Herunter gerechnet ist das Stück von der großen Sportevent-Torte für deutsche Mittelständler recht klein. Und doch verbirgt sich hinter den Spielen ein Chance für den Mittelstand. Brasilien gilt als Jumping-Tiger in Südamerika. Studien prognostizieren, dass das Land in den nächsten 20 Jahren wirtschaftlich Frankreich und das Vereinigte Königreich überholen und sich zu einem der fünf größten Wirtschaftsregionen entwickeln wird. Bedingt durch die beiden Großevents öffnet sich in Brasilien zurzeit ein Fenster, das es Unternehmen erlaubt, sich relativ einfach zu positionieren und durch Mitarbeit an den Großevents für weitere Aufträge in einem Wachstumsmarkt zu empfehlen. „Aktuell ist beste Zeit auf dem brasilianischen Markt seinen Fußabdruck zu hinterlassen“, erklärt Moje. Verseidag hat diese Chance schon erkannt. Die Mitarbeiter an den Spielen kann so zur Visitenkarte für künftige Aufträge im Wachstumsmarkt Brasilien werden.

Bildquelle: istock