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Gehälter öffentlich machen? Vorsicht!

Ein Mittelständler veröffentlich, was seine Mitarbeitenden verdienen. Ein mutiger und sehr ungewöhnlicher Schritt. Aber ist er auch richtig? Es gibt Gründe dafür und dagegen. Eine Abwägung.

Ein Mittelständler veröffentlicht Mitarbeitergehälter: Vor - und Nachteile der GehaltstransparenzBild: Shutterstock

Nachhaltigkeit ist weitaus mehr als ökologisch zu handeln. ESG bedeutet für Unternehmen eben auch, soziale Aspekte und Governance zu beachten. Für Firmen wird dies immer wichtiger, das Verlangen nach mehr Transparenz wächst. Ein schönes Beispiel, wie kompliziert das sein kann, liefert dieser Tage Innogame.

Der Spiele-Entwickler aus Hamburg veröffentlicht die Gehälter, um genau zu sein Gehaltsspannen seiner 430 Mitarbeitenden und erregte damit nennenswert Aufmerksamkeit. Schließlich gehen Mittelständler mit solchen Zahlen in der Regel nicht in die Öffentlichkeit. Ein Grund für die Transparenzoffensive sei laut eigener Aussage, dass es ein Schritt zu mehr Diversität darstellt: Equal Pay, also die finanzielle Gleichbehandlung von Frauen und Männern, erfordert eine Vergleichbarkeit der Gehälter. Ein zweiter Grund ist, dass Innogame auch talentierte Entwickler aus dem Ausland anwerben möchte. Und in einigen Ländern, vor allem Osteuropas, ist es üblich, dass zur Stellenausschreibung auch Gehälter veröffentlich werden. Wer das nicht tut, hat unter Umständen Nachteile.

Doch es gibt auch Argumente gegen das Veröffentlichen von Gehaltsspannen. Allemal sind einige Dinge zu beachten: Erstens sagen die Zahlen wenig aus, wenn die Spanne zu groß ist. Zweitens können das Gehaltsgefüge so unnötig unflexibel geraten. Drittens ist es nur dann gerecht, allen für die gleiche Arbeit dasselbe zu bezahlen, wenn sie die Aufgaben mit einem sehr ähnlichen Zeitaufwand sowie Qualitätsstandard erledigen.  

Viertens gibt es diverse weitere Retention-Maßnahmen, die Unternehmen aber sehr unterschiedlich gewähren. Mal abgesehen von verschiedenen Bonus- oder Beteiligungsoptionen sind das vor allem die finanzäquivalenten Maßnahmen: Dienstwagen, Weiterbildungsmaßnahmen oder schöne Firmenfeiern. Hier gibt es je nach Unternehmen erhebliche Unterschiede, die womöglich untergehen, wenn nur das Grundgehalt betrachtet wird.

Nicht zuletzt achten insbesondere junge Angestellte immer häufiger auf nicht finanzielle Anreize wie Flexibilität von Arbeitszeit und Arbeitsort. Oder wie die Kultur in einem Unternehmen ist: Wertschätzung durch Führungskräfte, Aufstiegsmöglichkeiten und Purpose. Das alles ist aber nur sehr schwer quantifizierbar.

Jedes Unternehmen muss also Vor- und Nachteile dieser Gehaltstransparenz abwägen. So oder so steht vor der Veröffentlichung die Harmonisierung an, also ein durchaus komplexer interner Vorgang. Wer nachhaltig agieren möchte, sollte diese Schritte allemal gehen. Was man dann im Einzelnen veröffentlicht, ist ja eine andere Frage.

Im Kampf um Talente sollte gerade Mittelständlern klar sein: Es kann rasch passieren, dass die Konkurrenz schneller ist und genau die Talente auf diesem Weg überzeugt, die man selbst gern gehabt hätte. Also sollten sie die entsprechenden internen Schritte und Entscheidungen nicht auf die lange Bank schieben.

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