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Personal > Serie Bürokratie

Gelesen, gelacht gelocht: Unterschiede bei Entsenderichtlinie nerven

Nationale Regierungen verschärfen die EU-Vorgaben unnötig, kritisiert die Stiftung Familienunternehmen. Sie verschlimmbessern das, was ohnehin schon detailliert genug aus Brüssel kommt.

Bis zur europäischen Regelungseinheitlichkeit ist es auch für Unternehmen noch ein weiter Weg. Er ließe sich erheblich verkürzen, wenn detailverliebte Bürokraten das große Ganze im Blick hätten. So liegt der Entsenderichtlinie eine vernünftige Idee zugrunde. Vor allem aus Sicht der Arbeitnehmer: Sie soll sicherstellen, dass Bürger der EU überall zu vergleichbaren Bedingungen arbeiten können und sozialversichert sind. Das gilt auch für Mitarbeiter, die von Firmen ins europäische Ausland geschickt werden, etwa zur Montage oder für Fachkräfte, die längerfristig entsandt werden.  „Doch die Gesetzgeber in den Mitgliedsstaaten träufeln lähmenden Bürokratismus in diesen dynamischen Prozess“, kritisierte Rainer Kirchdörfer. Der Vorstand der Stiftung Familienunternehmen hat dazu eine Studie in Auftrag gegeben. Sie analysiert, wie die Verwaltungen in Deutschland, Österreich, Frankreich und Italien die EU-Richtlinie umsetzen. Das ärgerliche Ergebnis: Deutschland, Österreich, Frankreich und Italien stellen an die Unternehmen noch mehr Anforderungen. Man könnte auch sagen, sie verschlimmbessern. Das erschwert Unternehmen das Leben statt es zu erleichtern, so die Forscher des beauftragten Basler Prognos-Instituts und des Centrums für Europäische Politik in Freiburg.

 

Mehr Kontrolle erwünscht

 

Das EU-Recht sieht vor, dass Mitgliedstaaten Verwaltungsvorgaben machen und Kontrollmaßnahmen erlassen dürfen, um die Einhaltung des EU-Entsenderechts besser überwachen zu können. Das EU-Recht sieht nur einen Mindeststandard vor. Arbeitgeber und Zeitarbeitsunternehmen sind verpflichtet, den nationalen Behörden Auskunft zu erteilen: Welcher Arbeitgeber entsendet oder überlässt voraussichtlich wie viele Mitarbeiter für welchen Zeitraum?  Dazu gehören auch die Anschrift des Arbeitsplatzes sowie die Angabe, welche Dienstleistungen die Mitarbeiter im Ausland erbringen sollen. Auch Arbeitsvertrag, Lohnzettel, detaillierte Arbeitszeitnachweise und Ansprechpartner für Rückfragen müssen der Kontrollbehörde übersetzt vorgelegt werden.

Nationale Extrawürste

 

Jeder der vier Mitgliedstaaten verlangt jedoch verschiedene weitere Angaben. In Österreich und Frankreich sind es die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Dienstleisters, die Anschrift, die Staatsangehörigkeit sowie die Tätigkeit des entsandten Arbeitnehmers. Frankreich und Italien verlangen darüber hinaus den Geburtsort, während Österreich, Deutschland und Italien die Anschrift der Kontaktperson abfragen. Deutschland verlangt das Geburtsdatum des Ansprechpartners,  Österreich die Sozialversicherungsnummer des entsandten Arbeitnehmers. Das ist aber noch nicht alles. In Deutschland möchten Behörden gerne für Schicht- bzw. Nachtarbeiter die genauen Arbeitszeiten, aufgeschlüsselt nach den einzelnen Arbeitstagen wissen. Frankreich fordert 14 zusätzliche Informationen oder Dokumente, von denen in der Brüsseler Direktive gar nicht die Rede ist, darunter zur Unterbringung und ein Gesundheitszeugnis. Auch die Optionen zur Befreiungen von einzelnen Angaben sind von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat völlig unterschiedlich.

 

So ginge es besser:

 

Die Wissenschaftler identifizieren und belegen detailreich vor allem folgende Probleme:

  • Unternehmen verlieren viel Zeit bei der Einhaltung der Vorgaben. Das variiert von 66 Minuten in Österreich und Deutschland bis zu 80 Minuten in Frankreich. Italiener brauchen 71 Minuten.
  • Die Vorbereitung einer Anmeldung kann von sechs Stunden bis zu zweieinhalb Werktage dauern. Die Unternehmen sind von der Vielzahl nationaler Bestimmungen tendenziell überfordert, etwa bei der  Ermittlung geltender Befreiungen in Deutschland oder der Durchsicht von über 800 einzelnen Tarifverträgen in Österreich.
  • Die Sprachbarrieren sind hoch.
  • Viele Unternehmen lagern diese Arbeit deshalb an spezialisierte Unternehmen aus. Das treibt die Kosten weiter.
  • Die Anmeldung im Gastland verursacht bei den ausländischen Unternehmen regulatorische und finanziellen Belastungen. Damit fehlt den aufnehmenden Staaten der Anreiz, schlanke Dienstleistungen anzubieten.
  • Die Benutzerfreundlichkeit der Online-Portale zur Anmeldung ist höchst unterschiedlich.


Die vollständige Auswertung gibt es hier: https://www.familienunternehmen.de/media/public/pdf/publikationen-studien/studien/Buerokratiekosten_2_Zusammenfassung_Entsenderichtlinie.pdf

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