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Griechenland helfen

Die Griechen sind nun mal keine Deutschen. Da kann man noch so lange eine Wirtschafts-Germanisierung Griechenlands herbeizetern, es wird nicht passieren. Höchste Zeit, die Strategie zu ändern.

Angela Merkel sollte aufhören, den Kajo Neukirchen zu geben. Sie hat ja recht mit ihrer Analyse: Solange die griechische Wirtschaft nicht wettbewerbsfähig ist, wird es nie was werden mit einem ausgeglichenen Haushalt. Und weil in Euro-Zeiten ein Land nicht mehr einfach abwerten kann, muss Griechenland auf die harte Tour runter bei den Ausgaben und rauf bei der Produktivität. So hat es Deutschland gemacht, so sollten es die anderen machen.

Wollen sie aber nicht, und darum haben die Griechen am Sonntag ihre bisherigen Sanierer vor die Tür gesetzt. Darüber können wir uns jetzt ärgern und versuchen, den Druck weiter zu erhöhen. Oder einfach mal einsehen, dass das griechische Problem nur auf griechisch gelöst werden kann.

Hören wir also endlich mal auf mit dem Griechen-Bashing. Man kann einen Fettwanst auslachen, beschimpfen oder bemitleiden, weil er immer der Letzte im 100m-Lauf ist. Man kann ihn auf Null-Diät setzen und einen Trainingsplan verordnen, wie es logisch wäre. Aber im Ernst: Wie viele erfolgreiche Sprinter kennen Sie, die mal fett waren?

Sumo statt Sprint

Aber wie viele erfolgreiche Sumokämpfer haben Übergewicht? Hören wir auf, den Dicken zum Sprinter machen zu wollen und helfen ihm lieber dabei, Sumoringer zu werden. Vielleicht ist der Sport nicht ganz so spannend. Aber entscheidend ist, die eigenen Stärken zu entdecken und für sich zu nutzen.

Die Briten haben aus der Not auch eine Tugend gemacht. Jeder, der schon einmal ein britisches Haus betreten hat oder einen Jaguar gefahren ist, weiß, dass die Briten nicht gerade Qualitätsfanatiker in der Produktion sind. Dafür haben sie im Finanzsektor Europa erobert. Machen wir uns die Mühe und schauen, welche Disziplin die richtige für Griechenland ist. Solar? Touristik? Bio-Landwirtschaft? Schifffahrt? Neue Technologien? Die Wirtschaftsreise mit 60 deutschen Unternehmern nach Griechenland war eine der wenigen guten Ideen von Rösler. Leider ist das schon wieder ein halbes Jahr her.

Aber man konnte genau erkennen, wo Potentiale vermutet werden. Wenn wir schon zig Millionen für Griechenlandhilfen (die am Ende vor allem denen helfen, die blind in griechische Staatsanleihen investiert haben) ausgeben, dann nehmen wir doch bitte auch (besser: stattdessen) Geld in die Hand, neue Wirtschaftschancen anzukurbeln. Also: Her mit Unterstützung von F&E, her mit Risikokapital, her mit Investitionen in Produktionsstätten. Es geht hier tatsächlich um eine Art Marschallplan – aber eben anders als es Hollande & andere Staatsgläubige gern hätten – nicht in den Staat, sondern für die Privatwirtschaft. Bislang gibt es in Griechenland fast nur Kleinstbetriebe, die in Deutschland kaum den Namen Mittelständler verdient hätten.

Schwache Gewerkschaften

Die Voraussetzungen wären zumindest auch in punkto Gewerkschaften gut. Der gewerkschaftliche Organisationsgrad in der Privatwirtschaft ist gering, seit den Achtzigerjahren hat er sich halbiert. Vernünftige Lohnstrukturen könnten hier leichter durchgesetzt werden.

Natürlich sind Investitionen nur eine Seite der Medaille. Sie müssen an harte Forderungen geknüpft sein, die aber nicht von der Mehrheit der Bevölkerung schmerzhafte Einschnitte verlangen. Vor allem müssen die juristischen Voraussetzungen für Investitionssicherheit verbessert werden. Dagegen werden Lobbyisten angehen, aber hier ließe sich öffentlicher Druck durch die arbeitslosen jungen Griechen aufbauen. Wenn die Griechen sehen, dass sie nicht alleingelassen werden, dass man an sie glaubt und dass man ihre Stärken schätzt, dass sie eine realistische Perspektive haben, werden sie eher zu Zugeständnissen bereit sein.

Hier müssten Politik und Wirtschaft enger zusammenrücken: Merkel & Co versuchen auf der politischen Ebene die regulatorische Weichenstellung in Griechenland zu erreichen; gleichzeitig sollten Anreize für den Privatsektor (beispielsweise mit Unterstützung staatlicher Gelder) inner- und außerhalb Griechenlands für Investitionen gegeben werden.

Wird das Griechenland allein retten? Nein, aber je stärker und schneller nachhaltige Perspektiven aufgezeigt werden, desto eher wird Griechenland mitziehen. Und nur das verspricht, dass Griechenland wirklich wieder auf die Beine kommt.

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