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Pelzige Personalpolitik: Warum der Bürohund längst im Recruiting angekommen ist

| Markt und Mittelstand Redaktion

Bürohunde sind mehr als süß: Sie fördern Gesundheit, Teamgeist und werden zum Wettbewerbsvorteil im Kampf um Fachkräfte.

Bürohund mitten im Meeting
Ob Schnauze oder Strategie: Der Bürohund wird zum neuen Benefit im Employer Branding – zwischen Napf und New Work. (Foto: shutterstock)

Hunde im Büro: Zwischen Teamgeist und tierischem Tumult

In immer mehr Unternehmen gehören Bürohunde zum Alltag. Manche schnarchen unter dem Schreibtisch, andere apportieren Tennisbälle aus dem Besprechungsraum. Was für manche wie eine charmante Randnotiz der New-Work-Kultur klingt, ist in Wahrheit ein tiefer Eingriff in Arbeitsklima, Produktivität – und rechtliche Grauzonen.

Mit dem Homeoffice-Boom während der Pandemie und der wachsenden Zahl an Haustieren hat sich der Arbeitsplatz verändert – nicht nur technisch, sondern auch biologisch. Ein Fünftel der Haushalte hat sich während der Lockdowns ein Tier angeschafft, viele davon Hunde. Und wer nicht mehr den ganzen Tag zu Hause arbeitet, bringt den Vierbeiner kurzerhand mit zur Arbeit.

Doch wie viel Hund verträgt das Büro? Die Antwort darauf ist komplexer, als es der Blick auf Instagram-Profile mit Bürohunden vermuten lässt.

Feelgood mit Strategie: Wenn der Hund zum Arbeitgebervorteil wird

Der Bürohund ist nicht mehr bloß ein Symbol für Lockerheit oder Start-up-Flair. Inzwischen ist er zu einem echten Recruiting-Argument geworden – sichtbar in den Zahlen: Zwischen Januar und Juli 2024 wurde der Begriff „Bürohund“ in rund 9.100 Stellenanzeigen genannt. Das zeigt eine Auswertung der Berliner Personalmarktforschung Index Research. Vor allem in Anzeigen für Fachkräfte im Finanz- und Rechnungswesen war der vierbeinige Kollege gefragt – mit über 2.100 Nennungen.

Was früher als Nebenwirkung von Unternehmenskultur galt, wird heute gezielt als Benefit platziert. Im Vergleich zum Vorjahr entspricht das einer Steigerung von fast 34 Prozent. Dahinter steckt nicht nur Tierliebe, sondern vor allem strategisches Employer Branding: Unternehmen nutzen den Hund, um sich auf einem umkämpften Arbeitsmarkt als modern, mitarbeiterorientiert – und eben auch emotional anschlussfähig zu präsentieren.

Weltweit setzen Unternehmen auf die positive Wirkung von Hunden im Büro. Die Argumente sind bekannt: Stressreduktion, soziale Nähe, informelle Gespräche zwischen Schreibtisch und Napf. In einer Arbeitswelt, die zunehmend zwischen Homeoffice und Präsenz pendelt, übernehmen Bürohunde eine neue Rolle: Sie stiften Verbindlichkeit im Alltag – nicht digital, sondern analog, mit Blickkontakt und Fell.

Kuschelfaktor mit Hormonwirkung

Warum das funktioniert, ist auch biochemisch erklärbar: Der Kontakt mit einem Hund führt zur Ausschüttung von Oxytocin – bekannt als Liebes- oder Kuschelhormon. Das Ergebnis: Stresslevel sinken, soziale Interaktion nimmt zu, das Risiko für Burnout sinkt messbar. Auch Blutdruck und Verdauung profitieren von der tierischen Nähe.

Kurzum: Hunde wirken im Büro nicht nur sympathiefördernd, sondern auch gesundheitsstabilisierend. In Zeiten mentaler Belastung und wachsender Anforderungen ist das für viele Unternehmen ein Argument mit Substanz – nicht nur zur Mitarbeiterbindung, sondern auch zur Förderung von Teamdynamik und Resilienz.

 

 

 

 

Zwischen Haustierliebe und Arbeitsplatzrealität

Trotz der positiven Effekte bleibt die Mitnahme von Hunden ins Büro rechtlich ein Kann, kein Muss. Es existiert kein gesetzlicher Anspruch auf Bürohund. Die Entscheidung liegt beim Arbeitgeber – und sollte vorab unbedingt schriftlich geregelt sein. In vielen Unternehmen gibt es inzwischen interne Leitlinien zur Tiermitnahme, die Aspekte wie Erziehung, Versicherung, Ruhezonen, Hygiene und Teamabstimmungen abdecken.

Wer unsicher ist, kann auf ein erprobtes Mittel setzen: den Testtag mit Hund. So können Arbeitgeber, Team und Halter gemeinsam herausfinden, ob und wie das neue Büro-Mitglied harmoniert.

Verband, Karte, Kultur: Die Infrastruktur wächst

Der Trend hat inzwischen eine eigene Struktur: Der Bundesverband Bürohund e.V. setzt sich für die Integration von Hunden in Arbeitskontexte ein, berät Unternehmen und sensibilisiert für Chancen und Grenzen. Zudem existiert mit der „Bürohundkarte Deutschland“ eine stetig wachsende Übersicht von Unternehmen, bei denen Hunde erlaubt sind – ein öffentliches Signal in Richtung Bewerber:innen, das anzeigt: Hier ist Raum für mehr als nur Leistung.

In Zeiten von Fachkräftemangel und wachsender Bedeutung der Employer Experience wird der Bürohund damit zum Kulturmarker – und zur emotionalen Eintrittskarte für Bewerber:innen, die nicht nur einen Job, sondern ein Umfeld suchen, das zu ihrem Leben passt.

Fazit: Mehr als ein Trend – der Bürohund als strategisches Werkzeug

Der Hund im Büro ist längst kein Accessoire der New-Work-Bewegung mehr. Er ist Teil einer differenzierten Personalstrategie, die auf Bindung, Markenbildung und Wohlbefinden setzt. Richtig organisiert, wird er zum Multiplikator für emotionale Arbeitgeberattraktivität – nicht nur in Start-ups, sondern zunehmend auch in konservativeren Branchen.

Doch das funktioniert nur, wenn Unternehmen klar kommunizieren, wer, wann, wie einen Hund mitbringen darf – und gleichzeitig Raum für Einwände, Allergien und kulturelle Vielfalt lassen. Denn der Bürohund ist kein Wohlfühl-Gimmick. Er ist ein Prüfstein für gelebte Verantwortung.

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