Beitrag teilen

Link in die Zwischenablage kopieren

Link kopieren
Suchfunktion schließen
Management > Managementboni und Kundenzufriedenheit

König Kunde

Die Bahn macht den Kunden endgültig zum König. Seine Meinung entscheidet künftig über die Höhe der Vorstandslöhne – Managementboni werden an die Kundenzufriedenheit gekoppelt. „Bravo!“, ruft Markt und Mittelstand-Redakteur Axel Rose, sieht aber auch einen Haken.

Zufriedene Kunden wünschen sich alle Unternehmen, die Deutsche Bahn macht jetzt ernst: Lohn nach Verbraucherbewertung statt Dienst nach Vorschrift heißt das Motto, das den Kunden endgültig zum König machen soll. Die Managementgehälter werden ab sofort zu einem Teil an die Kundenzufriedenheit gekoppelt – diese wird regelmäßig in Befragungen ermittelt. Außerdem müssen alle Führungskräfte einmal jährlich einen “Service-Tag” an der Basis einlegen. Bahn-Chef Rüdiger Grube geht mit gutem Beispiel voran:“Ich persönlich verbringe künftig rund 50 Prozent meiner Zeit mit unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den Regionen – ob im Zug, im Reisezentrum oder bei der Fahrzeuginstandhaltung”, versprach er.

Was soll man als Kunde von der geplanten Charmeoffensive halten, wie damit umgehen? Ab in den nächsten Ticketshop und gleich tief in die neue Serviceoase eintauchen? Oder bei der nächsten Zufriedenheitsbefragung mal lieber so richtig böse werden, um den Anzugträgern in den Chefsesseln eins auszuwischen? Irgendetwas gibt es sowieso immer auszusetzen, und Bahnfahrer sind ja bekanntermaßen notorische Nörgler. Zyniker könnten gar glauben, die Bahn sei klamm und wolle auf diese Weise Gehälter sparen. 

Doch zum Glück ist nicht jeder zynisch veranlagt und ganz nüchtern betrachtet ist die neue Lohnstrategie eine gute Idee. Setzt sie doch ein Zeichen und verleiht der Meinung der Kunden einen tatsächlichen Wert. Damit rückt die Kundenzufriedenheit im Reigen der Unternehmensziele zwar nicht gleich in eine Liga mit Umsatz und Gewinn, aber erhält doch eine Bedeutung, die über die bekannten wohlmeinenden Bekundungen hinausgeht. Im besten Fall ergänzen sich die Ziele sogar.

Der Haken der Strategie liegt allerdings darin, dass ein Manager Umsatz und Gewinn viel direkter beeinflussen kann als die Kundenzufriedenheit. Diese lässt sich schlecht vom Schreibtisch steuern, sondern bildet sich auf der persönlichen Ebene. Dort liegt jedoch der Schaffensbereich des Betriebspersonals. Das könnte auf beiden Seiten für Frust sorgen. Vielleicht führt es aber auch zu einer Sensibilisierung des Managements für die Sorgen und Nöte der Schaffner und Zugführer auf der einen und steigender Wertschätzung und Motivation des Betriebspersonals auf der anderen Seite. Damit wäre dann auch dem Kunden geholfen.