Beitrag teilen

Link in die Zwischenablage kopieren

Link kopieren
Suchfunktion schließen
Personal > Kündigungsdebatte

Wenn der Essensgutschein zum Kündigungsgrund wird

Gefeuert wegen Gutschein-Gaudi - Kündigungsdebattte entfacht: Bagatellkündigungen, rechtliche Rahmenbedingungen und die Balance zwischen Arbeitnehmerschutz und unternehmerischer Flexibilität.

Ein Arbeitnehmer erhält seine Kündigung: Das deutsche Arbeitsrecht stellt hohe Anforderungen an rechtmäßige Entlassungen. (Foto: picture alliance / Westend61 | Jose Carlos Ichiro)

Außerordentliche Kündigungen: Wenn das Vertrauensverhältnis irreparabel zerstört ist

Manchmal ist das Arbeitsverhältnis so zerrüttet, dass eine fristlose Kündigung unumgänglich erscheint. Doch Vorsicht: Die Hürden sind hoch. Nur bei schwerwiegenden Verstößen wie Diebstahl, sexueller Belästigung oder massiven Beleidigungen ist der sofortige Rauswurf gerechtfertigt. Unternehmen sollten hier besonders sorgfältig abwägen und im Zweifel rechtlichen Rat einholen.
Ein Sonderfall ist die Verdachtskündigung: Hier reicht schon der begründete Verdacht einer schweren Pflichtverletzung. Doch auch hier gilt: Die Indizien müssen erdrückend sein.

Navigieren im Rechtsdschungel

Für Unternehmen ist das Kündigungsrecht oft ein Minenfeld. Die Arbeitnehmerfreundlichkeit des deutschen Rechts wird häufig unterschätzt. Ein paar Mal zu spät kommen oder einmal stehlen – das reicht meist nicht für eine wirksame Kündigung. Arbeitgeber müssen sorgfältig dokumentieren und abwägen.

Auch die Einbindung des Betriebsrats ist oft eine Stolperfalle: Wird er nicht ordnungsgemäß über die Kündigungsgründe informiert, kann das die ganze Kündigung unwirksam machen.

Der Tech-Gigant Meta hat kürzlich für einiges Schmunzeln und Kopfschütteln gesorgt, als er beschloss, sich von einer ganzen Mannschaft an Mitarbeitern zu trennen, die ihre Essensgutscheine offenbar ein wenig zu kreativ eingesetzt haben. Doch was auf den ersten Blick wie eine Lappalie erscheint, wirft ein Schlaglicht auf die komplexe Welt des Kündigungsrechts. In Zeiten wirtschaftlicher Unsicherheit und sich wandelnder Arbeitsverhältnisse gewinnt das Thema Kündigung für Unternehmen und Arbeitnehmer gleichermaßen an Brisanz.

Erinnern Sie sich an den Emmely-Fall? Eine Kassiererin bei Tengelmann, die gekündigt wurde, weil sie ein paar Leergutbons im Wert von wenigen Euros eingelöst hatte. Die Arbeitsgerichte hielten das zunächst für einen Volltreffer einer Kündigungsaktion, bis das Bundesarbeitsgericht 2012 entschied, dass man hier wohl doch etwas maßlos übertrieben hatte. Diese Geschichte entfachte ein wahres Feuerwerk der Diskussionen über, sagen wir mal, Gruselgeschichten von Bagatellkündigungen.

Nur wenige Jahre später brachte Pokémon Go einige Arbeitnehmer in Schwierigkeiten, als sie während der Arbeitszeit fröhlich Pokémon jagten und dabei Sicherheitsvorschriften ebenso locker sahen wie die Spielregeln. Hier waren die Gerichte selbstredend weniger nachsichtig und sahen das Verhalten als grobe Pflichtverletzung. Auch bei Arbeitnehmern, die durch ihre Social-Media-Posts Geschäfte schädigen, kennen Gerichte keine Gnade.

Solche Fälle verdeutlichen, wie Unternehmen eine Balance zwischen rechtlichen Anforderungen, ethischen Überlegungen und wirtschaftlichen Interessen finden müssen. Dies erfordert ein tiefes Verständnis der gesetzlichen Rahmenbedingungen ebenso wie ein sensibles Gespür für die Auswirkungen auf das Arbeitsklima und die öffentliche Wahrnehmung.

 

7 Gründe, die eine Kündigung unwirksam machen können

  • Die Kündigung erfolgte nicht schriftlich, sondern nur per E-Mail
  • Kündigung nicht im Original erhalten
  • Der Betriebsrat wurde nicht (richtig) angehört
  • Der Sonderkündigungsschutz wurde missachtet (z.B. Schutzregelungen für Schwangere, Behinderte und Betriebsratsmitglieder)
  • Der Arbeitgeber hat nicht zuerst abgemahnt
  • Falsche Person hat gekündigt
  • Kündigung zur falschen Zeit

Kündigungsrecht

Das deutsche Arbeitsrecht ist bekannt für seinen ausgeprägten Arbeitnehmerschutz. Allerdings haben auch Unternehmen das berechtigte Interesse, sich von Angestellten zu trennen, die nicht mehr ins Team passen oder deren Positionen gestrichen werden.

Das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) bildet hier den rechtlichen Rahmen und unterscheidet grundsätzlich zwischen ordentlichen und außerordentlichen Kündigungen. Eine ordentliche Kündigung erfordert die Einhaltung von Kündigungsfristen, während eine außerordentliche Kündigung nur bei schwerwiegenden Vergehen möglich ist.

Wichtig: Nicht jeder Betrieb fällt unter den Schutzbereich des KSchG. Kleinbetriebe mit maximal zehn Mitarbeitern sowie Arbeitsverhältnisse in den ersten sechs Monaten genießen mehr Flexibilität bei Kündigungen.

Kündigungsgründe

Jede Kündigung braucht grundsätzlich einen Grund

  • Verhaltensbedingt: Fehlverhalten wie Arbeitsverweigerung oder Beleidigung.
  • Personenbedingt: Persönliche Einschränkungen, z. B. fehlende Eignung oder langfristige Erkrankung.
  • Betriebsbedingt: Betriebliche Notwendigkeiten wie Stellenabbau.
  • Außerordentliche Kündigung: Bei schwerwiegenden Pflichtverstößen wie Diebstahl oder sexueller Belästigung möglich, oft ohne Kündigungsfrist.

Für eine Kündigung braucht es die Schriftform, eine E-Mail reicht nicht aus. In einem Kündigungsschreiben ist es grundsätzlich nicht erforderlich, die Gründe für die Kündigung anzugeben, es sei denn, der Arbeitnehmer fordert ausdrücklich eine Angabe der Kündigungsgründe. Arbeitgeber erhalten oft den Rat, auf die Angabe von Gründen zunächst zu verzichten, um weniger angreifbar zu sein. Fordert der Arbeitnehmer jedoch die Offenlegung der Gründe, kann der Arbeitgeber dies nachträglich nachholen, ohne dass die ursprüngliche Kündigung dadurch unwirksam wird.

In einigen Fällen jedoch ist die Begründung Pflicht. So etwa bei Sonderkündigungsschutz und fristlosen Kündigungen aus wichtigem Grund. Oder sofern im Arbeits- oder Tarifvertrag vereinbart ist, dass eine Kündigung stets begründet sein soll. 

 

Fallstricke bei Kündigungen

Achtung Arbeitgeber: Drei Hauptprobleme könnten das Risiko erhöhen, dass eine Kündigung unwirksam ist:

  • Unterschätzen SIe nicht die Strenge des Kündigungsschutzes. Häufig glauben Arbeitgeber, dass bestimmte Vergehen wie ein paarmaliges Zuspätkommen oder sogar das einmalige Stehlen automatisch zu einer Entlassung führen können. Doch in der Realität muss ein Kündigungsgrund so schwerwiegend sein, dass die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar erscheint. Empfehlung: Holen Sie sich im Zweifelsfall rechtliche Beratung ein.
  • Ignorieren Sie nicht die Beteiligungspflicht des Betriebsrats. Arbeitgeber müssen den Betriebsrat umfassend über die Gründe einer Kündigung informieren. Viele übersehen dies, da sie die Kündigungsgründe im direkten Schreiben an die Mitarbeiter oft nicht detailliert darlegen müssen. Ohne die Beteiligung des Betriebsrats kann die Kündigung jedoch angefochten werden und als unwirksam gelten.
  • Seien Sie gut vorbereitet. Im Streitfall liegt die Beweislast für Fehlverhalten beim Arbeitgeber. Es ist daher unerlässlich, jeden behaupteten Vorfall mit soliden Beweisen zu stützen. Ein unzureichend belegter Grund kann im Prozess nicht verwendet werden und könnte die Wirksamkeit der gesamten Kündigung infrage stellen. Arbeitgeber sollten sich daher gut auf mögliche rechtliche Auseinandersetzungen vorbereiten und sicherstellen, dass alle relevanten Beweise dokumentiert sind.

Betriebsbedingte Kündigungen

Betriebsbedingte Gründe sind der Hauptgrund für Kündigungen durch den Arbeitgeber und fallen in dessen Verantwortungsbereich. Es wird zwischen internen und externen Gründen unterschieden, wobei interne oft einfacher zu begründen sind.

Interne Gründe können sein:

  • Rationalisierungsmaßnahmen
  • Produktionsumstellung oder -verlagerung ins Ausland
  • Stilllegung eines Betriebes oder Betriebsteils
  • Zusammenlegung von Arbeitsbereichen
  • Dauerhafte Reduzierung des Personalbestands

Externe Gründe umfassen:

  • Auftragsmangel, Auftragsverlust oder Absatzschwierigkeiten
  • Umsatzrückgang
  • Wegfall von Drittmitteln

Bei betriebsbedingten Kündigungen muss durch eine Sozialauswahl untersucht werden, wer am wenigsten schutzwürdig ist. Besondere Schutzregelungen gelten für Schwangere, Behinderte und Betriebsratsmitgliedern.

Die verhaltensbedingte Kündigung

Im Gegensatz zur betriebsbedingten Kündigung liegen die Gründe für eine verhaltensbedingte Kündigung immer beim Arbeitnehmer. Sie tritt dann auf, wenn der Arbeitnehmer seine Pflichten entweder absichtlich oder fahrlässig vernachlässigt. Ein entscheidender Punkt bei der verhaltensbedingten Kündigung ist, ob vorher eine Abmahnung wirksam ausgesprochen wurde oder ob auf diese verzichtet werden kann. Folgende Gründe können eine verhaltensbedingte Kündigung rechtfertigen:

  • Alkohol- und Drogenmissbrauch (nicht bei Abhängigkeit)
  • Unbegründete Strafanzeigen gegen den Arbeitgeber
  • Arbeitsverweigerung
  • Sexuelle Belästigung
  • Vermögensdelikte zu Lasten des Arbeitgebers
  • Beleidigungen und rassistische Äußerungen
  • Verstöße gegen die betriebliche Ordnung
  • Vortäuschen einer Krankheit
  • Verletzung der Anzeige- und Nachweispflichten bei Erkrankungen

Sonderfall: die außerordentlichen Kündigung

Für außerordentliche Kündigungen, die fristlos erfolgen, gelten spezielle Regeln. Sie sind nur in Ausnahmefällen möglich und erfordern einen erheblichen Pflichtverstoß des Arbeitnehmers, der eine Zusammenarbeit unzumutbar macht. Folgende Gründe wurden in der Rechtsprechung anerkannt:

  • Diebstahl
  • Sexuelle Belästigung
  • Beleidigung
  • Konkurrenzaktivität
  • Betrug bei der Arbeitszeit

Hinweis: Arbeitgeber sollten bei einer fristlosen Kündigung vorsorglich zugleich eine ordentliche Kündigung aussprechen. Dies dient dazu, abgesichert zu sein, falls der Grund für die fristlose Kündigung nicht als ausreichend schwerwiegend anerkannt wird.

Bei außerordentlichen Kündigungen ist nämlich oft umstritten, ob die Kündigung verhältnismäßig ist. Eine Kündigung sollte der letzte Ausweg sein, nachdem mildere Maßnahmen erfolglos waren.

 

Die personenbedingte Kündigung

Bei personenbedingten Kündigungen, die ebenfalls auf den Arbeitnehmer zurückzuführen sind, wird zwischen subjektiven und objektiven Leistungsmängeln unterschieden. Subjektive Mängel beziehen sich auf fehlende Eigenschaften, die der Arbeitnehmer vertraglich haben sollte. Objektive Mängel umfassen externe Faktoren, die die ordnungsgemäße Leistung verhindern oder rechtliche bzw. tatsächliche Leistungshindernisse darstellen. Gründe, die eine personenbedingte Kündigung rechtfertigen können:

  • Krankheit mit negativer Gesundheitsprognose und fehlender alternativer Einsatzmöglichkeit
  • Fehlende Arbeitserlaubnis ohne Aussicht auf eine baldige Erlangung
  • Mangel an fachlicher, körperlicher oder persönlicher Eignung
  • Inhaftierung
  • Sicherheitsbedenken in militärischen oder polizeilich Tätigkeitsbereichen
  • Straftaten außerhalb des Dienstes mit negativen Folgen für das Unternehmen

 

Fazit / Ausblick

Das Kündigungsrecht bleibt ein Balanceakt zwischen Arbeitnehmerschutz und unternehmerischer Flexibilität. Für Unternehmen wird es zunehmend wichtig, präventiv zu handeln: Klare Verhaltensrichtlinien, transparente Kommunikation und ein professionelles Konfliktmanagement helfen, Kündigungen zu vermeiden. Gleichzeitig müssen sich Arbeitnehmer bewusst sein, dass auch scheinbare "Kleinigkeiten" – wie der Missbrauch von Essensgutscheinen – schwerwiegende Folgen haben können. Letztlich fördern Ehrlichkeit und Integrität am Arbeitsplatz nicht nur einen positiven Ruf, sondern bilden auch die Grundlage für Vertrauen, Teamzusammenhalt und den Erfolg des gesamten Unternehmens.

 

Ähnliche Artikel