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Personal > Weltfrauentag

Frauen in Führungspositionen: Steht der Mittelstand wirklich so schlecht dar?

In kleinen und mittleren Unternehmen arbeiten immer mehr Frauen, doch nur wenige Chefsessel sind weiblich besetzt. Was ist da los – und wie entwickeln sich die Zahlen im Mittelstand? Zwei Studien geben Aufschluss.

Chefsessel sind männlich besetzt, und zwar in fast allen deutschen Unternehmen: Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Veröffentlichung der KfW. Von den rund 3,76 Mio. mittelständischen Unternehmen in Deutschland wurden zuletzt nur 15,4 % von einer Chefin geführt. Die Zahlen entstammen dem KfW-Mittelstandspanel. Die Daten werden seit 2003 regelmäßig bei kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) in Deutschland mit einem Umsatz von bis zu 500 Millionen Euro pro Jahr abgefragt. 

Das Bittere daran: Der Frauenanteil in den mittelständischen Chefetagen befindet sich zuletzt auf einem offenbar nicht enden wollenden Sinkflug. Seit dem Höchststand des Jahres 2013 nimmt der Anteil frauengeführter KMU kontinuierlich um nun kumuliert vier Prozentpunkte ab. Die Ergebnisse zeigen auch, dass sich die Erwerbsquote von Frauen in Deutschland im gleichen Zeitraum deutlich erhöht hat und zwar von 61 auf 75 Prozent zwischen 2000 und 2017. Immer mehr Frauen arbeiten also, aber dringen immer seltener in die Chefetage vor.

EY zieht anderes Fazit

Dem KfW-Bericht zufolge, der nur Daten bis 2017 berücksichtigt, gelingt es offenbar immer weniger Frauen, durch die Lehmschicht des mittleren Managements in die oberen Etagen vorzudringen. Der Mittelstandsbarometer der Beratungsgesellschaft EY hat sich nun die aktuelle Frauenquote im deutschen Topmanagement angeschaut und zieht ein anderes Fazit. Demnach schaffen es immer mehr Frauen bis ganz nach oben, allen voran im deutschen Mittelstand, wo die Geschäftsführung eher weiblich besetzt ist als bei Großkonzernen. Für die Studie wurden im Dezember deutschlandweit 1.500 mittelständische Unternehmen mit mindestens 20 Millionen Euro und höchstens 1 Milliarde Euro Umsatz befragt.

Die Prüfer geben an, dass der Frauenanteil in Führungsetagen mittlerweile bei 16 Prozent liege, fast doppelt so hoch wie bei börsennotierten Konzernen. Damit hat sich der Anteil leicht erhöht. Im Durchschnitt der Börsen-Indizes DAX, MDAX und SDAX sind dagegen gerade einmal neun Prozent der Vorstandsposten mit Frauen besetzt. Im Detail bedeutet das: Unternehmensgröße und Sitz spielen eine Rolle, denn kleinere und ostdeutsche Mittelständler setzen am stärksten auf weibliche Geschäftsführer. Zudem gibt es in bestimmten Branchen vermehrt weibliche Führungskräfte. Ein Viertel der Führungsposten bei Finanzdienstleistern ist mit Frauen besetzt – im Maschinenbau nur acht Prozent.

Damit bietet sich für Frauen im Mittelstand offenbar ein schnellerer Weg ins Top-Management als bei Großunternehmen. Doch auch die aktuellen Zahlen zeigen: In mittelständischen Unternehmen haben nach wie vor überwiegend Männer das Sagen: In 52 Prozent der mittelständischen Unternehmen ist keine Frau in der Geschäftsführung beziehungsweise im Vorstand. Immerhin ist der Mittelstand auch hier etwas weiter als die Großkonzerne, von denen 66 Prozent noch auf rein männliche Vorstandsgremien setzen.

Fachkräftemangel spielt eine Rolle

„Die Karrierechancen für Frauen im deutschen Mittelstand sind weiter gestiegen“, kommentiert EY-Partnerin Elfriede Eckl. Das habe allerdings auch viel damit zu tun, dass sie sich im Werben um Fachkräfte generell mehr einfallen lassen müssten als die oftmals größeren und damit bekannteren börsennotierten Unternehmen. Viele mittelständische Unternehmen sind zudem familiengeführt. Weibliche Familienmitglieder werden dort oft schon früh auf Führungspositionen im Unternehmen vorbereitet, so Eckl.

„Teilweise sind die Probleme hausgemacht. In vielen Unternehmen unterstützen Männer sich gegenseitig und bilden informelle Karrierenetzwerke, Frauen werden hingegen nicht ausreichend gefördert“, so Eckl. Nur noch 19 Prozent der Mittelständler bieten aktive Frauenförderung an, vor einem Jahr waren es noch 22 Prozent. Die Förderung fällt von Unternehmen zu Unternehmen außerdem sehr unterschiedlich aus. 16 Prozent der Mittelständler verstehen unter aktiver Frauenförderung, Modelle zur flexiblen Arbeitszeit anzubieten. Jeweils zwölf Prozent bieten Homeoffice an oder wollen Gehaltsunterschiede zwischen Frauen und Männern in gleicher Position verringern. 

Für Elfriede Eckl sind dies wichtige Maßnahmen, die aber noch ausgebaut werden sollten. „Eine echte Frauenförderung muss sich auch messbare Ziele setzen – etwa die Abschaffung des Gender Pay Gap oder die Erhöhung der Zahl von weiblichen Führungskräften.“

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