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Personal > Corona-Krise

„Führen ist ein Privileg – gerade in schwierigen Zeiten“

Die Corona-Krise ist eine starke Belastungsprobe für Unternehmer. Wie Dirk Jürgeleit, Geschäftsführer des Herstellers Gifas Electric, damit umgeht und wie sein Krisenmanagement aussieht, berichtet er im Interview.

Sie haben kürzlich in den sozialen Medien ein Bild von sich gepostet. Es zeigt Sie lächelnd und all jenen dankend, die Sie in den vergangenen Wochen auch mit wenig freudiger Miene erleben mussten. Wie geht es Ihnen heute?  

Danke für Ihre Nachfrage, mir geht es gut. Der von Ihnen angesprochene Post ist eher spontan entstanden, während meines Urlaubs. Die erste Jahreshälfte war für mich, auch durch die Einflüsse der Corona-Pandemie, sehr intensiv und anspruchsvoll. Deshalb habe ich meinen Urlaub diesmal konsequent zum Kräfteauftanken genutzt und auch über die vergangenen Wochen in der Firma reflektiert. Dabei wurde mir deutlich, dass ich nur noch Augen für die übergeordneten Firmenthemen hatte und mir die Lockerheit und Muße dabei verlorengingen. Allen voran habe ich gemerkt, dass mir die Gespräche mit meinen Mitarbeitern fehlten. Gern hätte ich ihnen sofort Feedback gegeben, weil unsere Belegschaft Großartiges geleistet hat. Meine Linkedin-Nachricht war sozusagen ein kleines, nachträgliches Dankeschön.

Wie fühlt es sich an, so einer Pandemie ins Auge zu blicken?

Ich glaube, da geht es uns allen gleich, ob Geschäftsführer oder Mitarbeiter. Wir alle haben uns Gedanken darüber gemacht, welche Auswirkungen die Krise haben wird. Es gibt ja nicht nur die Verantwortung eines jeden für das Unternehmen und die Konzentration im Job darauf, dass es weiterhin stabil und zukunftssicher nach vorne geht. Sondern parallel dazu musste jeder seine private Situation meistern, insbesondere diejenigen mit Kindern, deren Schulen oder Kindergärten geschlossen waren und bei denen auch eine Ersatzbetreuung durch die Großeltern als Risikogruppe nicht möglich war.

Zur Person

 

Dirk Jürgeleit ist Geschäftsführer von Gifas Electric. Mit europaweit 280 Mitarbeitern entwickelt, fertigt und vertreibt der Mittelständler aus Neuss Vollgummi-Produkte und elektrotechnische Komponenten für Stromverteilung und Lichtsysteme.

Lag Ihr Fokus zu Anfang der Krise vollständig auf dem Krisenmanagement?

Zu Beginn der Krise zählten für mich insbesondere zwei Punkte: die finanzielle Stabilität des Unternehmens und die Gesundheit aller Beteiligten. Durch konsequentes Kostenmanagement und die Nutzung von Kurzarbeit in Teilen unseres Unternehmens kommen wir solide durch dieses besondere Jahr und sind für neues Wachstum aufgestellt. 

Wie haben Sie sich in der Krise personell aufgestellt?   

Unser Krisenmanagement wird zusätzlich durch unseren Führungskreis begleitet, dem die Bereichs- und Teamleiter angehören. Insbesondere für die Kommunikation im Haus ist das enorm wichtig. Der Belegschaft wird durch den Wegfall von gewohnten Firmenleistungen und insbesondere durch die finanziellen Einbußen aufgrund von Kurzarbeit derzeit einiges abverlangt. Da benötigt es mehrere Ansprechpartner, damit Veränderungen genau erläutert werden. Ich freue mich, dass sich auch unser Betriebsrat hierzu konstruktiv einbringt. 

Was hat Ihnen in den ersten Wochen der Pandemie persönlich geholfen?

In guten Zeiten wird in Unternehmen, auch bei uns, oft auf hohem Niveau über Kleinigkeiten gemeckert. In der Krise haben sich dann alle auf die wirklich wichtigen Themen besonnen und sich gegenseitig noch stärker unterstützt. Es tat gut zu sehen, dass die Krisenbewältigung auf viele Schultern verteilt wurde. Zudem bewege ich mich in einem breiten beruflichen Netzwerk und tausche mich regelmäßig mit meinen Kontakten zum Umgang mit der aktuellen Situation aus. Das hilft ungemein und gibt einem wichtige Impulse. 

Wie belastend ist die Lage derzeit für Sie als Unternehmer?

Die aktuelle Situation ist noch immer nicht leicht. Das bedeutet aber nicht, dass ich meine Funktion und Aufgaben als Last empfinde. Es ist ein Privileg, ein Unternehmen führen zu dürfen. Gerade schwierige Zeiten wie diese sind für mich eine Herausforderung, die richtigen Dinge richtig zu gestalten. Als Unternehmen, das im Schwerpunkt Industriekunden beliefert, stehen wir vor bedeutsamen Herausforderungen. 

Was meinen Sie damit?

Wir haben derzeit die Umsätze aus strukturkritischen Branchen wie der Stahl- und Automobilindustrie zu kompensieren. Parallel dazu beschreiten wir in einigen weiteren Einsatzfeldern neue Wege, um mit unseren Kunden – viele derzeit in Kurzarbeit und mit Investitionsstopp – auch weiterhin erfolgreich in Projekten zu arbeiten. In dem Bewusstsein, dass die Corona-Krise noch länger anhalten kann und viele Märkte nachhaltig verändern wird, haben wir unsere Produkte und Vertriebsstrukturen schneller als sonst darauf anzupassen. Als familiengeführtes, mittelständisches Unternehmen haben wir zum Glück auch die Kraft und Flexibilität dazu. 

Inwiefern sind Ihre Wege neu?

Wir haben uns etwa im Hinblick auf unsere Märkte teilweise neu auszurichten. Hierfür wurde ein Programm zum Zukunftsmanagement aufgelegt, das von einer alle Bereiche umfassenden Gruppe von Mitarbeitern mitgestaltet wird. Wir möchten mehr querdenken, Ideen zu Erfolgen machen und mit breiter Überzeugung hierfür gemeinsam die erforderlichen Strukturen schaffen. 

Werden Ihre Erfahrungen aus der Krise Ihren Managementstil und Ihre Geschäftstätigkeit nachhaltig verändern?

Ja, und zwar vor allem was das noch stärkere Einbinden von Mitarbeitern mit ihren jeweiligen Fähigkeiten betrifft. Die Krise fordert schnelle und effektive Veränderungen. Die schaffen wir nur zusammen, wenn alle mitmachen. Außerdem habe ich mir fest vorgenommen, ein noch höheres Vertrauen in die Vorschläge meiner Mitarbeiter und deren erfolgreiche Umsetzung zu haben – und sie einfach mal machen zu lassen. 

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