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Lebensphasenorientierte Vereinbarkeit – Das neue Must-have für eine attraktive Arbeitgebermarke

Es ist ein regelrechter Kahlschlag, der uns in den kommenden zehn Jahren erwartet. Dabei geht es ausnahmsweise nicht um eine Pandemie oder den Klimawandel, wenn auch alle genannten Phänomene etwas gemeinsam haben: Die Auswirkungen sind sichtbar – jetzt schon. Während sich Personalabteilungen bei den Bemühungen um das Recruiting der Generation Y und Z überschlagen, bleiben Anstrengungen, eine "alte“ Belegschaft zu halten, meist aus. Um was es hier geht? Um eine Vereinbarkeit für alle.

Schwanger Frau beim Arbeiten im Homeoffice
Vereinbarkeit ist mittlerweile ein harter Standort- und Wettbewerbsfaktor für Unternehmen.

Jede:r Arbeitnehmer:in kommt mindestens drei bis vier Mal in seinem Leben in die Situation, dass Vereinbarkeit relevant und wichtig wird. Als junge:r Berufseinsteiger:in in der Vereinbarkeit mit Hobbys, Freunden und Freizeit. Später dann, wenn sich die Karriere festigt, kommt der Wunsch nach Familie und danach, mit ihr Zeit zu verbringen. Ein paar Jahre später folgt der Wunsch und/oder die Notwendigkeit der Vereinbarkeit mit der Pflege von Angehörigen. Kurz vor dem Renteneintritt dann ist es das Ziel, den Lebensabend zu genießen. Vereinbarkeit betrifft also jeden von uns, ob Senior Director, Young Professional, frischgebackene Eltern, Teil- oder Vollzeitkraft.

Familienbewusstsein lohnt sich für alle

Ursprünglich betraf Vereinbarkeit als weiches Nischenthema oft nur Frauen, insbesondere Mütter. Spätestens mit dem Wandel des Familien- und klassischen Rollenbildes wurde (an-)erkannt, dass Vereinbarkeit in ihrer Bedeutung gar nicht hoch genug eingeschätzt werden kann: Unternehmen suchen qualifizierte Mitarbeiter:innen und diese wiederum nach Arbeitsplätzen, die erfüllend sind und sich individuell mit Privatem vereinbaren lassen. Davon profitieren nicht nur Arbeitnehmer:innen. Sich auf einen Strategiewandel ein- und sich damit als familienbewusste:r Arbeitgeber:in aufzustellen, lohnt sich für beide Seiten.

Vereinbarkeit hat viele Facetten

Fachkräfte gewinnen und langfristig binden: Familienfreundlichkeit ist mittlerweile ein harter Standort- und Wettbewerbsfaktor. Dass es dabei nur um Mütter und Väter mit kleinen Kindern geht, ist allerdings ein Trugschluss. Die meisten Arbeitnehmer:innen, die in Deutschland einen Angehörigen pflegen, sind ebenfalls gleichzeitig erwerbstätig und gefordert, mehrere Bälle in der Luft zu halten. Und auch beim Fachkräftenachwuchs nehmen lebensphasenorientierte Angebote und Maßnahmen inzwischen einen hohen Stellenwert bei ihrer Bewerbung ein.

Daran zeigt sich deutlich, dass sich Familienfreundlichkeit bzw. die passgenaue Vereinbarkeit für jede:n Einzelne:n rechnet und der Nutzen das Investment deutlich übersteigt. Die Vorteile für Unternehmen liegen auf der Hand: Bessere Gewinnung von Fachkräften, eine geringere Mitarbeiterfluktuation, weniger Fehlzeiten durch reduzierten Krankenstand und verkürzte Elternzeiten, ein besseres Betriebsklima mit erhöhter Motivation, Einsatzbereitschaft und Produktivität. Besonders Unternehmen in strukturschwachen und ländlichen Regionen kämpfen mit der Abwanderung von Fachkräften. Durch eine lebensphasenorientierte Personalpolitik können sie sich als attraktive:r Arbeitgeber:in mit einfachem Justieren von Stellschrauben im Wettbewerb positionieren.

Es gibt noch viel zu tun

Viele Firmen unterstützen ihre Mitarbeiter:innen bereits mit Maßnahmen zur Vereinbarkeit. Dennoch ist der Bedarf an zum eigenen Leben passenden Arbeitsbedingungen nach wie vor hoch. Arbeitnehmer:innen haben hier klare Erwartungen. Ganz oben auf der Liste stehen flexible Arbeitszeiten und die Möglichkeit, ortsunabhängig zu arbeiten. Die Erwartungen beider Seiten klaffen aber oft weit auseinander, denn flexibel heißt nicht immer auch passend: Gerade Beschäftigte mit kleinen Kindern sind darauf angewiesen, dass ihre Arbeitszeiten zwar flexibel, aber auch planbar und verlässlich gestaltet sind.

Diversität und Inklusion sind im Zusammenhang mit Vereinbarkeit ebenfalls weitere wichtige Unternehmenswerte, die zwar zunehmend Beachtung finden, allerdings noch kaum sichtbar gelebt werden. Unternehmen werden sich in den kommenden Jahren noch viel mehr mit Themen wie Altersdiversität, mit pflegenden Angehörigen in der Arbeitswelt oder dem hybriden Führen auseinandersetzen müssen. Nicht erst, wenn die Bewerbungen ganz ausbleiben, ist Handlungsbedarf geboten, sondern schon jetzt!

Fantastische Führungskräfte, die Unmögliches möglich machen

Entscheidend und maßgeblich relevant für ein funktionierendes Vereinbarkeitskonstrukt im Unternehmen sind außerdem die Führungskräfte. Hochqualifizierte Fachkräfte bewerben sich bei Arbeitgeber:innen(-marken), kündigen aber häufig wegen der direkten Chefs. Fehlende emotionale Intelligenz in der Führung und eine Diskrepanz zur Vereinbarkeit von Privatem sind derzeit die Hauptkündigungsgründe für Mitarbeiter:innen. Vorbild zu sein, eine empathische Führung und eine (vor-)gelebte Vereinbarkeit sind die Hebel, um den "War of Talents“ zu gewinnen – auf allen Ebenen der Führung. Auch hier geht die Rechnung leicht auf: Kündigungen kosten viel Geld und übersteigen ein Investment in die emotionalen Skills von Führungskräften um ein Vielfaches.

Vereinbarkeit ist also auch – und vor allem auf lange Sicht gesehen – rentabel.

Katrin Dzimiera wurde 1985 geboren. Als schwäbisch-badische Südtirolerin absolvierte sie ihr Studium der Kunst- und Kulturwissenschaften und Management u. a. an den Universitäten Heidelberg und Karlsruhe. Nach ihrer Ausbildung arbeitete sie im Marketing, Projektmanagement und Business Development in der IT-Branche. Ab 2013 übernahm sie dabei Verantwortung als Führungskraft im Beratungsfeld rund um die digitale Transformation und New Work. Parallel dazu engagiert sie sich in verschiedenen Netzwerken ehrenamtlich, um Vereinbarkeit in der Arbeitswelt sichtbarer zu machen. Ihr Herzensthema ist dabei die Situation pflegender Eltern.

Deshalb gründete sie 2021 als zertifizierte Vereinbarkeitsmanagerin (IHK) cocowork UG, eine strategische Unternehmensberatung mit dem Fokus Vereinbarkeit von Karriere und Privatleben und lebensphasenbewussten Personalpolitik als sozial nachhaltiger Faktor in der Arbeitgeberattraktivität.

Katrin Dzimiera ist verheiratet, Mutter eines Sohnes und eineiiger Zwillingstöchter.