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Management > Interview

„Es klingt verrückt, aber Leistung kann Spaß machen“

Familienunternehmer Jan-Hendrik Goldbeck über die Vereinbarkeit von Leistungskultur und Mitarbeiterzufriedenheit in Zeiten des Wandels.

Hendrik Goldbeck, Geschäftsführender Gesellschafter beim gleichnamigen ­Baukonzern, über Ansprüche, Werte und den Willen, etwas zu verändern. (Bildquelle: picture alliance)

In einer Zeit, in der die Vier-Tage-Woche heiß diskutiert wird und der Ruf nach besserer Work-Life-Balance immer lauter wird, stellt sich die Frage: Ist Leistungsbereitschaft noch zeitgemäß? Jan-Hendrik Goldbeck, Co-CEO des gleichnamigen Baukonzerns, hat darauf eine klare Antwort. In einem Gespräch mit Thorsten Giersch erläutert er, wie Unternehmen Leistungskultur und Mitarbeiterzufriedenheit in Einklang bringen können.

Das Gespräch führte Thorsten Giersch.

Werte und Performance: Kein Widerspruch

Bei einigen Firmen klingt es, als stünden familiäre Werte und Performance-Anforderung im Spannungsverhältnis. Wie sehen Sie das?

Jan-Hendrik Goldbeck:  Ein stabiles Wertegerüst mit Vertrauen, Verantwortung, Menschlichkeit auf der einen und Leistungsbereitschaft auf der anderen Seite schließen sich nicht aus. Solche Werte zu haben, bedeutet ja nicht, keine Leistung zu fordern und, dass jeder machen kann, was er will. Wir fordern schon ein klares Bekenntnis dazu, dass wir als Unternehmen eine Verantwortung tragen, uns weiterzuentwickeln. Auch um einen gesellschaftlichen Beitrag liefern zu können.

Die Amerikaner nennen das High Level of ­Aspiration, ein hohes Maß an Anspruch eines Unternehmens.

Jan-Hendrik Goldbeck:  Genau. Besser sein zu wollen, ist doch überhaupt nichts Böses. Es wird nur manchmal medial in so eine böse Art von Höher-Schneller-Weiter-Kapitalismus gedrückt. Das sehen wir gar nicht so! Unternehmen müssten Voraussetzungen schaffen, in denen die Leute Lust haben zu arbeiten, weil man sich mit netten Kollegen über die Zukunft des Unternehmens und die eigene Entwicklung austauscht und entsprechend etwas leistet. Vielleicht klingt es für einige total verrückt, aber Leistung kann Spaß machen und auch Arbeit kann Spaß machen.

Welche Aufgaben hat dabei der Arbeitgeber?

Jan-Hendrik Goldbeck:  Wir müssen als Unternehmen idealerweise die Rahmenbedingungen dafür schaffen. Ich glaube, dass mit Corona und dem ganzen Remote-Thema eine Zeit gekommen ist, in der wir das Arbeitsverhältnis neu verhandeln müssen. Wie häufig ist man im Büro? Wie häufig ist man in Urlaub? Und wenn wir es schaffen, Arbeit und Leben sinnvoll ineinander überblenden zu lassen, wird sie auch als lebenswert empfunden.

Geben Sie uns ein Beispiel.

Jan-Hendrik Goldbeck:  Wer im Urlaub ist, kann sich vielleicht schon mal ein Zeitfenster schaffen, um schlichtweg ein Projekt am Laufen zu halten, wenn es eben nicht eine Last ist, sondern quasi als eine Art von spielerischer Koexistenz betrachtet wird. Also: Statt Work-Life-Antagonismus hat man eine gesunde Melange, in der es sich natürlich anfühlt, dass das Arbeiten mit den Kollegen zum Leben mit dazugehört.

Sind wir noch eine Leistungsgesellschaft? 

Jan-Hendrik Goldbeck:  Ich glaube, ein kollektives Wir gibt es da nicht. Das Thema Vier-Tage-Woche ist zum Beispiel absurd. Wir haben in Europa ein Problem mit unserem Wachstum im Vergleich zu anderen geopolitischen Machtblöcken. Und dann sagen mir Leute: Wir können uns erlauben, weniger zu arbeiten, indem wir schlau arbeiten. Das ist diese tiefe westliche Borniertheit, eine arrogante Einstellung, die nicht mehr in diese Zeit passt. Denn es gibt durchaus exzellent ausgebildete Leute auf der ganzen Welt, die hart arbeiten und auch smart sind. Und die versuchen, sich einen Wettbewerbsvorteil zu schaffen. Das kann man nun mögen oder nicht. Auch Schwerkraft kann man mögen oder nicht, aber sie ist nun mal da. 

Das bedeutet? 

Jan-Hendrik Goldbeck:  Wir müssen Sozialsysteme und Innovationen in Nachhaltigkeit bezahlen, die erst einmal keinen direkten Return on Investment haben. Das braucht Kapital, das braucht Glauben, das braucht Unternehmergeist. Und deswegen sehe ich dieses Bekenntnis zur Kombination von Spaß und Leistung mit entsprechendem Einsatz auch für ganz wichtig für unsere kollektive Daseinsberechtigung oder die unserer Enkel. Unseren moralischen Anspruch können wir in der Welt im positiven Sinne nur durchsetzen, wenn wir Erfolg haben. 

Nimmt der Leistungswille ab? 

Jan-Hendrik Goldbeck:  Wenn jungen Menschen überall suggeriert wird, in ihrer Generation gebe es nicht mehr so viele und deswegen könnten sie vieles fordern, tun es auch immer mehr. Unsere Aufgabe als Unternehmen ist es, dann zu sagen: Du kannst dich hier einbringen. Du kannst sogar verrückt sein und fünf Tage die Woche arbeiten – und das macht sogar Spaß und du bist erfolgreich damit und du reibst dich damit nicht auf. 

Und das funktioniert? 

Jan-Hendrik Goldbeck: Da steigen alle unsere jungen Kolleginnen und Kollegen drauf ein. Ich nehme überhaupt kein Gen-Z-Problem in der Realität wahr. 

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