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Vergütung > Mindestlohn

Mindestlohn im Mittelstand

20,6 Prozent aller Arbeitnehmer in Deutschland arbeiten für Niedriglohn. Um knapp 2 Prozent ist der Anteil damit gestiegen. Der Ruf nach einem flächendenken Mindestlohn wird wieder lauter. Im Mittelstand ist der Mindestlohn aber umstritten.

Mehr als ein Fünftel aller Beschäftigten in Deutschland  arbeiteten 2010 für einen Niedriglohn. Vier Jahre zuvor war der Anteil mit 18,7 Prozent noch 1,9 Prozent niedriger. Diese Zahlen veröffentlichte das Statistische Bundesamt am Montag. Als Niedriglohnverdiener gilt, wer unter einem Bruttostundenverdienst von 10,36 Euro liegt. Betroffen hiervon ist vor allem die Taxi-, Frisör- und Reinigungsbranche. Hier lag der Anteil der Niedriglohnbezieher bei jeweils deutlich über 80 Prozent. Aufgeschlüsselt nach einzelnen Berufsgruppen sind vom Niedriglohn vor allem ungelernte Hilfskräfte (61,5 Prozent), Dienstleistungsberufe (42,3 Prozent) sowie Fachkräfte in der Land- und Forstwirtschaft (36,6 Prozent) betroffen. Der Anteil der Frauen, die Niedriglohn beziehen, ist mit 26,5 Prozent deutlich höher als der Männeranteil mit 15,8 Prozent.

Rufe nach dem Mindestlohn

Erst am vergangenen Wochenende wurden  wieder Rufe nach einem flächendenkenden Mindestlohn in Deutschland laut. In Thüringen will sich Medienberichten zufolge die CDU-SPD-Regierung für einen flächendeckenden Mindestlohn in Deutschland stark machen. Bereits am Dienstag soll in Erfurt eine entsprechende Bundesratsinitiative beschlossen werden. Ziel ist eine einheitliche Lohnuntergrenze einzuführen. Gute Aussichten auf Erfolg könnte der Vorstoß bei den Bundesländern haben. Allerdings  sperrt sich auf Bundesebene die FDP gegen die Einführung des Mindestlohns.

Umstrittener Mindestlohn

Im deutschen Mittelstand gehen die Meinungen zum Mindestlohn auseinander. Viele Unternehmen fürchten durch die Einführung einer festgelegten Lohnuntergrenze im internationalen Vergleich an Wettbewerbsfähigkeit zu verlieren und so wirtschaftlichen Schaden zu nehmen. „Unser Arbeitsmarkt trotzt den Krisen auch dank besonnener Tarifpolitik der Tarifpartner. Die Tarifautonomie ist eine tragende Säule unserer sozialen Marktwirtschaft. Das Ziel, dass jeder Vollzeitbeschäftigte von seinem Lohn leben können muss, ist unumstritten“, erklärt Volker Tschirch, Geschäftsführer des in Hamburg ansässigen Unternehmerverbands AGA. Seiner Einschätzung nach lässt sich dies allerdings nicht durch einen Mindestlohn erreichen. „Das Gegenteil ist der Fall. Ein gesetzlicher Mindestlohn senkt die Beschäftigungschancen gerade von Geringqualifizierten, ein vorgeschriebener Mindestlohn schließt sie dauerhaft vom Arbeitsmarkt“, erklärt er weiter.

Erfahrungen mit dem Mindestlohn

Es gibt aber auch mittelständische Unternehmen, die bereits Erfahrungen mit dem Mindestlohn gesammelt haben wie etwa Dr. Eberhard Sasse von dem Reinigungsunternehmen Sasse AG. In der Gebäudereinigungsbranche gibt es bereits seit mehreren Jahren den Mindestlohn. Im Interview mit Markt und Mittelstand-TV erklärt er, dass sich kein Unternehmen vor der Einführung des Mindestlohns fürchten muss. „Mindestlohn vernichtet keine Arbeitsplätze. Wer arbeitet muss von seiner Hände Arbeit leben können und nicht von der Stütze" erklärte er im Gespräch.

Andere Unternehmen, wie etwa Mittelständler aus der IT-Branche, betrifft die Diskussion um den Mindestlohn nicht, da die Gehälter der Fachkräfte die Niedriglohngrenze überschreiten. Wolfgang Rocker, Geschäftsführer des Systemhauses FKS GmbH, erklärt: „In unserem Unternehmen verdient niemand die Untergrenze.“

Eigene Lösungen

Bei dem Schraubverschlusshersteller Mala im thüringischen Schweina ist der Anteil der Produktionskräfte hoch. Vor etwas mehr als drei Jahren stellte der Geschäftsführer des Unternehmens, Andreas Lange, fest, dass seine Mitarbeiter teilweise unter der Niedriglohngrenze liegen. „In meinem Unternehmen gab es Mitarbeiter, die weniger als 1.000 Euro netto verdienen." Obwohl es in seiner Branche keinen Mindestlohn wie etwa in der Reinigungsbranche gibt, hat Lange eine Lohngrenze gezogen. Wegen des sehr hoch erscheinenden Bruttolohns schauen wir uns nur noch die Nettolöhne an und sagen: „1.000 Euro netto sind zum Leben notwendig.“ Aus diesem Grund hat er die Löhne in den vergangenen Jahren konsequent erhöht. Niemand soll bei Mala in Zukunft unter diese Grenze fallen. Damit versucht der Unternehmer gleichzeitig, die Mitarbeiter an seinen Betrieb zu binden.

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