Beitrag teilen

Link in die Zwischenablage kopieren

Link kopieren
Suchfunktion schließen
Personal >

Mit dem Dienstrad Steuern sparen

Mehr Nachhaltigkeit und Gesundheit. Dazu ein Plus an Attraktivität: Unternehmen können sich und ihre ­Mitarbeiter beglücken.

Für Sebastian Frank war der Dienstwagen egal. Aber er musste ihn nehmen. Er war Teil des Arbeitsvertrags und des Jobs bei einem Verband. Ein Jahr lang stand das Fahrzeug dann in der Tiefgarage, denn Frank nutzte ausschließlich sein privates Fahrrad, wenn er zu Gesprächen in der Berliner Innenstadt unterwegs war. „Überall im Zentrum Stau, Parkplätze kaum zu finden und wenn, dann weit vom Ort des Termins entfernt“, sagt Frank. „Das Rad ist da das Fahrzeug der Wahl.“ Es stand allerdings nicht in seinem Arbeitsvertrag. Frank heißt in Wirklichkeit nicht so und hat den Arbeitgeber inzwischen gewechselt. Der neue hat den Großstadttrend der Zeit erkannt: Das Dienstrad – oft elektrisch – gehört bei vielen Unternehmen zu den besonderen Angeboten, mit denen sie um neues Personal werben.


Vor allem die Jungen, Kreativen sollen in Zeiten des zunehmenden Fachkräftemangels gelockt werden. Jene, die sich eher mit Fridays for Future und Umweltbewusstsein identifizieren als mit blitzenden Auspuffrohren und röhrendem Sound. Jene, denen Unternehmenswerte wie Nachhaltigkeit und Umweltschutz wichtig sind. Dahinter steht der Wunsch der Firmen, ökologischer zu sein. Und oft ist es wie im Fall von Frank sinnvoller, Strecken zwischen Standorten oder zu Terminen mit dem Rad zurückzulegen. Was nicht bedeutet, dass der Dienstwagen generell ausgedient hat. Aber er ist vielleicht nicht mehr ganz so wichtig. Und die Unternehmen können auch langjährige Mitarbeiter recht einfach belohnen, ohne gleich das Gehalt zu erhöhen oder die Urlaubszeit zu verlängern.


Insgesamt sind in Deutschland anbieterübergreifend mehr als 900.000 geleaste Diensträder unterwegs, wie der Bundesverband Zukunft Fahrrad schätzt – Tendenz steigend. Kein Unternehmen muss sich selbst um das Thema Dienstrad kümmern, dafür gibt es Spezialisten. Nach eigenen Angaben Marktführer in Deutschland ist Jobrad aus Freiburg. Ulrich Prediger hat die Firma 2008 gegründet, weil sein Arbeitgeber ihm zwar einen Dienstwagen stellte, der aber immer in der Garage stand, weil Prediger lieber Fahrrad fuhr, Diensträder aber nicht zu bekommen waren. Kunden sind heute unter anderem der Krankenversicherer Barmer, der Autozulieferer Bosch, die Deutsche Bahn und der Medienkonzern Axel Springer. Derzeit, heißt es bei Jobrad, nutzten mehr als 40.000 Arbeitgeber – vom Handwerker zum Großkonzern – das Dienstradleasing über die Firma, doppelt so viele wie 2019. Mehr als vier Millionen Arbeitnehmer könnten sich demnach ein Dienstrad über Jobrad zulegen.

 

Einfach Wunschrad wählen

Im Prinzip ist das Angebot einfach: Der Mitarbeiter geht zu einem der 6000 Fahrradfachhändler, die mit Jobrad zusammenarbeiten, und sucht sich ein Rad aus. Mountainbike oder Rennrad, E-Bike oder familientaugliches Lastenrad – es ist erlaubt, was gefällt und was der Arbeitgeber preismäßig zulässt. Der Arbeitgeber least das Rad und überlässt es dem Arbeitnehmer, der es dienstlich und privat nutzen darf. Jobrad koordiniert dabei Leasing und Überlassung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Die Räder sind versichert, Inspektion und Verschleißreparaturen lassen sich ebenfalls abdecken.
Es gibt zwei Möglichkeiten, wie das Rad bezahlt wird: Der Mitarbeiter oder die Mitarbeiterin zahlen die Leasingraten selbst. Der Arbeitgeber behält sie vom Bruttolohn ein und wandelt sie in Sachlohn, in diesem Fall das Dienstrad. Dieser Sachlohn oder geldwerte Vorteil wird seit dem 1. Januar 2020 pauschal nach der sogenannten 0,25-Prozent-Regel besteuert, der die Umwandlung für Arbeitgeber und Mitarbeiter attraktiv macht: So sparen Dienstradler gegenüber einem herkömmlichen Kauf bis zu 40 Prozent, wie Jobrad errechnet hat.


Zum anderen kann der Arbeitgeber das Dienstrad komplett finanzieren und dem Arbeitnehmer oder der Arbeitnehmerin überlassen. Vorteil für die Mitarbeiter: Sie bekommen das Rad gratis und steuerfrei. Auch für den Arbeitgeber kann sich das rechnen: Das Dienstfahrrad als Gehaltsextra ist bis zum 31. Dezember 2030 steuerfrei. Gewährt ein Arbeitgeber 100 Euro brutto mehr Gehalt, werden für Arbeitgeber und Arbeitnehmer Sozialversicherungsabgaben sowie Steuer fällig. 100 Euro mehr Gehalt als Sachbezug in Form der Leasingrate, die als Gehaltsextra gezahlt werden, sind steuerfrei.

 

Einfach eine Flotte mieten

Einen etwas anderen Ansatz für Diensträder verfolgt Movelo, nach eigenen Angaben Marktführer bei E-Bike-Flotten. Die Firma wurde vor 16 Jahren im Berchtesgadener Land gegründet. Ursprünglich ging es darum, Hotels und Tourismusregionen E-Bike-Flotten anzubieten. Inzwischen arbeitet das Unternehmen in Deutschland, den Niederlanden, Österreich und Belgien und hat auch Radvermieter und vor allem Mittelständler als Kunden. Das Modell beschreibt Chefverkäufer Herbert Ottenschläger so: „Das Unternehmen mietet bei Movelo einen Radfuhrpark mit einer beliebigen Zahl von Rädern. Die einzelnen Räder überlässt das Unternehmen seinen Beschäftigten, die sie dienstlich und privat nutzen können. In der Miete enthalten sind auch Versicherung und Reparatur.“ Ein Vorteil: Die Miete könne der Unternehmer komplett steuerlich absetzen, sagt Ottenschläger. Endet der Mietvertrag, werden die Räder wieder abgeholt. Mindestmietmenge sind zwei Räder, nach oben gibt es praktisch keine Grenze, es sei denn, Räder sind nicht lieferbar.


Movelo gehört seit 2019 zur niederländischen Pon-Gruppe, dem größten E-Bike-Hersteller der Welt. Im Angebot sind Tourenräder, Mountainbikes oder Lastenfahrräder. Movelo hat derzeit mehr als 6000 Räder im Einsatz und mehr als 500 Kunden. So nutzt die Hamburger Hafenverwaltung Movelo, ebenso die R+V-Versicherung in Wiesbaden und das Kepler Uniklinikum im österreichischen Linz.


Mit dem Modell lässt sich allerdings auch noch mehr machen, als Mitarbeitern dauerhaft Diensträder zur Verfügung zu stellen. Das Unternehmen hat eine Flottensoftware entwickelt, mit der sich unter anderem der Einsatz der Fahrzeuge und die Abrechnung steuern lassen. Wer die Räder mietet, kann sie zum Beispiel weitervermieten. Interessant für Hotels, die den Urlaubern Räder anbieten wollen. Oder für Autohäuser, die umweltfreundliche Ersatzfahrzeuge – gegen Gebühr oder unentgeltlich – stellen möchten, wenn jemand sein Auto zur Reparatur bringt. Die Räder können auch für Mitarbeiter kostenlos sein. „Wir liefern ein maßgeschneidertes Angebot“, sagt Ottenschläger. Bei Bedarf ist auch eine Radabstellanlage mit Ladefunktion dabei.

 

Zwei Tage weniger krank

Unabhängig davon, welches Dienstrad-Modell Unternehmen wählen, sie „tragen aktiv zum Umwelt- und Klimaschutz sowie zur Verkehrsentlastung bei und reduzieren ihre Mobilitätskosten“, heißt es bei Jobrad. Gleichzeitig förderten Unternehmen damit auch aktiv die Gesundheit ihrer Mitarbeiter: „Wenn Angestellte regelmäßig am Stau vorbeiradeln, sind sie aufs Jahr gesehen im Schnitt zwei Tage weniger krank und tragen dementsprechend dazu bei, dass Krankheitskosten für das Unternehmen sinken.“ Deshalb sei Dienstradleasing ­häufig ein ­fester Bestandteil des betrieblichen Gesundheits- und Mobilitätsmanagements. Zudem sollen radelnde Mitarbeiter stressresistenter und leistungsfähiger sein als der Durchschnitt. Und ein bisschen glücklicher, dank der vermehrten Ausschüttung der körpereigenen Hormone Endorphin und Adrenalin. Auch Movelo-Verkaufsleiter Ottenschläger schwärmt geradezu von den Vorteilen: „E-Bike-Fahren ist supergesund. Es erweitert den Bewegungsradius, macht Berge flach, gleicht körperliche Unterschiede aus und macht einfach Spaß.“

Ähnliche Artikel