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Management > Unternehmensnachfolge

Mit Leidenschaft

Unternehmer Walter Hoyer hat alles richtig gemacht. Der Gründer der gleichnamigen Logistikgruppe hat die Unternehmensnachfolge frühzeitig geregelt.

„Ich liebe das Unternehmen“, sagt Nachfolger Thomas Hoyer voller Inbrunst. Sein Weg war – wie für so viele seiner Generation – vorgezeichnet. Als Kind habe der Unternehmer viel Zeit im Unternehmen verbracht. Sein Vater, der das Logistikunternehmen 1946 gründete, verlangte seinen vollen Einsatz, auch in den Semesterferien. Der Nachfolger sollte lieber in befreundeten Firmen Praktika absolvieren, als an der Elbe Fahrrad fahren oder mit Freunden Unsinn anstellen. „Dass der Vater den Sohn in die Firma drängt, war früher völlig normal. Das hätte schiefgehen und ich das Unternehmen ablehnen können. Aber genau das Gegenteil ist der Fall. Ein Leben ohne dieses Unternehmen kann ich mir gar nicht vorstellen.“ Thomas Hoyer gibt alles für die Firma.

Anteilsübertragung an vier Nachfolger

Als Unternehmer Walter Hoyer noch lebte, hatte jedes der Kinder seinen festen Platz. Thomas steigt nach seinem Studium in St. Gallen und einem zweijährigen Auslandsaufenthalt im Jahr 1980 als vom Vater erwünschter Nachfolger ins Unternehmen ein. In New York eröffnet er ein Büro für HOYER und treibt die Internationalisierung der Gruppe voran. „Ich bin meinem Vater etwas aus dem Weg gegangen. Das hat ihn zwar manchmal gekränkt, aber gleichzeitig sichergestellt, dass wir beide, jeder auf seine eigene Art, das Unternehmen vorantreiben konnten.“ Martina, die auch in St. Gallen BWL studierte, führt die Personalabteilung, Annette arbeitet als Juristin aus einer Sozietät heraus für HOYER, und die älteste Tochter Elisabeth lebt entfernt vom Unternehmen in Süddeutschland.

Gründer Walter Hoyer zieht sich 1991 in den Beirat zurück, Thomas wird geschäftsführender Gesellschafter. Walter Hoyer und seine Frau machen sich schon viele Jahre Gedanken, wie es weitergehen könnte in der Zeit danach, wenn sie einmal nicht mehr da sein würden. Der Vater legt in einer Satzung fest, die Unternehmensanteile zu gleichen Teilen auf den Nachwuchs zu übertragen. Das geschieht 1994, lange vor seinem Tod.

Konfliktthema: Gerechtigkeit bei Nachfolge

Geschäftsführer Thomas Hoyer hat eine klare Meinung hierzu: „Ich fand das nicht gut.“ Schließlich lastete auf ihm die Verantwortung, das Unternehmen gut und sicher in die Zukunft zu führen. Weil Thomas Hoyer ein offener Mensch ist, sagt er das auch so seinen Schwestern. „Nennt mir einen klugen Mann aus der Familienunternehmerszene, der dieses Modell für vorbildlich hält. Ihr werdet ihn nicht finden.“ Diese Meinung kann man, muss man aber nicht teilen. Für Nachfolgerin Martina war die Entscheidung des Vaters richtig. Sie teilt sein Gerechtigkeitsbedürfnis. „Ich kann die Entscheidung gut nachvollziehen. Für mich ist ganz klar, dass meine Anteile am Familienunternehmen auch wiederum zu gleichen Teilen auf meine Kinder übertragen werden.“

In vielen Unternehmerfamilien führen unterschiedliche Ansichten darüber, wer bei einer Unternehmensnachfolge was als gerecht und fair empfindet, zu nervenaufreibenden und verletzenden Konflikten. Manchmal zerbrechen daran auch ganze Familien. Die Hoyers nicht. Zum Streit sei es durch die Entscheidung der Eltern nicht gekommen, beteuern beide Nachfolger, Thomas und Martina. „Ich gehöre zu den Menschen, die mit Fakten leben können, auch wenn sie einem nicht so passen“, sagt Thomas Hoyer. Und man nimmt es ihm ab. Zu viel Lebensfreude steckt in ihm, als dass er sich in einen beleidigten Miesepeter verwandeln könnte.

Neues Familiengefüge

Die Familienbande sind stark. Und gerade deshalb hinterlässt Unternehmer Walter Hoyer nach seinem Tod eine Leere. Es war weitsichtig von ihm, frühzeitig die Nachfolge zu regeln. Trotzdem muss die Familie sich jetzt allein, ohne ihn, wieder ein Stück neu finden. Vor allem in ihrer Rolle als Familiengesellschafter. „Meine Schwestern sind erst mit dem Tod meines Vaters für mich in ihrer Rolle als Gesellschafter spürbarer geworden“, sagt Nachfolger Thomas Hoyer. Auf einmal forderten sie mehr Informationen. Dabei habe er sie immer mit Wesentlichem versorgt. „Meine Schwester Annette ist als Juristin naturgemäß sehr kritisch und hinterfragt vieles.“ Thomas Hoyer wirkt zwar nicht genervt, wenn er von der Zusammenarbeit mit den Schwestern spricht. Aber spürbar angestrengt.

Angestrengt dürften hier und da auch mal die Schwestern sein. Thomas Hoyer ist niemand, der Gedanken und Gefühle bei sich behält. Wie sein Vater trage er sein Herz auf der Zunge, sagt der Unternehmer über sich selbst. „Manchmal sprudeln aus ihm spontan nicht so nette Dinge heraus. Aber am nächsten Tag, wenn alle einmal drüber geschlafen haben, fügt sich alles auch wieder“, sagt Martina. Auch Thomas’ Offenheit im Unternehmen ist den Schwestern nicht geheuer. „Ich finde, auch unser Lehrling soll wissen, wie unsere Zahlen aussehen. Auch habe ich nichts dagegen, dass andere Leute in unsere Familienverfassung schauen“, sagt Thomas. Für Martina dagegen ist die Familienverfassung mehr etwas Persönliches und somit sehr Privates. „Es geht schließlich um unsere Werte für uns und für das Unternehmen. Das muss ja nicht in die ganze Welt verschickt werden.“

Nächste Generation steht als Nachfolger bereit

So unterschiedlich die Geschwister, so unterschiedlich ihre Ansichten auch sein mögen: Nach dem Tod des Vaters schien es selbstverständlich, die Wandlung in Familie und Unternehmen professionell begleiten zu lassen. Der Vater hat es schließlich vorgelebt. Er hat nicht nur seinen Nachwuchs, sondern auch seine Enkelkinder in seine Gedanken an die Zukunft mit einbezogen, als er bereits in den achtziger Jahren an der Satzung arbeitete. „Unsere Kinder liebten ihren Großvater. Er hat sich um alle zwölf gekümmert“, erinnert sich Martina. „Mit der Familienverfassung wollten wir nicht nur, aber auch den Übergang von uns Geschwistern auf die dritte Generation einleiten und sicherstellen.“

Mit Hilfe externer Expertise diskutierten die Geschwister Hoyer in Workshops über das Unternehmen, die Familie, Werte und die Zukunft des Familienunternehmens. Die Rolle jedes Nachfolgers ist nun klar definiert und niedergeschrieben. Martina und Annette sind abwechselnd Beiratsmitglieder, Elisabeth ist Familienverantwortliche. Martina und Thomas sind aus dem operativen Geschäft ausgestiegen: Sie hat einen Beratervertrag, er ist Vorsitzender des Beirats und der Gesellschafterversammlung. Zum ersten Mal in der Unternehmensgeschichte findet sich kein Mitglied der Hoyer-Familie in der Führungsspitze. Aufgaben und Verantwortlichkeiten haben sich radikal verändert.

Und noch eine Änderung findet statt: Nicht mehr die vier Geschwister stehen im Mittelpunkt aller Gedanken, sondern die nächste Generation. Die Familie möchte nicht mehr in Stämmen, sondern in Generationen denken. Denn da ist ja auch noch das Unternehmen, das Vermächtnis des Vaters. Es ist kostbar und die dritte Generation soll die Unternehmensnachfolge antreten. Zwölf Kinder haben die vier Geschwister insgesamt. Sie werden auch einmal zu gleichen Teilen Unternehmensanteile erhalten und sollen gute, verantwortungsvolle Gesellschafter werden, damit HOYER ein unabhängiges Familienunternehmen bleiben kann.