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Personal > Unternehmensnachfolge

Nachfolge durch Todesfall

Wenn der Unternehmer unerwartet erkrankt oder stirbt, wird der Ausfall schnell zur Existenzfrage – eine große Herausforderung für den Nachfolger.

Franz Schabmüller war 19 Jahre alt und stand mitten im Abitur, als der Vater einen Herzinfarkt erlitt. Bis dato hatte Franz Schabmüller sen. sein Elektromotoren-Unternehmen mit 300 Mitarbeitern als „treusorgender Firmenpatriarch“ geführt, eine zweite Führungsebene hielt er für überflüssig. Sein plötzlicher Ausfall war eine Katastrophe. Neben der Unsicherheit über die Zukunft brachten die einsetzenden Konkurrenzkämpfe und Kompetenzrangeleien das ganze Unternehmen in Aufruhr. „Mit viel Fingerspitzengefühl gelang es meiner Mutter, Streit zu schlichten und die Leute beisammenzuhalten, bis mein Vater wieder gesund war“, erinnert sich Franz Schabmüller, der heute 57 Jahre alt ist und seit 1978 sein eigenes Unternehmen führt. Die schwierige Situation, die er als junger Mann erlebt hat, war für ihn prägend. Er hat daraus gelernt und sich relativ früh mit dem Gedanken auseinandergesetzt, was mit seinem Unternehmen und seiner Familie passieren würde, wenn er einmal ausfiele. Sobald es die Größe seines Fahrzeugzulieferunternehmens zuließ, installierte Schabmüller eine zweite und später eine dritte Führungsebene. Alle Geschäftsführer der heute neun operativen Einheiten haben eine Alleinvertretungsberechtigung und einen Stellvertreter.

 

Als Franz Schabmüller vor 20 Jahren selbst einen Herzinfarkt erlitt, gab es in dem Ingolstädter Betrieb „keine größere Schwierigkeiten“, das operative Geschäft lief weiter. „Ich war relativ gut vorbereitet“, sagt er rückblickend, „allerdings hatte ich damals die strategische Komponente noch nicht geregelt.“ Es gab niemanden im Unternehmen, der diese Aufgabe hätte übernehmen können. Inzwischen hat Schabmüller auch hier vorgesorgt und aus den eigenen Reihen einen Mitarbeiter entwickelt, der nun die Backup- Funktion in strategischen Entscheidungen übernimmt und gleichzeitig das Bindeglied zur nächsten Generation darstellt.

 

Sich mit Krankheit oder dem eigenen Tod zu beschäftigen ist kein schöner Gedanke. Im anstrengenden Tagesgeschäft lässt er sich schnell beiseitedrängen. „Die meisten stellen sich erst im Alter die Frage, was mit ihrem Unternehmen passiert, wenn sie mal nicht mehr da sind“, weiß Prof. Arnold Weissman vom Beratungsunternehmen Weissman & Cie. in Nürnberg. „Aber das Ausfallen des Chefs ist keine Frage des Alters.“ Wie hoch die psychologische Hürde ist, weiß er aus eigener Erfahrung. „Ich habe meinen Kun- den erzählt, wie sie sich auf einen Ausfall vorbereiten müssen, hatte dies aber für mich selbst nicht ausreichend geregelt“, gesteht er. „Ich wollte mich lieber nicht mit den Themen Scheidung, Tod und Krankheit beschäftigen.“ Als ihn ein Kunde eines Tages fragte, wie er diese Problematik gelöst habe, wusste der Berater keine Antwort. Inzwischen habe er alles geregelt, versichert Weissman. Seine erwachsenen Kinder hat er in den Prozess von Anfang an eingebunden. Allerdings ging es nicht ohne einen Mediator, denn Fragen wie Erbrechts- und Nachfolgeregelungen sowie die Aufteilung des Vermögens sorgten für Zündstoff in der Familie.

Beiräte als Stütze und letzte Instanz

Auch Michael Kubenz von Kube & Kubenz, einer internationalen Speditions- und Logistikgesellschaft in Hamburg, hat einen Notfallplan geschmiedet. Er war elf Jahre alt, als sein Vater starb und seine Mutter über Nacht die Firma übernehmen musste. Zwölf Jahre später verstarb auch die Mutter, und Kubenz, der noch im Betriebswirtschaftsstudium steckte, war plötzlich Unternehmer und Einzelkaufmann mit der vollen Haftung. Inzwischen ist Kubenz 53 Jahre alt und hat seit langem ein Notfallkonzept in der Tasche, das er immer wieder an seine konkrete Lebenssituation angepasst hat. Zum ersten Mal als er heiratete und Kinder auf die Welt kamen, deren Vormundschaft geregelt werden musste, und erneut, als seine Söhne erwachsen waren. Inzwischen sind die Kinder aus dem Haus, und das Nachfolgethema steht in absehbarer Zeit an. Obwohl es ihm schwer fiel, setzte sich Kubenz immer wieder, mit diesen emotional beladenen Themen auseinander: „Es ist wichtig, einen ganzheitlichen Ansatz zu entwickeln. Von Krankheit, über das Koma bis hin zum Tod muss alles ineinander verzahnt sein. Es reicht nicht, nur über den Tod nachzudenken“, sagt Kubenz. Bis die Patientenverfügung ausgefüllt war, habe er eine ganze Flasche Rotwein ausgetrunken, offenbart er. Entwickelt hat er sein Konzept in mehreren Workshops, in die die betroffenen Personen eingebunden waren. Ein wichtiges Element dabei ist der Beirat, der derzeit implementiert wird. Er hat nicht die klassischen Funktionen eines Aufsichtsrats, sondern soll im Notfall die Eigentümerfunktion übernehmen.

 

„Besonders für Unternehmen, deren Erben noch minderjährig sind oder deren Erben in ihrem eigenen Berufsleben keine Berührungspunkte mit dem Familienunternehmen haben, ist ein Beirat sinnvoll“, sagt Karin Ebel, Geschäftsführerin der Confida Unternehmer-Societaet in Köln, einer Beratung für Unternehmerfamilien. Häufig könnten junge Gesellschafter nicht einmal ihre Gesellschafterrolle ausfüllen. „Der Beirat sollte das Vertrauen der Familie genießen und die Kompetenz haben, einen neuen Geschäftsführer zu bestellen, wenn es notwendig wird“, sagt Ebel. Dass dabei der Ehepartner – in der Regel die Ehefrau – eine wichtige Rolle spielt, ist eine Konstellation, die häufig gewählt wird. Sie ist jedoch nicht ohne Risiko, wie Michael Metten, Geschäftsführender Inhaber von Metten Stein + Design mit Sitz in Overath, festgestellt hat. Seine Eltern teilten sich die Geschäftsführung des Betonstein- produzierenden Unternehmens mit 140 Mitarbeitern. Ende 2008 erkrankte der Vater an einem Hirntumor. Zwei Jahre lang führte er den Kampf gegen den Krebs, den er 2010 verlor. „In dem Moment, als mein Vater erkrankte, konnte meine Mutter ihre Aufgaben als Geschäftsführerin nur noch teilweise wahrnehmen, da die Pflege meines Vaters in dieser Zeit an erster Stelle stand“, erinnert sich Metten, der zu dieser Zeit gerade erst in das Familienunternehmen eingetreten war. „Damals merkte ich, dass enge Familienangehörige in solchen Situationen an ihre Grenzen stoßen. Sie sind emotional so stark gefordert, dass es schwierig ist, auf Unternehmensebene sachliche Entscheidungen zu treffen“, sagt Metten. Daher hat er in seinem Testament Regelungen für einen Notfallbeirat getroffen, der fünf „kompetente Personen“ umfasst und in dem die Familie nur durch eine Person vertreten wird, „damit sehr schnell Entscheidungen im Unternehmensinteresse getroffen werden können“.

Heikel: Was wird kommuniziert?

Ganz gleich, ob es um die Erbfolgeregelung, die Vermögensübertragung oder die Besetzung des Beirats geht, die Kommunikation dieser weit reichenden Entscheidungen in die Familie und das Unternehmen hinein ist eine sensible Angelegenheit. Um keine Erwartungshaltung zu provozieren, aus Angst, das Verhalten der Angehörigen oder Mitarbeiter könne sich verändern, oder schlicht um Streit und Neid unter den Angehörigen zu vermeiden, behalten viele Unternehmer ihre Pläne lieber für sich. Wie hier die beste Strategie aussieht, darin sind sich selbst die Experten nicht einig: Ebel rät, lieber nicht voreilig über Erbverträge zu sprechen. „Die Zahlen brennen sich in die Köpfe der Kinder“, warnt sie. Einmal ausgesprochen, lasse sich das nicht so einfach rückgängig machen. Der Unternehmer solle erst über Details seines Testaments und seiner Nachfolgepläne sprechen, wenn er sich hundertprozentig sicher sei, dass er nichts mehr ändern wolle. Weissman dagegen ist ein Freund von klaren Worten: „Eine gerechte Nachfolge oder einen gerechten Notfallplan gibt es nicht.“ Es sei wichtig, die Entscheidungen in der Familie zu kommunizieren und die Familie daran zu beteiligen. Auch die führenden Mitarbeiter im Unternehmen sollten wissen, wie es weitergeht, wenn der Unternehmer ausfalle. Michael Kubenz hat mit seinen beiden Söhnen noch nicht über sein Testament gesprochen. Auch der Notfallplan ist noch nicht in der Breite im Unternehmen veröffentlicht. Wann der richtige Zeitpunkt dafür gekommen ist, weiß er noch nicht. Manche Dinge muss man eben trotz aller Planung auf sich zukommen lassen.

Kontakt

CONFIDA Unternehmer Societät GmbH

Ansprechpartner: Dr. Karin Ebel
An der Wachsfabrik 10, 50996 Köln
Telefon: 0 22 36 / 38 38 38-0
E-Mail:ebel@unternehmer-societaet.de

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