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Management > Nachhaltigkeits-Reporting

Stochern im Nebel

In neun Monaten beginnt die Pflicht zum Corporate Sustainability Reporting. Eine aktuelle Umfrage zeigt: Zwei von drei Mittelständlern können sie noch nicht erfüllen. Der Zeitdruck ist immens, denn nicht nur der Gesetzgeber erwartet Maßnahmen.

Fabrikschlot stößt Kohlendioxid aus
Fabrikschlot stößt Kohlendioxid aus: Mehr als die Hälfte der Mittelständler kann rund um Nachhaltigkeit nichts reporten.

Abwarten und Tee trinken? Nur Mittelständler, die keine neuen Investoren oder Kunden brauchen, können es sich noch leisten, auf überzeugendes Engagement für mehr Nachhaltigkeit zu verzichten. Doch eine neue Studie der Beratung PwC zeigt: Tatsächlich haben zwar 60 Prozent der Mittelständler aus dem verarbeitenden Gewerbe erkannt, dass sie sich der grünen Transformation stellen müssen. Aber sie geben offenherzig zu, dass es ihnen dafür an einer Strategie mangelt und sie deshalb die gesetzlichen Anforderungen noch nicht erfüllen können. 


„Offenbar unterschätzen die Unternehmen die Bedeutung einer nachhaltigen Transformation“, sagt Uwe Rittmann, Leiter Familienunternehmen und Mittelstand bei PwC Deutschland. „Nachhaltige Unternehmen sind energieeffizient und begegnen so dem Problem der Energieknappheit. Sie gehen sparsam und nachhaltig mit Rohstoffen um und haben daher weniger Probleme bei der Beschaffung. Und sie sind attraktiver für Fachkräfte.“ Auch die Banken machen ihren Cashflow samt Zinsen längst von deren Anstrengungen in Sachen Nachhaltigkeit abhängig. Doch 63 Prozent der Unternehmen haben lediglich erste Analysen durchgeführt, welche regulatorischen Anforderungen auf sie zukommen. Und nur ein Viertel der misst mögliche Fortschritte ihrer Initiativen. 

Treiber CSRD

Die Corporate Sustainability Reporting Directive, kurz CSRD, ist Teil des Green Deals der Europäischen Union. Damit ist auch ihr Ziel klar: Die neuen grünen Nachschlagewerke sollen es nationalen und internationalen Investoren erleichtern, ihr Kapital in nachhaltige Firmen und Technologien zu investieren. Zugleich soll das Reporting auch Zulieferer unterstützen. Mithilfe dieser veröffentlichten Daten ihrer Kunden können sie ihren eigenen, mittelbaren Einfluss auf die Umwelt leichter berechnen. Damit erfüllen sie ihre Reportingpflichten leichter. Damit sich alle Nutzer auf korrekte Angaben verlassen können, muss auch dieser Bericht durch einen externen Wirtschaftsprüfer testiert werden.


Tatsächlich fühlen sich 76 Prozent der Unternehmen überfordert von dem bürokratischen und organisatorischen Aufwand. Denn die CSRD gilt nicht nur für alle an einem EU-regulierten Markt notierten Unternehmen - außer Kleinstunternehmen. Sie betrifft ebenfalls alle nicht kapitalmarkt-orientierten Betriebe, die zwei von drei Kriterien erfüllen: eine Bilanzsumme über 20 Millionen Euro, Nettoumsatzerlöse über 40 Millionen Euro oder mehr als 250 Mitarbeitende. In Deutschland dürften das rund 15.000 Unternehmen sein. Um faire Wettbewerbsbedingungen im EU-Binnenmarkt zu schaffen, gilt die Pflicht auch für jedes internationale entspreche große Unternehmen, sobald eine Tochter in Europa ansässig ist.

Fakten statt Greenwashing
Nicht nur Geschäftsführer und Vorstände müssen ihr Unternehmen mit ganz neuen Augen betrachten. Für viele Firmen dürfte das bedeuten: Sie werden diese internen Informationen erstmals erfassen und analysieren lassen müssen. Dazu gehören Reportings zur Strategie gegenüber Nachhaltigkeitsrisiken und terminierte Ziele. Die Einhaltung von Umweltrechten, sozialen Rechte, Menschenrechten und der Governance-Kriterien sind zu belegen.


Auch die Rollen von Vorstand und Aufsichtsrat auf dem Weg ins Grüne müssen dargestellt werden. Wolkige Worte alleine reichen nicht. Unternehmen müssen anhand der Zahlen auch aus den Finanz- und Investitionsplänen nachweisen, wie sie ihr Geschäftsmodell und ihre Unternehmensstrategie mit dem Übergang zu einer nachhaltigen Wirtschaft und dem 1,5°C-Ziel vereinbaren wollen. Ein weites Feld und eine lukrative Spielwiese für Berater.


Der Zeitplan
Vielleicht sind deshalb noch so viele Mittelständler so langmütig. Das EU-Parlament sieht vier Umsetzungsphasen für CSRD vor. Unternehmen, die bereits unter die Richtlinie über die Angabe nichtfinanzieller Informationen fallen, werden im Jahr 2025 über das Geschäftsjahr 2024 Bericht erstatten. Unternehmen, für die das nicht gilt, müssen 2026 über das Geschäftsjahr 2025 nachhaltig berichten. Börsennotierte KMU (mit Ausnahme von Kleinstunternehmen) sind 2027 mit dem Geschäftsjahr 2026 an der Reihe.

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