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Personal > Digitalisierung? Nicht beim Arbeitsvertrag

Neuregelung im Arbeitsrecht verlangt Papierform: Experten sprechen von Anachronismus

Anfang August ändert sich einiges im Arbeitsvertragsrecht. Deutschland passt es an eine EU-Richtline von 2019 an. Vieles wird klarer, einiges moderner. Eine kleine Änderung bedeutet für Unternehmen allerdings mehr Papier und mehr Aufwand – kurz: mehr Bürokratie. Dabei hatte die Bundesregierung in ihrem Koalitionsvertrag ein modernes Arbeitsrecht angekündigt und auch einen digitalen Aufbruch.

Person unterzeichnet Arbeitsvertrag
Person unterzeichnet Arbeitsvertrag: Änderungen im ArbeitsvertragsrechtBild: Shutterstock

Vom 1. August an soll die EU-Richtlinie 2019/1152 in deutsches Recht überführt werden. Sie soll transparente und verlässliche Arbeitsbedingungen in der Staatengemeinschaft sicher stellen. Über den Gesetzentwurf wird an diesem Donnerstagabend (23. Juni) im Bundestag abgestimmt. Arbeitsverträge müssen künftig Angaben darüber enthalten, wie lange die Probezeit dauert, wie lange eine Stelle befristet ist, wie mit Überstunden verfahren wird. Auch Einzelheiten dazu, wie sich das Arbeitsentgelt zusammensetzt und wann welcher Bestandteil ausgezahlt wird, sind künftig Pflicht. Viele dieser Angaben finden sich bereits heute in Standardverträgen.

In einem wichtigen Punkt allerdings weichen die deutschen Pläne ab: Der Arbeitsvertrag, so sieht es der Gesetzentwurf vor, muss schriftlich und vor allem in Papierform vorliegen. Handschriftlich unterschrieben. Elektronisch ist ausdrücklich nicht erlaubt. Der Branchenverband Bitkom ist entrüstet. Die geplanten Regeln für Arbeitsverträge seien kein Schritt vorwärts, sondern zurück, sagt Verbandspräsident Achim Berg und ergänzt gallig „Jetzt fehlt nur noch, dass man die Verträge mit der Postkutsche zum Adressaten transportieren muss.“

Vorgesehen ist ein Bußgeld von bis zu 2000 Euro, sollte der Arbeitgeber einen Vertrag nur digital vorlegen. Berg spricht von „Millionen Seiten Papier für Arbeitsverträge“ die jedes Jahr sinnlos bedruckt würden. Es mache unnötig Arbeit und helfe den Beschäftigten nicht. „Digital geht das sehr viel einfacher, günstiger und klimafreundlicher“, findet Berg. Dabei sehe die EU-Richtlinie ausdrücklich auch Arbeitsverträge in elektronischer Form vor. Die deutsche Politik fröne dem Papierfetisch.

Nicht nur die Digitalunternehmerbranche ist irritiert. Tom Stiebert, Rechtsanwalt für Arbeitsrecht bei DWF Germany, schreibt in einem Gastbetrag für Legal Tribune Online von einem Anachronismus in Zeiten von Digitalisierung und Arbeit 4.0. Und er verweist auf eine Kuriosität: Seit 2001 ist die elektronische Form bereits im Bürgerlichen Gesetzbuch verankert – mit qualifizierter digitaler Unterschrift.

Ebenfalls neu und umstritten: Im Arbeitsvertrag muss künftig festgeschrieben sein, wie bei der Kündigung seitens Arbeitnehmer oder Arbeitgeber verfahren werden muss. Auch sind Informationen über die Frist für eine Kündigungsschutzklage nötig. Beides Punkte, die die EU-Richtlinie so nicht vorsieht, Deutschland über die Vorgaben aus Brüssel also hinausgeht. Sollte der Bundestag an diesem Donnerstag zustimmen, gelten die neuen Regeln für Neuverträge vom 1. August an oder, wenn ein bestehender Vertrag geändert wird.

art

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