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Management > Würth-Gruppe

Reinhold Würth: „Unternehmen bockgesund hinterlassen“

Mit 19 Jahren hat er den 2-Mann-Betrieb seines Vaters übernommen, inzwischen macht sein Schraubenimperium knapp 10 Milliarden Jahresumsatz. Reinhold Würth über sein Leben, sein Unternehmen und seine Art zu Führen.

Den Winter hat Reinhold Würth in der Karibik verbracht. „Aber ich konnte den Urlaub nur zu zwei Drittel genießen“, sagt der Unternehmer bei der Podiumsdiskussion auf dem 10. Marketing- und Vertriebstag in der IHK Heilbronn vergangenen Mittwoch. Der Unternehmer, der am 20. April 78 Jahre alt wird, hat sich in der Karibik das Bein gebrochen und wurde von kubanischen Ärzten operiert. Sofort kommt die schwäbische Gründlichkeit zu Tage. „Alle deutschen Ärzte, die sich mein Röntgenbild angeschaut haben, waren begeistert, wie sauber mein Bein operiert wurde. Ich kann die kubanischen Ärzte nur empfehlen“, rät Würth dem Publikum.

Humoristisches „Best-of-Würth“

Er sitzt zurückgelehnt in seinem Sessel, und wenn sein Gegenüber Fragen stellt, schaut er ihm direkt in die Augen. Ab und zu korrigiert er die Aussagen des Gegenübers. Zum Beispiel als der nach seinem Brandbrief an die Würth-Mitarbeiter fragt, der durch die Presse gegangen ist, und in dem unter anderem dies zu lesen war: „Wer keine hobbyhafte Freude hat, sollte sich einen anderen Job suchen.“ Wer den Abschnitt davor und danach sowie den gesamten Brief über sieben Seiten gelesen habe, wisse, dass das ein außerordentlich freundlicher Brief gewesen sei, entgegnet Würth. Die Briefkultur im Unternehmen sei ja sehr ausgeprägt, sagt er. Würth könne sich gut vorstellen, dass es nach seinem Tod ein humoristisches „Best of Würth“-Buch geben wird.

Im Publikum sitzen Marketing- und Vertriebsleiter, aber auch Geschäftsführer von Unternehmen aus der Region. Würth ist für seinen straffen Führungsstil bekannt. „Wenn man den Mitarbeitern keine Ziele steckt, können sie auch nicht den Spaß haben, diese zu erreichen“, sagt der Firmenchef. Gerade habe er in der Unternehmenszeitschrift gelesen, dass einer seiner 30.000 Vertriebsmitarbeiter über 60 Monate seine Planzahlen erfüllt hat. „Das ist sehr schwierig, aber wie Sie sehen, ist es möglich“, sagt Würth. Er spricht ruhig und gelassen. Auf die Frage, ob dieser Mitarbeiter nun einen Porsche als Belohnung fahre, lacht Würth: „Ein Porsche ist in unseren Richtlinien bestimmt nicht vorgesehen.“

Würth: Verkaufen hilft Menschen verstehen

Noch immer geht Würth mit seinen Außendienstmitarbeitern on Tour. Das Verkaufen ist sein Leben. „Häklesmacher und Zahlenmenschen sollten nicht in den Vertrieb“, sagt er. Für ihn bedeute diese Art von Arbeit den Tod, er will mit Menschen zu tun haben und diese kennenlernen. Im November vor seiner dreimonatigen Reise war er mit einem Außendienstmitarbeiter in Prag bei einem Kunden. „Da sehe ich, was die Bedürfnisse der Kunden sind, wie das Unternehmen gesehen wird, und wie der Mitarbeiter arbeitet“, sagt er. „Ich erwarte nichts von meinen Mitarbeitern, was ich nicht immer noch selbst bereit bin zu tun.“

Würth will vorangehen, um seine Mitarbeiter zu motivieren. Doch er weiß auch, dass der Spaß am Erfolg nicht mehr so ausgeprägt ist wie früher. Heute zähle eher das Geld, und Mitarbeiter seien mobiler. Vor 20 Jahren lag die Fluktuation in seinem Außendienst noch bei 2 Prozent, heute sind es 7 Prozent. „Im englischsprachigen Raum ist die Fire & Hire-Kultur stark ausgeprägt. Ich glaube, dass wir uns mehr dorthin bewegt haben“, sagt Würth. Die Veränderungen im Vertrieb hin zum E-Commerce verändern auch den Würth-Vertrieb. Dieser Tage wird der Kundendienst des Unternehmens von 7 bis 24 Uhr verfügbar sein, damit Handwerker nach der Arbeit noch beraten werden oder bestellen können. „Verkäufer müssen in Zukunft über tiefgreifendes Produktwissen verfügen. Die Zahl der Mitarbeiter wird nicht weiter wachsen“, sagt er. Sie könne gar ein wenig schmelzen.

Ziele von Reinhold Würth

Die Differenzierung zum Wettbewerb wird immer schwieriger. „Ich sage immer, wir müssen begeistern, aber das ist gar nicht so einfach: Begeistern Sie mal mit einer Sechskantschraube“, sagt der Firmenchef. Er will sich durch die Führungskultur im Unternehmen differenzieren. 2006 hat seine Tochter Bettina den Beiratsvorsitz im Würth-Konzern übernommen. Auf die Frage, was er jetzt noch vorhabe, antwortet der Unternehmer trocken: „Sie kennen alle die Sterbetabelle. Ich werde 78 und da wissen Sie eigentlich schon, dass Sie mittendrin sind – im Tod.“ Das Publikum lacht. Dann wiederholt er ein Ziel aber doch zweimal: Ein Unternehmen durchlaufe wie ein Mensch einen Zyklus aus Werden, Sein und Vergehen. „Ich möchte die Unternehmensgruppe bockgesund im Zustand des Werdens hinterlassen.“