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René Benko verhaftet: Der spektakuläre Fall eines Imperiums

Signa-Gründer René Benko wurde in Innsbruck festgenommen. Die Ermittlungen wegen Betrugs und Insolvenzdelikten werfen ein Schlaglicht auf den Kollaps seines Konzerns.

Eines der aktuellsten Fotos von Signa-Gründer Rene Benko: Hier verantwortet er sich in Begleitungs seines Anwaltes Norbert Wess vor dem COFAG-U-Ausschusses im Parlament in Wien.

Zelle statt Prunkvilla: Der Milliardär René Benko ist auf Anordnung der Wiener Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) und der „Soko Signa“ des österreichischen Bundeskriminalamtes verhaftet worden. Die Beamten haben Finanzjongleur in Innsbruck in seinem ausgedehnten Heim festgesetzt. Nach Ansicht der Ermittler besteht offenbar die Befürchtung, dass der schillernde 47-jährige Beweise vernichten, Gelder verschieben und selbst das Weite suchen könnte.

Die WKStA spricht in einer Mitteilung von „dringendem Tatverdacht und Verdunkelungsgefahr.“ Rund 2,4 Milliarden Euro soll laut Insolvenzverwalter das Finanzloch betragen, das durch den Zusammenbruch von Benkos Immobilienholding Signa entstanden ist. Es handelt sich um die größte Pleite in der österreichischen Wirtschaftsgeschichte.

Benkos Absturz hat auch in Deutschland tiefe Spuren hinterlassen. So ist die Kaufhauskette Galeria Kaufhof ebenfalls in Konkurs gegangen. Teile der Häuser wurden Zwischenzeitlich geschlossen. Der US-Unternehmer Richard Baker und der in der Schweiz lebende Investor Bernd Beetz wollen 83 Filialen fortführen. Als Benko die Warenhausgruppe übernommen hatte waren es noch 177.

Ungewiss ist die Zukunft des halbfertigen Hochhaus-Projektes Elbtower in Hamburg, das derzeit als Deutschlands größte Bauruine gilt. Gemunkelt wird, dass Milliardär Michael Kühne mit weiteren Investoren einspringen will – so die Stadt Hamburg mit Ihrem Naturkundemuseum dort einzieht und hohe Mieten dafür abdrückt. In der Schweiz war Benko Mitbesitzer der Warenhauskette Globus, die im Herbst sein thailändischer Partner Central Group übernommen hat. Die Globus-Immobilien sind weiter im Besitz von Central Group und Signa.

Stiftung „Laura“

In die Stiftung „Laura“ ist nun in den Fokus der Ermittler gerückt. Benko sei „faktischer Machthaber und wirtschaftlich Berechtigter der Privatstiftung“, teilt WKStA in Wien mit. Dies habe er im Rahmen seiner persönlichen Insolvenz verheimlicht. Der 47-Jährige, der 2024 auch Privatinsolvenz angemeldet hat, soll so „Werte verschleiert und das in der Stiftung vorhandene Vermögen weiterhin dem Zugriff von Behörden, Masseverwaltern und Gläubigern entzogen“ haben. 

Zu diesem Schluss kommen die Wiener Ermittler nach monatelanger Arbeit, bei der Telefongespräche überwacht, Mails ausgewertet und viele ehemalige Geschäftspartner verhört wurden. Zudem soll der Signa-Gründer „Vermögenswerte wie hochwertige Waffen oder Uhren versteckt beziehungsweise ohne angemessene Gegenleistung veräußert haben“. Benkos Anwalt hat diese Vorwürfe zurückgewiesen.

Signa Holding: Der Kollaps eines Immobilienimperiums

Die Wiener Ermittler haben zudem einen neuen Fall eröffnet. Dabei kooperieren sie nach eigenen Angaben in einem „Joint Investigation Team“ mit den Staatsanwaltschaften in Berlin und München. In der bayerischen Landeshauptstadt soll Benko beim Immobilienprojekt „Franz“ am Bahnhofsplatz an einen ausländischen Staatsfonds Anleihen ausgegeben haben. Das Geld floss allerdings nicht in den Bau der Immobilie, sondern in Benkos undurchsichtiges Imperium. Viele dieser Erkenntnisse bauen die Ermittler auf die Hausdurchsuchungen in Benkos Geschäfts- und Privaträume in Wien und Tirol. In Deutschland und Liechtenstein besteht gegen den 47-Jährigen auch der Verdacht der Geldwäsche.

Gegen den Milliardär ermitteln auch die Staatsanwälte im italienischen Trient. Er soll in einem kriminellen Netzwerk von Unternehmern und Politikern verwickelt sein. Die Carabinieri haben bereits neune Personen verhaftet und gegen 68 weitere wird ermittelt. Die Ermittler in Trient sind überzeugt, dass sich die „Mafia-ähnliche Organisation“ durch Bestechung lukrative Bauprojekte in Südtirol und Norditalien hat zuschanzen lassen. Die Italiener haben bereits einen europäischen Haftbefehl gegen Benko erlassen. Allerdings hat die Justiz in Innsbruck dem bisher nicht entsprochen. Österreicher werden grundsätzlich nicht ausgeliefert, wenn die vorgeworfenen Straftaten auch im Heimatland strafbar sind. 

Vorwürfe auch an Ex-Kanzler Kurz

Gespannt wartet man nun in Österreich, Deutschland und der Schweiz, ob der Milliardär über die Hintergründe seiner Geschäfte und Beziehungen auspackt. Vor allem im politischen Wien galt der superreiche Tiroler als sehr gut vernetzt und als Drahtzieher der berüchtigten „Freundlswirtschaft“ die Unternehmen und Würdenträger vor allem von ÖVP und SPÖ in der Alpenrepublik manchmal sehr engmaschig verquickt.

So soll der frühere Wiener Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) dem Milliardär von einer lästigen Steuerprüfung geholfen haben. In diesem Verfahren tritt inzwischen der einstige Generalsekretär im Finanzministerium, Thomas Schmid, als Kronzeuge auf. Benko soll ihm einen lukrativen Posten bei der Signa-Holding versprochen haben.

In Berlin hat Benko die Bundesregierung zu einer Beihilfe von 600 Millionen Euro überredet, um die angeschlagene Galeria Kaufhof zu stabilisieren. Dieses Steuergeld ist nach der erneuten Pleite der Kaufhauskette weg. Aber auch etliche Banker in den drei Ländern werden zittern, ob Benko Details über Kredite, angebliche Sicherheiten und Rechnungsprüfungen verrät.  Ob Benko in Haft bleibt, muss jetzt ein Untersuchungsrichter entscheiden.

Bewertet wird, wie groß die Gefahr ist, dass der 47-Jährige versucht weiteres Vermögen zur Seite zu schaffen, oder sogar das Land zu verlassen. Laut österreichischen Medien ist eine Entlassung auf Kaution aber nur möglich, wenn lediglich Fluchtgefahr besteht. Die Ermittler werfen dem einstigen „Wunderfuzzi“ aber auch vor, dass er Rechnungen gefälscht hat, um Geldtransaktionen zu seinen Gunsten zu verschleiern.

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